Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbrauchsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Unvergällter Branntwein darf auch zur Herstellung von Heilmitteln zum äußerlichen Gebrauch, wie Franzbranntwein, zugeteilt werden. Ob und in welchem Umfange solcher Branntwein zugeteilt werden soll, bestimmt die Monopolverwaltung nach ihrem pflichtmäßigen Ermessen.

 

Normenkette

BrMonG § 1/1/1

 

Tatbestand

A. -

Vorerst ist zu prüfen, ob Franzbranntwein überhaupt als Heilmittel anzusehen ist. Der Präsident des Landesbezirks Baden, Abteilung Innere Verwaltung, scheint nach seinem Schreiben vom 19. September 1950 Nr. 47.778 anzunehmen, daß Franzbranntwein, soweit er auch zur Mund- und Zahnpflege Verwendung findet, als kosmetisches Mittel zu betrachten sei.

Es mag zutreffen, daß Franzbranntwein auch als Körperpflegemittel Verwendung findet; überwiegend wird er aber zu Einreibungen bei Rheuma, Ischias usw. verwendet, wie auch zum Gurgeln gegen Grippe und Erkältungen, Franzbranntwein kann daher grundsätzlich zu den Heilmitteln gerechnet werden, und zwar zu den Heilmitteln vorwiegend für den äußerlichen Gebrauch, zu deren Herstellung nach Ziffer 3 a steuerermäßigter Branntwein verwendet werden darf, sofern er zu Genußzwecken unbrauchbar gemacht wird.

B. - Ist somit Franzbranntwein als Heilmittel zu betrachten, so bedarf es für die Beantwortung der vom Bundesminister der Finanzen gestellten Frage zunächst eines Rückblicks auf die geschichtliche Entwicklung der Besteuerung bzw. die Monopolbelastung des Heilmittelbranntweins.

I. Das Gesetz betreffend die Besteuerung des Branntweins vom 24. Juni 1887 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - S. 253) schrieb vor, daß der zu Heilzwecken verwendete Branntwein nach näherer Bestimmung des Bundesrats von der Verbrauchsabgabe befreit sein solle. Die näheren Bestimmungen wurden getroffen im Regulativ betreffend die Steuerbefreiung des Branntweins zu gewerblichen usw. Zwecken, Anlage R zu den vorläufigen Ausführungsbestimmungen vom 27. September 1887 (Reichszentralblatt RZtrBl. - S. 351, 419). Es wurde Steuerfreiheit grundsätzlich nur gewährt, wenn der Branntwein denaturiert, d. h. zum menschlichen Genuß unbrauchbar gemacht wurde. Nur ausnahmsweise konnte an Stelle der Denaturierung ständige überwachung des Betriebes oder eine andere gleichsichernde Kontrolle treten. Ein Unterschied zwischen Heilmitteln zum äußerlichen und zum innerlichen Gebrauch wurde nicht gemacht.

Schon damals ergab sich, daß mit der Steuerbefreiung vielfach Mißbrauch getrieben wurde. In der Folge wurden Versuche der verschiedensten Art unternommen, um die Unzuträglichkeiten in steuerlicher Hinsicht unter grundsätzliche Beibehaltung der Steuerbefreiung für Heilmittelbranntwein zu beseitigen. Schließlich wurde durch Gesetz vom 7. Juli 1902 (RGBl. S. 243) die Steuerfreiheit von Branntwein, der zu Heilzwecken verwendet wird, aufgehoben. Gleichwohl ließ der Bundesrat die Steuerbefreiung für vergällten Branntwein zu Heilzwecken noch zu in der Annahme, daß hierdurch eine genügende Sicherung gegen Mißbrauch gegeben sei (§ 1 der Branntweinsteuerbefreiungsordnung - BranntwStBefrO - in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. September 1902 - RZtrBl. S. 315, 324 -). Diese Regelung erwies sich aber aus vielerlei Gründen als unzureichend, weshalb durch Bundesratsbeschluß vom 28. Juni 1906 die steuerfreie Verwendung von denaturiertem Branntwein auf wenige näher bestimmte Heilmittel beschränkt wurde; die Verwendung von unvergälltem Branntwein blieb ausgeschlossen (BranntwStBefrO § 1 Absatz 2 - RZtrBl. 1906 S. 947, 949 -).

Eine ausführliche Darstellung dieser Entwicklung findet sich in der Anlage 6 zum Entwurf eines Gesetzes über das Branntweinmonopol - Reichstagsdrucksache Nr. 1460/1918 S. 109 ff -.

II. Für die Folge blieb es bei dieser eben dargestellten Regelung; sie wurde auch in das Branntweinmonopolgesetz vom 26. Juli 1918 (RGBl. S. 887) übernommen § 129 des Gesetzes und § 4 Absatz 2 der Branntwein-Vergällungsordnung, RZtrBl. 1919 S. 627). Bald nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes führte aber die Gestaltung der Branntweinverkaufspreise der Monopolverwaltung zu einer Differenzierung zwischen den Verkaufspreisen für Trinksprit und für Heilmittelsprit. Die Monopolverwaltung verkaufte damals zu Trinkzwecken nur Auslandstrinkbranntwein zu einem hohen regelmäßigen Verkaufspreis, während sie für Heilmittelherstellung inländischen Branntwein zur Verfügung stellt, für den der regelmäßige Verkaufspreis zu einem herabgesetzten Betrage bemessen wurde (Verordnung vom 28. Oktober 1920 - RGBl. 1920 S. 1841 - Artikel 1 § 6).

Diese Entwicklung in der Preisgestaltung gab den Anstoß, eine entsprechende Vorschrift über die Preisbegünstigung für Branntwein zur Herstellung von Heilmitteln in das Branntweinmonopolgesetz vom 8. April 1922 (RGBl. I S. 405 - § 92 Absatz 2) zu übernehmen. Dabei hatte aber die Reichsregierung schon in der Begründung des Entwurfs auf die außerordentlichen Schwierigkeiten hingewiesen, die sich für die steuerliche überwachung der beteiligten Betriebe sowie für die Sicherung des Monopolaufkommens ergaben, und sie hatte sich ausdrücklich vorbehalten, die Vergünstigung wieder aufzuheben, wenn sie in großem Umfange mißbräuchlich ausgenutzt würde oder wenn sich eine geeignete überwachung als undurchführbar erweisen sollte (vgl. Begründung zu § 92 des Entwurfs - Reichstagsdrucksache Nr. 2281/1921 -). Im Gesetz wurde die Preisbegünstigung davon abhängig gemacht, daß der Branntwein entweder zu Genußzwecken unbrauchbar gemacht oder unter ständiger amtlicher überwachung verarbeitet wurde.

Die besonderen Schwierigkeiten, die bei der überwachung der Verwendung von Branntwein zur Herstellung von Heilmitteln bestehen, gaben Anlaß, in den Durchführungsbestimmungen für den Heilmittelbranntwein von den zwei überwachungsmöglichkeiten die ständige amtliche überwachung von vornherein auszuschließen und die Vergünstigung nur bei Genußunbrauchbarmachung des Branntweins zuzulassen (Branntweinverwertungsordnung - BranntwVwO - § 116 Absatz 1 Satz 2, RZtrBl. 1922 S. 809, 823). Bei der Eigenart der Heilmittelherstellung, insbesondere bei den vielfach verwickelten Betriebsverhältnissen und Fabrikationsvorgängen wäre die ständige amtliche überwachung als Kontrollmittel unzulänglich gewesen. Nach dieser Regelung durfte unvergällter Branntwein zur Herstellung von Heilmitteln nur mit der vollen Monopolbelastung (regelmäßiger Verkaufspreis, Branntweinmonopolgesetz - BrMonG - § 84) verwendet werden. Auch bei dieser Regelung wurde eine Unterscheidung zwischen Heilmitteln zum innerlichen und zum äußerlichen Gebrauch nicht gemacht.

Im Entwurf eines Spiritusmonopolgesetzes, der am 16. November 1926 dem Reichstag vorgelegt wurde (Reichstagsdrucksache Nr. 2687/88 der Wahlperiode 1924/26), wurde die völlige Beseitigung der Preisvergünstigung für Heilmittelbranntwein vorgeschlagen. In der Begründung (Seite 56 und Anlage 13) wird in ausführlichen Darlegungen nicht nur auf die Schwierigkeiten der überwachung, sondern auch auf die schweren Bedenken, die gegen die Genußunbrauchbarmachung vom gesundheitlichen Standpunkt bestehen, hingewiesen. Der Entwurf wurde nicht Gesetz. Statt dessen beantragte der Reichsminister der Finanzen in einem änderungsentwurf zum geltenden Branntweinmonopolgesetz im März 1929 (Reichstagsdrucksache Nr. 881/1928) die allgemeine Aufhebung der Preisvergünstigung für Heilmittelbranntwein. Dieser Antrag fand im Reichstag keine Annahme. Im Gesetz vom 21. Mai 1929 (RGBl. I S. 99 Artikel I Ziffer 4) wurde die Monopolvergünstigung nur für Branntwein zur Herstellung solcher Heilmittel beibehalten, die vorwiegend zum äußerlichen Gebrauch dienen; die Bedingung der Genußunbrauchbarmachung blieb bestehen. Die Herstellung von Heilmitteln zum innerlichen Gebrauch unter Verwendung von preisbegünstigtem Branntwein war seitdem unzulässig.

III. Diese Regelung galt bis zum Inkrafttreten des Kontrollratsgesetzes (KontrRG) Nr. 27 vom 10. Mai 1946 (Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland Nr. 7 vom 31. Mai 1946 S. 149). Das KontrRG Nr. 27 setzte an die Stelle der Hektoliter-Einnahme verschiedentlich abgestufte Steuersätze, und zwar kamen nach Artikel I für die vorliegende Frage die folgenden Steuersätze in Betracht:

1. für Trinkbranntwein ------------------- 11.470 RM, 4. für unvergällten Branntwein, der ärzten, Krankenhäusern, Apothekern für ärztliche, chirurgische oder pharmazeutische Zwecke zugeteilt wird, -------------------- 850 RM, 5. für vergällten Branntwein zur Bereitung von Arzneien und Heilmitteln zum äußerlichen Gebrauch sowie von Desinfektionsmitteln ------------------------- 600 RM. Damit wurde wieder eine Vergünstigung für unvergällten Heilmittelbranntwein (Ziffer 4) geschaffen, während für vergällten Branntwein die bisherige Regelung aufrechterhalten blieb.

Für die Wiedereinführung der Steuervergünstigung für unvergällten Branntwein, der zur Herstellung von Heilmitteln verwendet wird, war beim Kontrollrat offensichtlich die Erwägung maßgebend, daß der außergewöhnlich hohe Steuersatz für Trinksprit (11.470 RM an Stelle des bis dahin geltenden Hektoliter- Einnahmesatzes von 475 RM) für Heilmittelbranntwein untragbar gewesen wäre.

Das Gesetz des Wirtschaftsrats vom 21. Oktober 1948 (Gesetz- und Verordnungsblatt der Verwaltung des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets - WiGBl. S. 103) hat die Steuervergünstigung für Heilmittelbranntwein im wesentlichen in der gleichen Weise geregelt, während der Steuersatz für Trinksprit auf 1.000 DM für 1 hl Weingeist ermäßigt wurde. Die einschlägigen Vorschriften in § 1 des Gesetzes lauten:

I. Die Steuer beträgt für 1 hl Weingeist 1. für Branntwein zu Trinkzwecken und sonstigen nachstehend nicht genannten Zwecken ----------------------------------- 1.000 DM, 2. für unvergällten Branntwein, der ärzten, Krankenhäusern, Apotheken für ärztliche, chirurgische oder pharmazeutische Zwecke zugeteilt wird, ------ 850 DM, 3. für Branntwein a) zur Herstellung von Heilmitteln, die vorwiegend zum äußerlichen Gebrauch dienen, sofern der Branntwein zu Genußzwecken unbrauchbar gemacht wird -------------------------------- 600 DM. - C. -

Zu der hier zu beantwortenden Frage, ob die Ziffer 2 der vorstehend angeführten Gesetzesvorschrift nur für Heilmittel zum innerlichen Gebrauch oder auch für solche zum äußerlichen Gebrauch, wie Franzbranntwein, gilt, werden folgende Ansichten vertreten:

Die überleitungsstelle für das Branntweinmonopol vertritt trotz überwachungstechnischer Bedenken die Auffassung, daß der Steuersatz von 850 RM für alle pharmazeutischen Zwecke gelten soll, soweit nicht die weitere Ermäßigung der Ziffer 3 a in Anspruch genommen wird.

Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe will die Ziffer 2 auf Heilmittel für den innerlichen Gebrauch beschränkt wissen; die Bestimmung in Ziffer 4 des KontrRG Nr. 27, der die Ziffer 2 des Gesetzes vom 21. Oktober 1948 entspreche, sollte nur die seit 1929 bestehende Lücke schließen, die Verwendung von Branntwein zu Heilmitteln für den äußerlichen Gebrauch sei in Ziffer 3 a abschließend geregelt; das erfordere auch die Steuersicherheit.

Der Bundesminister der Finanzen weist darauf hin, daß

Ziffer 2 des Gesetzes vom 21. Oktober 1948 zwar aus Ziffer 4 Artikel I des KontrRG Nr. 27 hervorgegangen sei, aber nach der grundlegenden änderung des Steuertarifs durch das Gesetz vom 21. Oktober 1948 und aus dem Zusammenhang mit Ziffern 1 und 3 ausgelegt werden könne,

die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 850 DM an die besondere Voraussetzung einer "Zuteilung" geknüpft sei und diese Zuteilung im Ermessen der Monopolverwaltung liege, die jedenfalls insoweit dem Kontrahierungszwang nicht unterworfen sei.

 

Entscheidungsgründe

D. -

Der Bundesfinanzhof nimmt zu der Frage wie folgt Stellung:

I. Wie sich aus dem vorstehend unter B. gegebenen geschichtlichen Rückblick ergibt, hat die steuer- bzw. monopolbegünstigte Verwendung von Branntwein zur Herstellung von Heilmitteln von jeher Schwierigkeiten mit sich gebracht. Eine Unterscheidung zwischen Heilmitteln zum innerlichen und äußerlichen Gebrauch wurde erstmals im Gesetz vom 21. Mai 1929 gemacht. Seit diesem Gesetz gab es nur für Branntwein zur Herstellung von Heilmitteln zum äußerlichen Gebrauch eine Vergünstigung und diese nur dann, wenn der Branntwein zu Genußzwecken unbrauchbar gemacht wurde. Branntwein für Heilmittel zum innerlichen Gebrauch konnte nur zum vollen (regelmäßigen) Verkaufspreis bezogen werden; eine Genußunbrauchbarmachung kam nicht in Frage, selbst wenn sie angeboten wurde. Der regelmäßige Verkaufspreis galt aber auch für Branntwein zur Herstellung von Heilmitteln zum äußerlichen Gebrauch, wenn der Verarbeiter die Genußunbrauchbarmachung ablehnte. Wenn nun das KontrRG Nr. 27 und nach ihm das Gesetz vom 21. Oktober 1948 eine Differenzierung in der Steuervergünstigung von Heilmittelbranntwein in der Weise gemacht hat, daß für den genußunbrauchbar gemachten Branntwein zur Herstellung von Heilmitteln für den äußerlichen Gebrauch nach dem Vorbild des Gesetzes vom 21. Mai 1929 ein besonderer ermäßigter Steuersatz beibehalten, daneben aber noch für Heilmittelbranntwein, der nicht genußunbrauchbar gemacht wird, ein zwar ebenfalls ermäßigter, aber höherer Steuersatz als für vergällten Heilmittelbranntwein geschaffen wurde, so kann hieraus die Folgerung, daß es sich bei diesem neuen Steuersatz nur um Heilmittel für den innerlichen Gebrauch handeln solle, um so weniger gezogen werden, als auch schon der Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Vorschrift eine solche Einschränkung nicht macht.

Demnach darf nach Auffassung des Senats zur Herstellung von Heilmitteln sowohl für den innerlichen wie für den äußerlichen Gebrauch (wie Franzbranntwein) Branntwein unvergällt zum Steuersatz von 850 DM für 1 hl Weingeist nach § 1 Abschnitt I Ziffer 2 des Gesetzes vom 21. Oktober 1948 zugeteilt werden.

II. Wie aber der Bundesminister der Finanzen mit Recht geltend macht, ist die Anwendung des Steuersatzes von 850 DM an die besondere Voraussetzung geknüpft, daß der Branntwein "zugeteilt" wird. An allen anderen Stellen des Steuertarifs, auch in Ziffer 3 a, heißt es schlechthin: "Branntwein zu", ohne daß von einer besonderen "Zuteilung" gesprochen wird. Der besonderen Wortfassung in Ziffer 2 muß also auch eine besondere Bedeutung zukommen. Nichts hätte gehindert, den gleichen Wortlaut "Zuteilung" auch bei den anderen Tarifstellen zu gebrauchen (z. B. Ziffer 5: für Branntwein, der zur Herstellung von Speiseessig zugeteilt wird) oder es hätte, wenn mit dem Wort "zugeteilt" in Ziffer 2 nichts Besonderes gesagt werden sollte, auch in Ziffer 2 gesagt werden können:

"für unvergällten Branntwein, der von ärzten, Krankenhäusern usw., für ärztliche usw. Zwecke verwendet wird."

Man darf annehmen, daß dem Kontrollrat bei Erlaß des Gesetzes Nr. 27 oder mindestens dem Gesetzgeber für das Gesetz vom 21. Oktober 1948 die Schwierigkeiten und schlimmen Erfahrungen bekannt waren, die von jeher mit der Verwendung von steuervergünstigtem unvergällten Branntwein zur Heilmittelherstellung gemacht wurden, und daß, als durch das KontrRG Nr. 27 für solchen Branntwein wieder eine Steuervergünstigung geschaffen wurde, die Abgabe solchen Branntweins von besonderen Vorbehalten und Vorsichtsmaßregeln abhängig gemacht werden sollte. Es ist sonach nicht von der Hand zu weisen, daß, wie der Bundesminister der Finanzen annimmt, die Monopolverwaltung vom Kontrahierungszwang bei der Lieferung von steuervergünstigtem unvergällten Heilmittelbranntwein befreit bleibt, daß die Zuteilung insoweit ihrem Ermessen überlassen bleiben sollte.

Hierzu ist zu sagen: Im Wesen des Branntweinmonopols als eines Staatsmonopols liegt dessen Verpflichtung, an jeden Besteller nach den gleichen Grundsätzen und Richtlinien Branntwein zu liefern (Kontrahierungszwang); der Monopolverwaltung ist es nicht, wie dem freien Kaufmann, gestattet, unter ihren Abnehmern eine Auswahl nach Willkür zu treffen und etwa dem einen Besteller Branntwein zu liefern, einem anderen aber, der unter gleichen Bedingungen bestellt, die Lieferung zu versagen. (Auf Ausnahmen gegenüber kriminellen Elementen braucht hier nicht eingegangen zu werden.) Dieser Kontrahierungszwang ist im Branntweinmonopolgesetz von 1922 nicht ausdrücklich ausgesprochen, wie dies in dem Entwurf eines Spiritusmonopolgesetzes von 1926 geschehen ist. Die Begründung zu diesem Entwurf führt aber aus, daß der Kontrahierungszwang dem geltenden Recht entspreche.

Dem § 87 Absatz 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (BrMonG), wonach die Monopolverwaltung unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Branntweinbestände bestimmt, in welcher Menge, zu welchen Zwecken und an wen Branntwein abzusetzen ist, kann nichts Gegenteiliges entnommen werden; denn diese Vorschrift spricht nicht, wie dies das Reichsgericht in seinem Urteil vom 19. November 1926 (RGZ Bd. 115 S. 253, 257) annimmt, gegen den Kontrahierungszwang, sie hat mit dem Kontrahierungszwang überhaupt nichts zu tun. Die Vorschrift gibt der Monopolverwaltung das Recht, die Zuteilung von Branntwein allgemein zu regeln, ihn zu bewirtschaften und besonders bei Spritknappheit zu rationieren. Wenn die Monopolverwaltung in ihren Bezugsbedingungen (BrMonG § 89 Absatz 1 Satz 2) oder durch sonstige allgemeine Anordnungen den Spritabsatz regelt, so liegt hierin noch kein Vertragsangebot an die Spritabnehmer. Ein Vertragsangebot geht erst vom Spritabnehmer mit seiner Bestellung aus, und erst in diesem Zeitpunkt kommt eine Verletzung des Kontrahierungszwangs in Frage, wenn die Monopolverwaltung die Annahme der Bestellung im Widerspruch zu der allgemeinen Bewirtschaftungsregelung ablehnt. Ein Verstoß läge z. B. vor, wenn die Monopolverwaltung eine Bestellung ablehnt, obwohl sie bekanntgegeben hat, daß Sprit zu der vom Besteller in Aussicht genommenen Verwendung in unbeschränkter Menge zur Verfügung steht, nicht aber, wenn sie auf Grund des § 87 Absatz 1 BrMonG die Spritlieferung allgemein einschränkt oder sperrt und auf Grund dieser Rationierungsmaßnahme eine Einzelbestellung ablehnt, wie dies bei der Entscheidung in RGZ Bd. 115 S. 253 der Fall war. Näheres siehe Hepp, Monopol- und Gewerbefreiheit in "Alkohol-Industrie" 1949 Nr. 21.

Diesen Kontrahierungszwang will die Vorschrift in § 1 Ziffer 2 des Gesetzes vom 21. Oktober 1948 nach Ansicht des Senats derart einschränken, daß die Monopolverwaltung in der Lage sein soll, die Lieferung von steuerfreiem unvergälltem Branntwein zur Herstellung von Heilmitteln (wie auch zu den sonstigen in § 1 Ziffer 2 genannten Zwecken) noch von besonderen Bedingungen, von einer besonderen Zuteilung abhängig zu machen. Die Monopolverwaltung soll insbesondere auch dann, wenn Sprit wegen ausreichender Bestände in beliebigen Mengen geliefert werden kann und auf Grund ihrer allgemeinen Verteilungsregelung geliefert werden muß, befugt sein, die Lieferung von steuerbegünstigtem unvergälltem Heilmittelbranntwein abzulehnen oder einzuschränken, sei es, daß sie z. B. ein Bedürfnis für die Bestellung nicht anerkennen kann, weil auch eine Verwendung von genußunbrauchbar gemachtem Branntwein möglich ist, oder daß sie mit unzureichender überwachungsmöglichkeit und dergl. rechnet. Dies muß entsprechend auch für Branntwein zur Herstellung von Franzbranntwein gelten. Damit ist die Lieferung von Heilmittelbranntwein nach § 1 Ziffer 2 des Gesetzes vom 21. Oktober 1948 in das Ermessen der Monopolverwaltung gestellt, wobei es selbstverständlich ist, daß Ermessensmißbrauch oder reine Willkür ausgeschlossen bleiben.

Zusammenfassend ist danach die Frage des Bundesministers der Finanzen wie folgt zu beantworten:

"Unvergällter Branntwein darf nach § 1 Abschnitt I Ziffer 2 des Gesetzes des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets vom 21. Oktober 1948 auch zur Herstellung von Heilmitteln zum äußerlichen Gebrauch, wie Franzbranntwein, zugeteilt werden. Ob und in welchem Umfange solcher Branntwein zugeteilt werden soll, bestimmt die Monopolverwaltung nach ihrem pflichtmäßigen Ermessen."

 

Fundstellen

Haufe-Index 407265

BStBl III 1951, 168

BFHE 1952, 425

BFHE 55, 425

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