Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 13

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Güterstand der Gütergemeinschaft leben. Der Kläger (Ehemann) war seit vielen Jahren als Holzhändler tätig; ab 1970 beschränkte er diese Tätigkeit auf die Vermittlung von An- und Verkäufen von Holz gegen Provisicn.

Die Kläger bewirtschafteten ein zum Gesamtgut ihrer Gütergemeinschaft gehöriges landwirtschaftliches Anwesen in N mit ca. 7 ha, das dem Kläger Anfang der fünfziger Jahre von seinem Vater übergeben worden war. Zu diesem landwirtschaftlichen Betrieb gehörten mehrere Flurstücke in der Gemarkung W, die in zwei Bebauungsplänen der Stadt N als Baugrund ausgewiesen sind. In den Jahren 1957 bis 1970 verkauften die Kläger aus diesem Grundbesitz nach und nach an verschiedene Erwerber insgesamt etwa 20 Bauparzellen. Außerdem traten sie den zur Anlegung von Straßen in diesem Baugebiet erforderlichen Grund und Boden teils unentgeltlich, teils entgeltlich an die Stadt N ab.

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 11. Mai 1970 erwarben die Kläger mit Wirkung vom 1. Juni 1970 von dem 76 Jahre alten Landwirt J den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb X mit 41, 76 ha gegen eine in Raten zu erbringende Barzahlung von 79 000 DM und verschiedene Austragsleistungen (Leibrente, Wohnrecht, Nießbrauch an einem Waldgrundstück usw.) zugunsten des Veräußerers und dessen 67jähriger Schwester U. Die Kläger verpflichteten sich, das Anwesen zu Lebzeiten des Verkäufers und seiner Schwester nicht zu veräußern und bei abredewidriger Veräußerung 1/5 des reinen Veräußerungserlöses als weitere Gegenleistung zu zahlen. Alsbald nach Erwerb des Hofes verpachteten die Kläger ca. 25 ha der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf die Dauer von zwei Jahren an einen anderen Landwirt.

Der Veräußerer verstarb am 21. Juni 1970; er wurde von seiner Schwester U allein beerbt. Diese erhob Anfang 1971 Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages vom 11. Mai 1970, und zwar im wesentlichen mit der Begründung, die Kläger hätten bei Vertragsabschluß zugesagt, den Hof wie bisher fortzuführen, diese Zusage aber nicht eingehalten. Der Zivilrechtsstreit wurde in der Weise beigelegt, daß die Kläger den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb X mit Vertrag vom 20. April 1971 an einen Fabrikanten zum Preise von 497 000 DM veräußerten und an Frau U eine Abfindung in Höhe von 175 000 DM zahlten.

Bereits vor dem Erwerb des Hofes X hatten die Kläger mehrere land- und forstwirtschaftliche Grundstücke erworben, die in verschiedenen Ortschaften belegen waren. Einige dieser Grundstücke veräußerten die Kläger später (ab 1971) wieder. In den Jahren 1971 bis 1979 erwarben und veräußerten die Kläger mehrmals land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitz.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung, die die Jahre 1970 bis 1972 umfaßte, vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, der Verkauf der Bauplätze in W und der Erwerb und die Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke, insbesondere des Anwesens X, sei nicht der land- und forstwirtschaftlichen Betätigung der Kläger zuzurechnen, sondern Teil eines bereits seit längerer Zeit bestehenden gewerblichen Grundstückshandels. Auf dieser Grundlage erließ das FA einen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr 1971, mit dem es einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... DM feststellte und den Klägern je zur Hälfte zurechnete.

Die Sprungklage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid 1971 auf mit der Begründung, die Kläger hätten durch den An- und Verkauf des Hofes X keine gewerblichen Einkünfte erzielt. Dieses Grundstücksgeschäft sei weder im Rahmen eines bereits vorhandenen Gewerbebetriebs getätigt worden, noch stelle der Verkauf des Hofes X den Beginn einer gewerblichen Betätigung dar. Vielmehr sei der An- und Verkauf des Hofes der von den Klägern betriebenen Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen.

Mit der Revision beantragt das FA, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sprungklage abzuweisen. Das FA rügt unzutreffende Auslegung der §§ 13 und 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Das FG geht davon aus, daß der Verkauf von Bauplätzen in W vor dem Streitjahr 1971 keine gewerbliche Betätigung der Kläger war, dem der An- und Verkauf des Anwesens X im Streitjahr 1971 zugeordnet sein könnte. Dieser Ausgangspunkt des FG ist nicht zu beanstanden.

a) Die Veräußerung von Grund und Boden, der zum Anlagevermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehört, führt grundsätzlich zu Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft, weil die Veräußerung ein Hilfsgeschäft der land- und forstwirtschaftlichen Betätigung ist (vgl. Leingärtner/Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, Rz. 223). Die Betriebseinnahmen aus einem solchen land- und forstwirtschaftlichen Hilfsgeschäft waren allerdings gemäß § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG a. F. einkommensteuerrechtlich außer Ansatz zu lassen, soweit Grund und Boden vor dem 1. Juli 1970 veräußert worden ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die Veräußerung von Grund und Boden, der zum Anlagevermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehört, auch dann noch Teil der landwirtschaftlichen Betätigung, wenn ein großes bisher landwirtschaftlich genutztes Areal parzelliert wird und zahlreiche Parzellen an verschiedene Erwerber mit erheblichem Gewinn veräußert werden. Erst wenn der Landwirt eine über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivität entfaltet, insbesondere die Aufstellung eines Bebauungsplans betreibt und/oder sich aktiv an der Erschließung des bisher landwirtschaftlich genutzten Areals als Baugelände beteiligt, sind die Grundstücksveräußerungen keine landwirtschaftlichen Hilfsgeschäfte mehr, sondern Gegenstand eines selbständigen gewerblichen Grundstückshandels (Leingärtner/Zaisch, a. a. O., Rz. 224; BFH-Urteile vom 5. Dezember 1968 IV R 164/68, BFHE 94, 457, BStBl II 1969, 236; vom 7. Februar 1973 I R 210/71, BFHE 109, 308, BStBl II 1973, 642).

b) Im Streitfall ist in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Bebauungspläne von der zuständigen Gemeinde ohne Zutun der Kläger - abgesehen von der damaligen Mitgliedschaft des Klägers im Stadtrat - aufgestellt worden sind. Die Aktivitäten der Kläger sind allerdings insofern über die bloße Aufteilung ihres Grundbesitzes in einzelne Parzellen und den Verkauf dieser Parzellen als Bauplätze hinausgegangen, als sie auch den zur Anlegung von Straßen erforderlichen Grund und Boden teilweise unentgeltlich an die Gemeinde abgetreten haben. Zu Recht hat das FG jedoch entschieden, daß diese zusätzliche Betätigung die Bauplatzverkäufe der Kläger noch nicht zum gewerblichen Grundstückshandel macht. Der Senat hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 1970 IV R 286/66 (BFHE 101, 520, BStBl II 1971, 456) erheblich weiterreichende Aktivitäten noch als unschädlich angesehen. Hieran ist mindestens für den Fall festzuhalten, daß die Zusatzleistung des Landwirts lediglich in der unentgeltlichen Abtretung von Straßengrund besteht; denn es bildet keinen wesentlichen Unterschied, ob Bauplätze als Brutto- oder Nettoflächen veräußert werden, ob also erst der Erwerber den Straßengrund abtreten muß oder dies bereits der Veräußerer tut.

2. Das FG hat des weiteren verneint, daß der Erwerb und die Veräußerung des Anwesens X der Beginn einer gewerblichen Betätigung der Kläger ist, deren Gegenstand der An- und Verkauf land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke und Betriebe ist. Auch diese Würdigung enthält keine Rechtsverletzung, die zu einer Aufhebung der Vorentscheidung berechtigen würde.

a) Soweit ersichtlich, hat sich die BFH-Rechtsprechung bisher nur mit der Frage beschäftigt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Veräußerung von Bauplätzen durch einen Landwirt nicht mehr dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen ist, sondern den Gegenstand einer selbständigen gewerblichen Betätigung bildet. Zu Recht geht das FG aber stillschweigend davon aus, daß der Erwerb und die Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke und land- und forstwirtschaftlicher Betriebe durch einen Landwirt nicht ausnahmslos der land- und forstwirtschaftlichen Betätigung zuzurechnen sind.

Mit Urteil vom 23. Oktober 1975 VIII R 60/70 (BFHE 117, 360, BStBl II 1976, 152) hat der BFH ausgesprochen, daß der laufende Erwerb und die laufende Veräußerung unbebauter Grundstücke durch einen Architekten nicht mehr Teil der freiberuflichen Tätigkeit eines Architekten (und auch keine Form der privaten Vermögensverwaltung) ist, sondern gewerblichen Charakter hat, weil eine solche Betätigung auf den für einen Gewerbebetrieb kennzeichnenden "häufigen und kurzfristigen marktmäßigen Umschlag erheblicher Sachwerte" angelegt ist (ähnlich Urteil vom 17. März 1981 VIII R 149/78, BFHE 133, 44, BStBl II 1981, 522, für den Erwerb und die Veräußerung von Mietwohngrundstücken). Diese Grundsätze sind sinngemäß anzuwenden auf den Erwerb und die Veräußerung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieben durch einen Landwirt, soweit diese Grundstücksgeschäfte sich als "häufiger und kurzfristiger marktmäßiger Umschlag" von land- und forstwirtschaftlichem Grundbesitz darstellen. Die Veräußerung land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke ist somit kein Hilfsgeschäft eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, sondern Gegenstand eines selbständigen gewerblichen Unternehmens, wenn ein Landwirt wiederholt innerhalb eines überschaubaren Zeitraums land- und forstwirtschaftliche Grundstücke oder Betriebe in Gewinnabsicht veräußert, die er bereits in der Absicht der alsbaldigen Weiterveräußerung erworben hat (vgl. Urteil in BFHE 117, 360, 365, BStBl II 1976, 152). Dabei können sowohl ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Erwerb und der Veräußerung des einzelnen Grundstücks als auch eine ständige Wiederkehr gleichartiger Geschäfte ein Beweisanzeichen dafür bilden, daß die einzelnen Grundstücke bereits in der Absicht der Weiterveräußerung erworben worden sind.

b) Im Streitfall hat das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Kläger den Hof X nicht in der Absicht erworben haben, ihn bei passender Gelegenheit alsbald wieder zu verkaufen. Diese Feststellung ist nicht zwingend, aber angesichts der vom FG hervorgehobenen besonderen Umstände immerhin möglich. Zwar begründet, wie die Revision des FA zu Recht betont, der kurze Zeitabstand zwischen Erwerb und Veräußerung eine Art Beweis des ersten Anscheins dafür, daß die Kläger den Hof bereits in der Absicht der alsbaldigen Weiterveräußerung erwarben. Diese aus den Regeln der Lebenserfahrung gewonnene Beweisvermutung hat das FG aber als widerlegt angesehen, weil die alsbaldige Veräußerung des Anwesens allein durch die Klage der Schwester des Veräußerers auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags veranlaßt gewesen sei.

Es mag auch zutreffen, daß das Geschehen in den Jahren, die dem Streitjahr 1971 folgen, auf ein planmäßiges Handeln der Kläger im Sinne eines laufenden Erwerbs und einer laufenden Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke, also eines marktmäßigen Umschlages eines derartigen Grundbesitzes hinweist. Dieses Geschehen zwingt aber noch nicht zu dem Schluß, daß die Kläger bereits im Zeitpunkt des Erwerbs des Anwesens X zu einem derartigen planmäßigen Handeln entschlossen waren und damit einen Gewerbebetrieb begründet haben, in dessen Rahmen auch der Erwerb und die Veräußerung des Anwesens X fällt.

Nicht ausdrücklich gewürdigt hat das FG allerdings, daß die Kläger in den Jahren 1967 bis 1970 bereits vor dem Kauf des Hofes X drei Waldgrundstücke in A (1967), B (1969) und C (1970) und ein landwirtschaftliches Grundstück in D (1969) erworben und Teilflächen davon in 1971 wieder veräußert haben. Diese Grundstücksgeschäfte waren dem FG aber bekannt, wie der Tatbestand des angefochtenen Urteils ausweist. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß das FG diese Grundstücksgeschäfte übersehen hat und nur deshalb zu der Überzeugung gekommen ist, die Kläger hätten das Anwesen X nicht in der Absicht erworben, es alsbald weiterzuveräußern. Das FG konnte die genannten Grundstücksgeschäfte vernachlässigen, weil diese vom Preis her betrachtet ein nur relativ geringes wirtschaftliches Gewicht hatten und weil durch sie, wenn überhaupt, allenfalls ein äußerst mäßiger Gewinn erzielt worden ist.

Mit dieser Würdigung greift der Senat nicht der Entscheidung der auch vom FG offengelassenen Frage vor, ob und ggf. ab wann die Kläger in den Jahren, die auf das Streitjahr folgen, gewerblich tätig waren.

3. § 23 EStG ist auf den Erwerb und die Veräußerung des Anwesens X nicht anzuwenden, da das Anwesen zu den Wirtschaftsgütern gehört, die bei der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft "anzusetzen" sind. Daß dieser Ansatz nicht zu einem steuerpflichtigen Gewinn führt, ist durch die Vorschriften des § 55 EStG bedingt, nach denen für die Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft statt der wirklichen die fiktiven Anschaffungskosten maßgebend sind; diese sind im Streitfall höher als der Veräußerungserlös.

 

Fundstellen

Haufe-Index 75105

BStBl II 1984, 798

BFHE 1985, 513

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