Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Ist ein Wohnungsbauzuschuß, den ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer gibt, wider Erwarten der Beteiligten nicht nach § 7c EStG abzugsfähig (sogenannter verunglückter § 7c-Zuschuß), so kann er trotzdem nach den allgemeinen bilanzsteuerlichen Grundsätzen als Betriebsausgabe abzugsfähig sein.

Ist der Zuschuß eine Betriebsausgabe, so ist zu prüfen, ob er im Jahr der Verausgabung voll abgesetzt werden kann oder auf mehrere Wirtschaftsjahre zu verteilen ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, §§ 5, 7c

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) gewährte im Wirtschaftsjahr 1951/1952 einem Angestellten einen Zuschuß von 14 000 DM zum Bau eines Einfamilienhauses, und zwar davon 7 000 DM im zweiten Halbjahr 1951 und weitere 7 000 DM im ersten Halbjahr 1952. Am 17. Januar 1952 hatte das Amt für Wohnungswesen der Bfin. bestätigt, daß außer dem im zweiten Halbjahr 1951 hingegebenen Betrag auch im Jahre 1952 ein weiterer Zuschuß von 7 000 DM gegeben werden könne. Das Finanzamt erhöhte den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1951/1952 um die im Jahre 1952 gezahlten weiteren 7 000 DM, die es als nicht abzugsfähig ansah.

Das Finanzgericht gab der Berufung in diesem Punkt nicht statt. Es führte im wesentlichen aus: Nach § 7c des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1951 gelte die Begünstigung nur für Zuschüsse bis zu höchstens 7 000 DM je Wohnung. Die überleitungsvorschrift des § 10b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1951, die unter bestimmten Voraussetzungen auch höhere Zuschüsse begünstige, sei nicht anwendbar. Aus der Bescheinigung des Amts für Wohnungswesen könne die Bfin. keine Rechte herleiten. Das Finanzamt habe nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn es der Bescheinigung nicht gefolgt sei.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) vertritt die Bfin. die Auffassung, der Zuschuß hätte auf jeden Fall abgesetzt werden müssen, weil er an einen Angestellten gegeben worden, also Betriebsausgabe sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Die Ausführungen des Finanzgerichts über die Nichtbegünstigung der im Jahre 1952 gegebenen weiteren 7 000 DM gemäß § 7c EStG 1951 sind rechtlich einwandfrei. Wegen der in § 7c EStG 1951 enthaltenen Beschränkung des Zuschusses auf insgesamt höchstens 7 000 DM je Wohnung konnte der im ersten Halbjahr 1952 hingegebene weiter Zuschuß von 7 000 DM nicht begünstigt werden. Auch die Anwendung der überleitungsvorschrift des § 10b Abs. 1 EStDV hat das Finanzgericht zutreffend abgelehnt. Sie setzt voraus, daß die weiteren Zuschüsse in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1951 gegeben worden sind; daran hat auch Abschn. 71 Abs. 7 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1951 nicht geändert, der im übrigen als Verwaltungsanweisung die Steuergerichte, die nur nach dem Gesetz zu urteilen haben, nicht bindet. Das Finanzgericht hat auch der Bescheinigung des Amts für Wohnungswesen zutreffend keine rechtliche Bedeutung beigemessen (vgl. die Entscheidung des erkennenden Senats I 86/55 U vom 8. November 1955, Slg. Bd. 62 S. 50, Bundessteuerblatt - BStBl - 1956 III S. 20).

Das Finanzgericht hätte aber, wie die Bfin. zutreffend rügt, ohne Rücksicht auf die Anwendbarkeit des § 7c EStG prüfen müssen, ob der Zuschuß, weil er an einen Angestellten gegeben worden war, nicht nach allgemeinen Grundsätzen eine Betriebsausgabe war. Der Senat hat in der Entscheidung I 207/55 U vom 9. Oktober 1956 (Slg. Bd. 63 S. 484, BStBl 1956 III S. 382) ausgesprochen, daß Wohnungsbaudarlehen, für die die Beteiligten wider Erwarten die Steuervergünstigung des § 7c EStG nicht erhalten (sogenannte verunglückte § 7c-Darlehen) nach den allgemeinen bilanzsteuerlichen Grundsätzen zu behandeln seien. Dasselbe gilt für einen sogenannten verunglückten § 7c-Zuschuß, wie er im Streitfall vorliegt. Nach allgemeinen Grundsätzen kann ein Unternehmer Aufwendungen, die er mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis an einen Angestellten macht, als Betriebsausgabe behandeln. Ob dem Arbeitnehmer in gleicher Höhe Arbeitslohn zufließt, ist unerheblich. Der Arbeitgeber kann aber nach dynamischer Bilanzbetrachtung eine solche Betriebsausgabe als Aufwand im Jahr der Ausgabe nur insoweit verrechnen, als bei wirtschaftlicher Betrachtung der Aufwand nicht auch späteren Wirtschaftsjahren zugute kommt und deshalb auf die Wirtschaftsjahre, denen er zugute kommt, verteilt werden muß. Eine solche Verteilung wird bei größeren Wohnungsbauzuschüssen, die Angestellten gewährt werden, oft geboten sein. Denn der Unternehmer wird mit solchen Zuschüssen im allgemeinen Bedingungen verknüpfen, die einen betrieblichen Vorteil für längere Zeit gewährleisten. Es ist im Streitfall bisher nicht festgestellt worden, unter welchen Bedingungen die Bfin. dem Angestellten den Zuschuß gegeben hat und ob damit zu rechnen ist, daß der aus dem Zuschuß entstandene Aufwand dem Unternehmen der Bfin. für mehrere Wirtschaftsjahre zugute kommt.

Das angefochtene Urteil wird deswegen aufgehoben und die nicht spruchreife Sache wird zur erneuten Prüfung im Sinne der vorstehenden Rechtsausführungen an das Finanzgericht zurückverwiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408709

BStBl III 1957, 160

BFHE 1957, 426

BFHE 64, 426

BB 1957, 428

DB 1957, 371

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