Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Erklärung des Meistbietenden (A) im Versteigerungstermin, daß er für einen anderen (B) geboten habe - § 81 Abs. 3 ZVG -, ändert nichts daran, daß das Meistgebot des A nach § 1 Abs. 1 Ziff. 4 GrEStG der Steuer unterliegt.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Ziff. 4; ZVG § 81 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführer (Bf.) und der Fabrikant F. waren je zur Hälfte Miteigentümer verschiedener Grundstücke (und zwar die Bf. in allgemeiner Gütergemeinschaft des BGB). Auf Antrag der Bf. wurde zum Zweck der Aufhebung dieser Gemeinschaft die Zwangsversteigerung betrieben (§ 181 Abs. 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes - ZVG -, § 47 der Grundbuchordnung - GBO -; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 16. Auflage, 1957, Vorbemerkung 2 vor § 749). Im Versteigerungstermin am 19. Juli 1956 wurde seitens der Bf. (und zwar in allgemeiner Gütergemeinschaft des BGB) auf Grund eines Gesamtausgebots (§ 63 ZVG) das Meistgebot abgegeben.

Zu den versteigerten Grundstücken gehörten unter anderen die Grundstücke Gebäude Nr. 41 und Nr. 41/1. Im Versteigerungsprotokoll ist unter anderem beurkundet:

"Die Eheleute X. bieten nach mehreren Zwischengeboten 84.000 DM. Sie blieben damit Meistbietende. ... Ungeachtet der Aufforderung des Kommissärs wurde ein Gebot, insbesondere auf die anderen Arten der Versteigerung, nicht mehr abgegeben. Das letzte Gebot wurde durch dreimaligen Aufruf verkündet. Um 16.01 Uhr ist dann der Schluß der Versteigerung verkündet worden. ..... (Ehemann X.) erklärt, er habe das Meistgebot bezüglich Gebäude 41, 41/1 für die Firma Z. abgegeben zum Bargebot von 60.000 DM auf Gebäude 41/1, 24.000 DM auf Gebäude 41. ....."

Das Finanzamt erblickte in dem Meistgebot ein nach § 1 Abs. 1 Ziff. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) steuerpflichtiges Meistgebot der Eheleute X. und zog diese im Hinblick auf die Vorschrift des § 11 Ziff. 5 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) je zur Hälfte der für den gesamten Grundstückserwerb zu entrichtenden Gegenleistung zur Grunderwerbsteuer heran.

Die Bf. machen geltend, daß sie wegen der Grundstücke Gebäude 41 und 41/1 in unmittelbarer Stellvertretung für die Firma Z. tätig geworden seien und demnach insoweit nicht zur Steuer herangezogen werden könnten.

Die mit Zustimmung des Vorstehers des Finanzamts eingelegten Sprungberufungen wurden als unbegründet zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerden (- die sich, wie der Vertreter der Bf. in der mündlichen Verhandlung erklärte, auf die angefochtene Entscheidung ihrem ganzen Umfang nach erstrecken -) führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht.

Nach § 1 Abs. 1 Ziff. 4 GrEStG unterliegt der Steuer: "das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren". Der Auffassung der Bf., daß sie bei zwei Grundstücken als unmittelbare Stellvertreter der Firma Z. tätig geworden seien, ist vom Finanzgericht zu Recht widersprochen worden. Nach § 81 Abs. 2 ZVG ist der Zuschlag bei Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot an einen anderen und übernahme der Verpflichtungen durch diesen nicht dem Meistbietenden, sondern dem anderen (im § 81 Abs. 4 ZVG nach Erteilung des Zuschlags "Ersteher" genannt) zu erteilen. Das gleiche gilt nach § 81 Abs. 3 ZVG unter den dort angeführten Voraussetzungen dann, wenn der Meistbietende im Termin oder nachträglich in einer öffentlich beglaubigten Urkunde erklärt, daß er für einen anderen geboten habe. Eine Erklärung der letztgenannten Art ist im Streitfall, nachdem der Schluß der Versteigerung verkündet worden war, abgegeben worden. Erklärender war allerdings, wie das Versteigerungsprotokoll ergibt, statt der beiden Bf. nur der beschwerdeführende Ehemann, obwohl während der Versteigerung die Gebote von beiden Bf. gemeinsam abgegeben wurden und nach dem Versteigerungsprotokoll auch beide Bf. Meistbietende blieben. Das Finanzgericht ist aber, ohne es ausdrücklich auszusprechen, davon ausgegangen, daß der Bf. zu 1 diese Erklärung auch für die Beschwerdeführerin zu 2 abgegeben hat. Der gleichen Ansicht waren offenbar der Zwangsversteigerungskommissär und das für die Eintragung des Eigentumswechsels zuständige Grundbuchamt. Der Senat nimmt gleichfalls an, daß die Erklärung gemäß § 81 Abs. 3 ZVG von beiden Bf. abgegeben worden ist.

Wie bereits der Reichsfinanzhof in dem Urteil II A 176/27 vom 7. Mai 1927 (Steuer und Wirtschaft 1927 Nr. 409 Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz 1919/1927 § 5 Abs. 4 Nr. 4 Rechtsspruch 2) zur Rechtsnatur derartiger Erklärungen ausgeführt hat, ist die Erklärung nach § 81 Abs. 3 ZVG in Wirklichkeit nichts anderes als eine Abtretung unter Angabe des Beweggrunds. Die Fälle des § 81 Abs. 3 ZVG werden auch im Schrifttum zum Zwangsversteigerungsrecht als stille Stellvertretung angesehen. Siehe dazu Wilhelmi-Vogel, Zwangsversteigerungsgesetz, 4. Aufl. 1956, Anmerkung 5 zu § 81 (S. 149). Dort wird ausgeführt:

"Die stille Vertretung (Abs. 3) erfordert im Gegensatz zu § 71 Abs. 2 nur, daß bis zum VerkTerm. die formgerechte Erklärung des Vertretenen (neben der des Vertreters) vorgelegt wird. Bei ihrem Fehlen wird dem Meistbietenden ohne Rücksicht auf das angebliche Vertragsverhältnis der Zuschlag erteilt. Der Bieter bietet im eigenen Namen, die Sicherheitsleistung und Prüfung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach seiner Person, er haftet für die Verpflichtungen aus dem Meistgebot persönlich (neben dem Vertretenen), seine Erklärung nach § 81 Abs. 3 muß protokolliert werden. Der Vertretene muß ebenfalls erwerbsfähig sein. ..."

Der Senat schließt sich der vom Reichsfinanzhof und im Schrifttum zum ZVG übereinstimmend vertretenen Auffassung an. Siehe dazu auch das Urteil des Senats II 206/55 U vom 8. Februar 1956 (Slg. Bd. 62 S. 253, Bundessteuerblatt 1956 III S. 93).

Dafür, daß in den Fällen des § 81 Abs. 3 ZVG eine stille Stellvertretung vorliegt, spricht auch, daß der Meistbietende in diesen Fällen nach § 81 Abs. 4 ZVG für die Verpflichtungen aus dem Meistgebot haftet. Für eine derartige Regelung würde ein innerer Grund fehlen, wenn der Meistbietende die Rechtsstellung eines unmittelbaren Stellvertreters hätte. Die Regelung wird erst sinnvoll, wenn angenommen wird, daß der Meistbietende stiller Stellvertreter ist. Nur in diesem Fall kann unterstellt werden, daß zur Vermeidung von Meinungsverschiedenheiten eine Klarstellung getroffen werden sollte.

Im Streitfall ist noch aus einem anderen Grunde davon auszugehen, daß die Bf. als mittelbare Stellvertreter tätig wurden. Das wegen der verschiedenen Grundstücke abgegebene Meistgebot war ein Gesamtausgebot (§ 63 ZVG). Das Gesamtausgebot kann nur wegen aller Grundstücke einheitlich abgegeben werden. Ein Gesamtausgebot für einen Teil der zu versteigernden Grundstücke ist nur zulässig, wenn diese Grundstücke mit einem und demselben Recht belastet sind (§ 63 Abs. 2 Satz 1 ZVG) oder wenn das Zwangsversteigerungsgericht das Gesamtausgebot einiger der Grundstücke anordnet (§ 63 Abs. 2 Satz 2 ZVG). Beide Sonderfälle sind hier nicht gegeben. Die Rechtsauffassung der Bf. würde bedeuten, daß für die in Betracht kommenden zwei Grundstücke ein Einzelausgebot stattgefunden hätte. Das ist jedoch ohne eine dahingehende Anordnung des Gerichts nach der zwingenden Vorschrift des § 63 Abs. 2 ZVG ausgeschlossen.

Die Bf. sind demnach für alle Grundstücke persönlich Meistbietende geblieben. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, daß sie auch grunderwerbsteuerlich als solche behandelt werden.

Ob der Erwerb der Grundstücke durch die Firma Z. als ein weiterer grunderwerbsteuerlicher Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 7 GrEStG anzusehen ist oder nicht, braucht in diesem Rechtsstreit nicht erörtert zu werden.

Die Ausführungen des Finanzamts, die Bf. hätten die Grundstücke der Firma Z. gegen einen nicht unerheblichen Preisaufschlag überlassen, was vielleicht gleichfalls für eine mittelbare und gegen eine unmittelbare Stellvertretung sprechen könnte, kann als neues tatsächliches Vorbringen in dieser Instanz nicht mehr berücksichtigt werden.

Soweit die Bf. einen Verfahrensmangel rügen, weil das Finanzgericht keine Beweise dafür erhoben hat, daß die Bf. für die Firma Z. geboten haben, kann ihnen nicht gefolgt werden. Es kommt nicht darauf an, wessen Interessen, wirtschaftlich betrachtet, durch die Bf. wahrgenommen wurden, sondern darauf, ob die Bf. im Versteigerungstermin vor Schluß der Versteigerung nach außen hin als unmittelbare Stellvertreter der Firma Z. tätig wurden. Wie auch das Finanzgericht festgestellt hat, war dies nicht nicht Fall, weil die Bf. dem Miteigentümer F., der nach dem Versteigerungsprotokoll fortgesetzt Gebote abgab, zur Steigerung seiner Gebote keinen Anreiz geben wollten. Ob der Zwangsversteigerungskommissär davon wußte, daß die Bf. für die Rechnung der Firma Z. tätig wurden, kann dahingestellt bleiben. Es kommt nicht darauf an, ob die Bf. für Rechnung eines anderen handelten, sondern darauf, daß sie mit einem im eigenen oder fremden Namen abgegebenen Gebot Meistbietende blieben.

Die angefochtene Entscheidung unterliegt dennoch der Aufhebung. Nach dem Vorbringen der Bf. in der Berufungsinstanz ist ihnen vor dem Versteigerungstermin von dem dafür zuständigen Beamten des zuständigen Finanzamts die Auskunft erteilt worden, daß eine Grunderwerbsteuer nur einmal zu erheben sei, soweit der Zwangsversteigerungskommissär die Abgabe einer Erklärung gemäß § 81 Abs. 3 ZVG auch für einige der insgesamt zu versteigernden Grundstücke zulasse. In der mündlichen Verhandlung ist geltend gemacht worden, daß die Bf. sich ohne diese Auskunft zu Maßnahmen entschlossen hätten, durch die eine Doppelbesteuerung vermieden worden wäre. Darüber, daß nach Treu und Glauben auch mündlich erteilte Auskünfte unter Umständen rechtserheblich sein können, wird auf die Urteile des Bundesfinanzhofs II 12/57 U vom 6. März 1957 (Slg. Bd. 64 S. 464, Bundessteuerblatt 1957 III S. 173) und IV 541/55 U vom 22. August 1957 (Slg. Bd. 65 S. 354, Bundessteuerblatt 1957 III S. 366) hingewiesen. Es bedarf somit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts. Erforderlich ist, über den genaueren Inhalt der den Bf. erteilten Auskunft Ermittlungen anzustellen (- das Finanzamt stellt in Abrede, daß den Bf. eine Auskunft des von diesen behaupteten Inhalts erteilt worden sei -). Sollte sich die Darstellung der Bf. als richtig erweisen, so wäre außerdem aufzuklären, zu welchen Maßnahmen sich die Bf. bei Erteilung der richtigen Auskunft entschlossen hätten und ob diese Maßnahmen geeignet gewesen wären, den von ihnen angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ohne Doppelbesteuerung zu erreichen.

Die angefochtene Entscheidung war somit aufzuheben und die nicht spruchreife Sache zur weiteren Prüfung und erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen. Diesem waren auch die Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde und die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes zu übertragen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409059

BStBl III 1958, 336

BFHE 1959, 168

BFHE 67, 168

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