Leitsatz (amtlich)

1. Die Billigkeitsregelung des BdF über den HGA-Erlaß wegen uneigennütziger Kreditbeschaffung ist nicht ermessensfehlerhaft.

2. Die Voraussetzungen für einen Korrekturerlaß wegen uneigennütziger Kreditbeschaffung sind nicht gegeben, wenn der Kredit zwar im Interesse eines anderen aufgenommen, an diesen aber nicht uneigennützig weitergeleitet worden ist.

2. Zum Begriff der unbilligen Härte in der Sache selbst.

2. Zur Geltendmachung der Einrede der Unzulänglichkeit des Nachlasses in der Revisionsinstanz.

 

Normenkette

AO § 131; LAG §§ 129, 131, 203 Abs. 5; BGB § 1990 ff.

 

Tatbestand

Der Revisionskläger ist Testamentsvollstrecker für den Nachlaß der im Jahre 1961 verstorbenen Grundstückseigentümerin. Auf dem Grundstück wurde eine private Tierkörperbeseitigungsanstalt betrieben. Das Grundstück war mit mehreren Hypothekenschulden belastet, aus deren Umstellung HGA entstand. Die HGA-Veranlagung ist unanfechtbar geworden. Zu Lebzeiten der Abgabeschuldnerin wurden die HGA-Leistungen für die Erlaßzeiträume 1952, 1953 bis 1955 und 1956 bis 1958 wegen wirtschaftlicher Bedrängnis gemäß § 131 LAG in vollem Umfange erlassen. Nach dem Tode der Abgabeschuldnerin beantragte der Revisionskläger einen Erlaß der HGA aus Billigkeitsgründen, weil es sich seinerzeit bei der Aufnahme der Hypothekenschulden um einen Fall uneigennütziger Kreditbeschaffung gehandelt habe, und bat um Erstattung der bisher auf die HGA geleisteten Zahlungen auf das Nachlaßkonto der verstorbenen Abgabeschuldnerin.

Das FA lehnte den Antrag ab, weil die Voraussetzungen für einen Erlaß wegen uneigennütziger Kreditbeschaffung gemäß dem Erlaß des BdF LA 2831 - 81/53 vom 17. November 1953 (LA-Kartei, Karte 4 vor § 129) nicht gegeben seien. Auch die Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Mit der Berufung wurde beantragt, unter Aufhebung der Beschwerdeentscheidung dem Antrag auf Erlaß der HGA stattzugeben. Die Kreditaufnahme sei in uneigennütziger Weise erfolgt, damit die Tierkörperbeseitigungsanstalt ihre öffentlichen Aufgaben habe ausführen können. Zumindest indirekt sei eine Weitergabe des Kredites erfolgt, bzw. sei durch die Aufnahme der abgesicherten Darlehen dem Landkreis die Hingabe von öffentlichen Mitteln zwecks Erhaltung des Betriebes erspart worden. Die Auffassung des FA, die Hypothekenvaluten hätten lediglich zur Verstärkung der Betriebsmittel des Unternehmens der Grundstückseigentümer gedient, sei nicht zutreffend. Es liege außerdem eine unbillige Härte in der Person des Abgabepflichtigen vor, so daß auch insoweit ein Erlaß zwangsläufig hätte ausgesprochen werden müssen.

Die Berufung hatte keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für einen Erlaß wegen uneigennütziger Kreditbeschaffung lägen nicht vor. Der BdF-Erlaß sehe nach seinem klaren Inhalt ein Entgegenkommen allein für den unter Nr. 3 aufgezeichneten Tatbestand vor. Eine davon abweichende Auslegung des Erlasses, wie er mit der Berufung begehrt werde, komme nicht in Betracht. Sachliche Billigkeitsgründe lägen nicht vor.

Ob eine unbillige Härte in der Person des Abgabeschuldners vorläge, müsse in einem Verfahren nach § 131 LAG gegebenenfalls erst noch geprüft werden.

Mit der Rechtsbeschwerde, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, wurde unter Wiederholung des bisherigen Vorbringens unter anderem geltend gemacht, daß es ungewöhnlich gewesen sei, wenn von den öffentlichen Aufgabenträgern nur Kredite - im Gegensatz zu den jetzigen Bestimmungen des Tierkörperbeseitigungsgesetzes - beschafft und nicht verlorene öffentliche Zuschüsse gewährt worden seien. Das Tierkörperbeseitigungsgesetz sei seinerzeit erlassen worden, um solche Mißstände nach Möglichkeit zu beseitigen und entsprechende Anspruchsgrundlagen der Grundstückseigentümer zu schaffen. Sinn und Zweck dieser Bestimmungen sei letzten Endes, im öffentlichen Interesse eine Verelendung der Tierkörperbeseitigungsanstalten zu verhindern. Von der Revision wird weiterhin die Ansicht vertreten, daß im BdF-Erlaß über die uneigennützige Kreditbeschaffung nur ein Beispiel gegeben worden sei und daß auch weitere Tatbestände begünstigt werden müßten. In dem angefochtenen Urteil sei auch unberücksichtigt geblieben, daß Bescheinigungen der Aufgabenträger vorgelegt worden seien, aus denen sich eindeutig ergebe, daß die Kreditaufnahme nur im öffentlichen Interesse, also nicht im Interesse der Eigentümer, erfolgt sei. Die Verwaltungsbehörden und das FG hätten zumindest durch unmittelbare Anwendung des § 131 AO zu dem begehrten HGA-Erlaß kommen müssen.

Mit Schriftsatz vom April 1968 hat der Revisionskläger unter Hinweis auf die mit Wirkung vom 31. Dezember 1964 erfolgte Stillegung der Tierkörperbeseitigungsanstalt vorgetragen, als Folge der Stillegung habe sich gezeigt, daß eine vollkommene Entwertung der Maschinenanlagen und Gebäude eingetreten sei, die ausschließlich für Tierkörperbeseitigungszwecke benutzt werden könnten. Der Revisionskläger habe sich bemüht, ab 1. Januar 1965 das Grundstück mit den Gebäuden usw. zu verwerten. Trotz zahlreicher Bemühungen bestehe bis heute noch keine Möglichkeit, etwa einen Mieter oder Pächter zu finden. Bei der wirtschaftlichen Stagnation, die sich insbesondere im Zonengrenzbereich auswirke, sei kein Unternehmen bereit, in Abdeckereiräume hineinzugehen. Gerade in X sei bereits ein Überangebot von gewerblichen Räumen vorhanden, so daß selbst bei geringem Mietzins diese Räume für jedes Unternehmen uninteressant seien. Hinzu komme noch, daß es keine Möglichkeit gebe, die den Räumen anhaftenden Gerüche zu beseitigen. Dies würde sich nur erreichen lassen, wenn die gesamten Gebäude abgerissen und durch neue ersetzt würden. Die zwangsläufige Folge davon sei, daß für den Nachlaß seit dem 1. Januar 1965 aus dem Grundstück keinerlei Einnahmen zu erzielen seien. Ferner sei zu berücksichtigen, daß auch der Grund und Boden, auf dem die Tierkörperbeseitigungsanstalt stehe, vollkommen entwertet sei, weil das Bauordnungsamt der Stadt X das Grundstück im rechtskräftigen Bebauungsplan als Dauerkleingartenfläche ausgewiesen habe. Bei dieser Sachlage sei nicht einmal ein Verkauf des Grundstücks möglich. Da das Grundstück nur als Gartenfläche genutzt werden könnte, sei es praktisch wertlos. Das FA habe diesen Gegebenheiten dadurch Rechnung getragen, daß es den Einheitswert des Grundstücks herabgesetzt habe. Wegen der zwangsweisen Stillegung der Tierkörperbeseitigungsanstalt würden vom Land keinerlei Entschädigungszahlungen geleistet. Unter Bezugnahme auf dieses Vorbringen hat der Revisionskläger folgende Anträge gestellt:

1. Das angefochtene Urteil des FG aufzuheben,

2. dem gestellten Erlaßantrag stattzugeben,

3. hilfsweise,

a) gemäß § 8 Abs. 2 StAnpG in Verbindung mit §§ 1990 ff. BGB die Haftung der Grundstückseigentümer (Erben) für die Nachlaßverbindlichkeiten auf den Nachlaß zu beschränken,

b) den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das FG zurückzuverweisen,

c) mit Rücksicht auf die neuen Gesichtspunkte die Entscheidung dieses Falles vorzulegen

aa) dem FA,

bb) dem BdF.

Die OFD (Revisionsbeklagte) hat beantragt, die Revision kostenpflichtig als unbegründet zurückzuweisen. Ein sachlicher Billigkeitsgrund, der einen Erlaß nach § 131 AO rechtfertige, könne nicht anerkannt werden. Gegenüber dem Vorbringen des Revisionsklägers sei darauf hinzuweisen, daß im anhängigen Rechtsstreit zu entscheiden sei, ob der Tatbestand einer uneigennützigen Kreditbeschaffung gegeben sei, so daß den neuen Gesichtspunkten insoweit keine Bedeutung zukommen könne. Sofern letztere aber geeignet wären, ein Entgegenkommen nach § 131 AO zu rechtfertigen, könne sich eine Billigkeitsmaßnahme frühestens auf die HGA vom 31. Dezember 1964 ab auswirken. Zudem sei bisher ein entsprechender Erlaßantrag weder bei dem FA noch bei der beauftragten Stelle eingereicht worden, so daß es an den erforderlichen Entscheidungen der Vorinstanz fehle. Im übrigen habe der Revisionskläger bei Ertragslosigkeit des Grundstücks die Möglichkeit, den Erlaß der ab 1. Januar 1965 fällig gewordenen Abgabeleistungen nach § 129 LAG in Verbindung mit der 17. AbgabenDV-LA zu beantragen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

... Zur verfahrensmäßigen Klarstellung und Abgrenzung ist festzustellen, daß sich die angefochtene Beschwerdeentscheidung wie auch das Urteil des FG nicht mit einem Erlaß der HGA aufgrund der §§ 129, 131 LAG zu befassen hatten und auch nicht befaßt haben; es würde daher an der Ausschöpfung des Verwaltungsrechtsweges fehlen, sofern im anhängigen Verfahren der Erlaßantrag auf diese Vorschriften gestützt werden sollte.

Das FG hat eine Ermessensfehlerhaftigkeit der Beschwerdeentscheidung, durch welche die OFD einen Erlaß sowohl wegen uneigennütziger Kreditbeschaffung als auch wegen unbilliger Härte in der Sache selbst abgelehnt hat, mit Recht verneint.

...

Die Möglichkeit, einen Erlaß von HGA wegen uneigennütziger Kreditbeschaffung zu gewähren, beruht auf einer vom BdF aufgrund des § 203 Abs. 5 LAG in Verbindung mit § 131 AO getroffenen Billigkeitsregelung. Bei solchen aufgrund des § 203 Abs. 5 LAG ergangenen Verwaltungsanordnungen und Erlassen des BdF handelt es sich um Richtlinien zur Gesetzesanwendung für die nachgeordneten Finanzbehörden. FG und BFH sind an solche verwaltungsinternen Weisungen nicht gebunden, sondern haben selbständig über ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und mit den einfachen Gesetzen zu urteilen (vgl. Urteil des BVerfG 1 BvR 314/60 vom 21. Februar 1961, BStBl I 1961, 63). Entscheidungen, die gemäß dem oben angegebenen BdF-Erlaß von den zuständigen Finanzverwaltungsbehörden getroffen werden, sind Ermessensentscheidungen, die von den Gerichten nur daraufhin überprüft werden können, ob sie rechtswidrig sind, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder weil von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (vgl. § 102 FGO). Besteht Streit über die Anwendung einer in einem solchen BdF-Erlaß getroffenen Anordnung, so haben die Steuergerichte zu prüfen, ob die Anordnung mit dem GG und dem einfachen Gesetz, insbesondere mit derjenigen Gesetzesvorschrift, die die Rechtsgrundlage der Anordnung bildet, oder mit § 2 StAnpG vereinbar ist. Verstößt die Anordnung dagegen, ist sie nicht anzuwenden. Der oben angegebene BdF-Erlaß stellt eine präzisierte Gruppenregelung für festumrissene Tatbestände dar, nämlich für die Fälle, in denen ein Grundstückseigentümer eine dinglich gesicherte Schuld im Interesse einer anderen Person aufgenommen und den aufgenommenen Geldbetrag an den anderen zu gleichen oder günstigeren Kreditbedingungen weitergeleitet hat. Der BdF-Erlaß setzt tatbestandsmäßig mithin eine Weiterleitung des dinglich gesicherten Kredites voraus; es muß sich um eine uneigennützige Kredit beschaffung für eine andere Person handeln. Die Gründe, die der BdF in seinem Erlaß zur Rechtfertigung seiner Billigkeitsmaßnahme aufgeführt hat, lassen keinen Verstoß gegen das GG oder gegen einfaches Recht erkennen, sondern lassen im Hinblick auf die gesetzliche Regelung der wirtschaftlichen Schuldnerschaft (§ 91 Abs. 2 Satz 2 LAG) und andererseits die in § 97 Abs. 1 Nr. 4 LAG getroffene Regelung diese Billigkeitsmaßnahme für die HGA ermessensgerecht erscheinen. Ist hiernach die Billigkeitsregelung des BdF nicht ermessensfehlerhaft, so hatte das FG weiter zu prüfen, ob die Nichtanwendung des BdF-Erlasses auf den Streitfall ermessensfehlerhaft war. Auch dies ist von der Vorinstanz zutreffend verneint worden. Der BdF-Erlaß erfaßt nicht einen Fall wie den vorliegenden, in welchem überhaupt keine uneigennützige Weiterleitung eines selbst aufgenommenen und dinglich abgesicherten Kredits erfolgt war. Im Streitfall liegt kein Fall einer uneigennützigen Kredit beschaffung für einen anderen, sondern der Fall einer Kreditaufnahme für eigene Zwecke vor, nämlich für die Fortführung der Tierkörperbeseitigungsanstalt, auch wenn letztere im allgemeinen öffentlichen Interesse zu betreiben war. Da dieser Sachverhalt tatbestandsmäßig nicht unter die im BdF-Erlaß geregelten Tatbestände fällt und mit keinem dieser Tatbestände vergleichbar ist, kann in der Nichtanwendung des BdF-Erlasses kein Ermessensfehlgebrauch erblickt werden.

Unabhängig von der Billigkeitsregelung im oben angegebenen BdF-Erlaß hätte ein Erlaß der HGA gewährt werden können und müssen, wenn die Voraussetzungen für einen Erlaß wegen unbilliger Härte in der Sache selbst gemäß § 131 AO vorgelegen hätten oder vorlägen. Auch dies ist von den Verwaltungsbehörden und von der Vorinstanz mit Recht verneint worden. Eine Unbilligkeit in der Sache ist gegeben, wenn die Tatsache der Besteuerung als solche, unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen, eine Unbilligkeit für den Steuerpflichtigen darstellt, so daß es nach Lage der Verhältnisse unangebracht ist, eine nach dem Steuergesetz geschuldete Steuer zu erheben (vgl. auch Urteil des BFH VI 279/65 vom 5. Oktober 1966, BFH 87, 64, BStBl III 1967, 37). Die Ausführungen des Revisionsklägers, mit denen er eine Unbilligkeit in der Sache selbst dartun möchte, betreffen nicht die Tatsache der Heranziehung zur HGA, die sicherlich von vielen Abgabeschuldnern als Härte und erhebliche Last empfunden wird, aber als eine wirksame Maßnahme des Lastenausgleichs notwendig geworden war (vgl. die Präambel und § 1 LAG), sondern beziehen sich auf die Entstehung und Fortdauer der RM-Verbindlichkeiten, deren Umstellung erst zur HGA geführt hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Hypothekenschuldner die rechtliche Möglichkeit gehabt hätte, aus den vom Revisionskläger jetzt vorgetragenen Gründen gegen den Fortbestand der Darlehnsverbindlichkeiten oder gegen ihre Geltendmachung vorzugehen oder etwa auch eine Umstellung im Verhältnis 1 : 1 mit der möglichen Folge zu erreichen, daß eine HGA nicht hätte entstehen können. Eine Härte in der Sache selbst hätte, wenn überhaupt, allenfalls in der Begründung und dem Fortbestand der Darlehnsverbindlichkeiten erblickt werden können, und zwar insofern, als die beiden Kommunalbehörden in Anbetracht des gemeinen Nutzens der Tierkörperbeseitigungsanstalt zu ihrer Sanierung statt Zuschüssen dinglich gesicherte Darlehen auf privatrechtlicher Basis gegeben hatten. Diese Frage berührt aber, da die Darlehnsverbindlichkeiten, obwohl sie im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege und der Seuchenverhütung eingegangen waren, nach dem Vorbringen der Beteiligten und nach den Akten nie Gegenstand von Beanstandungen oder Prozessen des Hypothekenschuldners gegenüber den Hypothekengläubigern gewesen sind, nicht die nach der Währungsumstellung durch das LAG begründete HGA-Pflicht. Der Revisionskläger verkennt, daß HGA sogar bei Grundstücken entstanden ist, die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen, und daß HGA-Erlaß nur Eigentümern solcher Grundstücke nach Maßgabe des § 132 LAG gewährt werden kann, die entweder unmittelbar für mildtätige Zwecke oder für Zwecke einer solchen Krankenanstalt oder Bewahrungsanstalt benutzt werden, die im besonderen Maße der minderbemittelten Bevölkerung dient. Dem Wesen der HGA als Lastenausgleichsabgabe entsprechend kommen andere Ausnahmen von der Abgabepflicht als die in § 97 LAG aufgeführten grundsätzlich nicht in Betracht. Die Tatsache der Heranziehung zur HGA stellt daher in objektiver Hinsicht keine größere Inanspruchnahme dar, als dies bei allen anderen Abgabeschuldnern der HGA ebenfalls der Fall ist, so daß die Heranziehung nach Lage der Verhältnisse weder unangebracht noch für den Revisionskläger objektiv unzumutbar erscheint.

... Zur Frage der unbilligen Härte in der Person der Abgabeschuldner hat die OFD zutreffend darauf hingewiesen, daß die im LAG unmittelbar vorgesehenen Erlaßmöglichkeiten wegen ungünstiger Ertragslage des Grundstücks (§ 129 LAG) und wegen wirtschaftlicher Bedrängnis (§ 131 LAG) vom Revisionskläger bisher nicht in Anspruch genommen wurden. Vor Ausschöpfung dieser Erlaßmöglichkeiten des LAG könnte ein Erlaß unmittelbar nach § 131 AO ohnehin kaum in Betracht gezogen werden, weil es insoweit an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde, es sei denn, daß die Nichtanwendung der §§ 129, 131 LAG eindeutig klargestellt wäre. Letzteres dürfte jedoch nach dem Vorbringen des Revisionsklägers in den Schriftsätzen vom April 1968, das im übrigen als neues tatsächliches Vorbringen in der Revisionsinstanz ohnehin nicht berücksichtigt werden konnte, noch nicht geklärt sein. Die Revision war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Über den hilfsweise gestellten Antrag, die Haftung der Grundstückseigentümer (Erben) für die Nachlaßverbindlichkeiten gemäß § 8 Abs. 2 StAnpG in Verbindung mit den §§ 1990 ff. BGB auf den Nachlaß zu beschränken, konnte in der Revision nicht sachlich entschieden werden, weil es sich hierbei um neues tatsächliches Vorbringen handelt, was in der Revisionsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden kann (vgl. Urteil des BGH VIII ZR 45/61 vom 9. Mai 1962, NJW 1962, 1250). Auch hätten die zur Begründung dieses Hilfsantrags gemachten Ausführungen vor allem darüber, daß seit dem 1. Januar 1965 aus dem Grundstück keinerlei Einnahmen erzielt werden könnten und daß das Grundstück im rechtskräftigen Bebauungsplan als Dauerkleingartenfläche ausgewiesen sei, bereits dem FG vorgetragen werden können, weil diese neuen Umstände noch vor dem Ergehen des Urteils des FG eingetreten und bekanntgeworden waren. Der erkennende Senat nimmt hierzu sachlich keine Stellung. Dem weiteren Hilfsantrag, im Hinblick auf die Geltendmachung der Unzulänglichkeitseinrede die Sache an das FG zurückzuverweisen, konnte schon deshalb nicht stattgegeben werden, weil eine Zurückverweisung nur möglich wäre, wenn der Revision stattzugeben wäre, wenn die Revision also begründet wäre (vgl. § 126 Abs. 3 FGO). Bei den weiteren Hilfsanträgen, mit Rücksicht auf die neuen Gesichtspunkte die Entscheidung dieses Falles dem FA oder dem BdF vorzulegen, verkennt der Revisionskläger, daß es nicht Sache des Revisionsgerichts sein kann, einer Finanzbehörde die Sache zur Entscheidung des Falles vorzulegen oder die Sache an eine Verwaltungsbehörde zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

BStBl II 1969, 567

BFHE 1969, 186

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