Entscheidungsstichwort (Thema)

Doppelte Haushaltsführung bei außerehelichem Verhältnis

 

Leitsatz (NV)

1. Eine doppelte Haushaltsführung i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG ist nicht gegeben, wenn zwar die Ehefrau und gemeinsame Kinder in der Wohnung am bisherigen Wohnort verbleiben, der Steuerpflichtige aber am Beschäftigungsort auf Dauer mit einer anderen Frau und sieben gemeinsamen Kindern in einem eigenen Hausstand lebt.

2. Das gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige den Familienhausstand am bisherigen Wohnort weiterführt, der Hausstand mit den vorgenannten Personen am Beschäftigungsort aber den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen bildet (Anschluß an das BFH-Urteil vom 25. März 1988 VI R 32/85, BFHE 152, 533, BStBl II 1988, 582).

 

Normenkette

EStG 1980 § 9 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ausländischer Staatsangehöriger und in A tätig. Er bezog im Streitjahr 1980 als Arbeitnehmer einen Bruttoarbeitslohn von X-DM. Er ist seit 1954 verheiratet und hat mit seiner Ehefrau acht Kinder. Sechs Kinder leben mit der Mutter im Ausland, zwei Kinder wohnen beim Kläger in A. Dieser lebt dort seit etwa 1970 mit einer arbeitslosen Ausländerin zusammen, mit der er sieben nichteheliche Kinder hat. Er führt mit ihr einen gemeinsamen Haushalt in einer Wohnung mit vier Zimmern und einer Wohnfläche von 111 qm. Die monatliche Miete betrug im Streitjahr 582 DM. Die Frau, mit der der Kläger zusammenlebt, versorgt den Haushalt und betreut die zum Teil noch kleinen Kinder. Seinen Jahresurlaub verbringt der Kläger bei seiner Ehefrau im Ausland, die er auch finanziell unterstützt.

In seinem Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich 1980 machte der Kläger als Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung Kosten für zwei Flugreisen in das Heimatland von 1 640 DM, Mietaufwendungen in Höhe von 6 984 DM (12 x 582 DM) und Mehraufwendungen für Verpflegung von 4 480 DM (14 DM pro Tag x 320 Tage) als Werbungskosten geltend. In dem geänderten Lohnsteuer - Jahresausgleichsbescheid vom 2. März 1982 erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die doppelte Haushaltsführung dem Grunde nach an, ließ jedoch nur Aufwendungen für eine Familienheimfahrt von 820 DM und Aufwendungen für Miete von 1 920 DM (12 ... 160 DM) zum Abzug zu. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte in dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 173 veröffentlichten Urteil u. a. aus:

Es könne zweifelhaft sein, ob der Kläger einen doppelten Haushalt geführt habe, weil er möglicherweise einen eigenen Hausstand am Beschäftigungsort unterhalten habe. Denn in einem solchen Fall erkenne der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung nicht an (vgl. Urteile vom 21. Januar 1972 VI R 95/71, BFHE 104, 193, BStBl II 1972, 262, und vom 2. Februar 1979 VI R 108/75, BFHE 127, 37, BStBl II 1979, 338). Diese Frage könne jedoch dahingestellt bleiben, weil auch bei Bejahung einer doppelten Haushaltsführung dem Grunde nach nicht mehr Werbungskosten anerkannt werden könnten, als das FA im berichtigten Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheid vom 2. März 1982 berücksichtigt habe.

Gegen dieses Urteil legte der Kläger Revision ein. Er rügt sinngemäß die unzutreffende Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung des FA vom 24. Mai 1982 aufzuheben und den Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheid 1980 dahin abzuändern, daß weitere 10 364 DM Werbungskosten berücksichtigt werden, sowie hilfsweise, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Die Revision hat keinen Erfolg, weil die doppelte Haushaltsführung des Klägers für das Streitjahr 1980 schon dem Grunde nach nicht anzuerkennen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Entscheidungen in BFHE 104, 193, BStBl II 1972, 262, und vom 29. November 1974 VI R 77/73, BFHE 115, 23, BStBl II 1975, 459) setzt eine doppelte Haushaltsführung i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG voraus, daß der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort wohnt, einen eigenen Hausstand jedoch nicht am Beschäftigungsort, sondern an einem anderen Ort beibehält. Es muß also eine Aufsplitterung der üblicherweise einheitlichen Haushaltsführung auf zwei verschiedene Haushalte eingetreten sein. Wie der Senat in der Entscheidung vom 25. März 1988 VI R 32/85, BFHE 152, 533, BStBl II 1988, 582 ausgeführt hat, liegt eine doppelte Haushaltsführung aber dann nicht mehr vor, wenn der am Beschäftigungsort lebende Arbeitnehmer mit einer anderen Frau auf Dauer in einem eheähnlichen Verhältnis lebt und dort mit aus dieser Verbindung hervorgegangenen Kindern einen neuen Hausstand begründet hat. Auf die Entscheidung wird im einzelnen Bezug genommen.

Von diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall auszugehen. Nach den Feststellungen des FG lebt der Kläger etwa seit 1970 an seinem Beschäftigungsort A mit einer Frau zusammen, mit der er sieben nichteheliche Kinder hat. Er hat in A einen neuen Hausstand in einer Wohnung mit vier Zimmern und einer Wohnfläche von 111 qm begründet. Der Hausstand wird vom Kläger unterhalten, da die Frau, mit der er in A zusammenlebt, nach den Feststellungen des FG seit 1979 arbeitslos ist und die Kinder versorgt. Wie der Kläger in dem Erörterungstermin beim FG am 8. August 1984 hervorgehoben hat, lebt er mit der vorgenannten Frau auch auf Dauer zusammen.

Entsprechend den Ausführungen des Senats im Urteil zu Az. VI R 32/85 kommt es nicht darauf an, ob der Kläger den Hausstand im Ausland, in dem seine Ehefrau mit sechs ihrer acht gemeinsamen Kinder lebt, dadurch weiterhin unterhält, daß er an dem dortigen hauswirtschaftlichen Leben sich sowohl finanziell als auch durch seine persönliche Mitwirkung maßgebend beteiligt. Denn beim Vorliegen von zwei eigenen Hausständen ist im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG auf den Hausstand abzustellen, der als Mittelpunkt der Lebensinteressen des Klägers anzusehen ist. Den Mittelpunkt der Lebensinteressen hatte der Kläger im Streitjahr 1980 nach allgemeiner Lebenserfahrung in dem Hausstand in A, da er dort seit etwa 1970 ständig und auf Dauer mit einer anderen Frau und den aus dieser Verbindung hervorgegangenen sieben nichtehelichen Kindern und zwei ehelichen Kindern zusammenlebt und von dort seiner beruflichen Tätigkeit täglich nachgeht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415700

BFH/NV 1988, 706

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