Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Bemessung des Wertes des Streitgegenstandes im Rechtsmittelverfahren betreffend Feststellung von Einheitswerten für Grundvermögen.

 

Normenkette

AO § 286 Abs. 1; FGO § 115/1, § 140/3

 

Tatbestand

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Entscheidungsgründe

Das Finanzgericht hat den Wert des Streitgegenstandes auf 4 DM festgesetzt und ausgesprochen, daß ein weiteres Rechtsmittel gegen das angefochtene Urteil nicht gegeben sei. Der Beschwerdeführer (Bf.) hat gleichwohl Rechtsbeschwerde (Rb.) eingelegt. Er führt aus, daß sich der Streitwert aus der Kapitalisierung der jährlichen Beträge ergäbe, um die sich die auf Grund des ermäßigten Einheitswertes von ihm und seinen Rechtsnachfolgern zu zahlenden Steuern und städtischen Abgaben verringerten.

Die Rb. muß als unzulässig verworfen werden. Gemäß § 6 Absatz 2 des Gesetzes über den Bundesfinanzhof vom 29. Juni 1950 (Bundesgesetzblatt - BGBl. - 1950 S. 257) ist § 286 Absatz 1 der Reichsabgabenordnung (AO) mit der Maßgabe anzuwenden, daß an Stelle des für die Zulassung der Rb. maßgebenden Betrages von 500 RM der Betrag von 200 DM tritt. Es fragt sich, ob im Streitfall für die Rb. ein Wert des Streitgegenstandes von mehr als 200 DM anzuerkennen ist. Dies muß verneint werden. Der festgestellte Einheitswert für das Einfamilienhaus des Bf. am 1. Januar 1948 beträgt 3.600 DM. Der Bf. erstrebt eine Ermäßigung des Einheitswertes auf 2.880 DM. Der Unterschied am Einheitswert beträgt hiernach 720 DM. Nach dem Gutachten des Reichsfinanzhofs vom 15. Juli 1937 (III D 1/37, Slg. Bd. 42 S. 12) war der Wert des Streitgegenstandes im Rechtsmittelverfahren gegen Einheitswertbescheide nach dem Reichsbewertungsgesetz 1934 bei Grundvermögen in der Regel auf 25 von Tausend des streitigen Wertunterschiedes festzusetzen. Seitdem haben sich die für die Ermittlung des Streitwertes in Einheitswertsachen maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere durch die Erhöhung der Vermögensteuer beträchtlich verschoben. Der Satz von 25 von Tausend des streitigen Wertunterschiedes reicht daher für die Bemessung des Streitwertes bei der Einheitsbewertung von Grundvermögen nicht mehr aus. Er ist angemessen zu erhöhen. Gemäß einem koordinierenden Beschluß der Vertreter der Finanzverwaltungen der Länder des Bundesgebietes (vgl. Erlaß Finanzminister Württemberg-Baden vom 16. November 1950, Bundessteuerblatt 1951 Teil II S. 26) ist nunmehr für die Ermittlung des Streitwertes im Rechtsmittelverfahren gegen Einheitswertbescheide bei Grundvermögen ein Richtsatz von 40 von Tausend des strittigen Wertunterschiedes anzuwenden. Der Bundesfinanzhof trägt keine Bedenken, diesen Satz als Richtlinie für den Regelfall anzuerkennen. Sofern allerdings im Einzelfall ein abweichender Wert des Streitgegenstandes nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, muß dieser Wert berücksichtigt werden. Legt man den Richtsatz von 40 von Tausend des strittigen Wertunterschiedes zugrunde, so bemißt sich im Streitfall der Wert des Streitgegenstandes auf 40 von Tausend von 720 DM = 28 DM. Der Bf. beziffert jedoch im Interesse der Zulässigkeit der Rb. den Streitwert erheblich höher. Er gelangt hierzu durch Kapitalisierung einer mit 15 DM angenommenen jährlichen Ersparnis von Steuern und städtischen Abgaben. Diese Berechnungsmethode kann nicht gebilligt werden. Zunächst handelt es sich bei der geltend gemachten jährlichen Ersparnis von 15 DM um eine angenommene, nicht näher erläuterte Zahl. Ferner hat der Bf. bei seiner Annahme nicht nur die auf dem Einheitswert beruhenden Steuern, sondern auch städtische Abgaben berücksichtigt. Vor allem aber ist die Kapitalisierung des von ihm angenommenen Unterschiedsbetrages für die Feststellung des Streitwertes nicht gerechtfertigt. Denn der Einheitswert gilt nicht für unbegrenzte Zeit, sondern längstens bis zum nächsten Hauptfeststellungszeitpunkt. Wann die nächste Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundvermögens stattfinden wird, läßt sich gegenwärtig noch nicht mit Sicherheit feststellen. Gemäß § 1 des Gesetzes über die Vermögensteuerveranlagung für die Zeit ab 1. Januar 1949 und die Vermögensteuer für das II. Kalenderhalbjahr 1948 vom 3. Juni 1949 (Steuer- und Zollblatt 1949 S. 143) wird für die Kalenderjahre 1949 bis 1951 eine allgemeine Veranlagung der Vermögensteuer vorgenommen. Nach § 7 Absatz 2 a. a. O. sind Vorschriften über eine Hauptfeststellung der Einheitswerte für die wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögen und des Grundvermögens, für Betriebsgrundstücke und Gewerbeberechtigungen vorbehalten. Es kann dahingestellt bleiben, ob für die Hauptveranlagung 1949 von diesem Vorbehalt Gebrauch gemacht wird. Wahrscheinlich ist aber nunmehr in naher Zeit mit einer Hauptfeststellung der Einheitswerte für Grundvermögen zu rechnen. Selbst wenn man daher den vom Bf. ohne ausreichende Begründung angegebenen Betrag von 15 DM jährlicher Ersparnis an Steuern und städtischen Abgaben für die Berechnung des Streitwertes zugrunde legen wollte, würde ein Streitwert von mehr als 200 DM im vorliegenden Fall nicht in Frage kommen. Der Bundesfinanzhof kann nicht aus Billigkeitsgründen von der Anwendung des § 286 Absatz 1 AO in der Fassung des § 6 Absatz 2 des Gesetzes über den Bundesfinanzhof abgehen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 307 AO, die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes aus § 320 a. a. O. Es erschien dem Senat angezeigt, Gebühren und Auslagen des Bundesfinanzhofs außer Ansatz zu lassen.

 

Fundstellen

BStBl III 1951, 138

BFHE 1952, 351

BFHE 55, 351

StRK, AO:286 R 2

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