Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob die von einer Mineralölfirma an den Vorsitzenden einer Erdöl-Interessentenschaft gezahlten Förderzinsen das Entgelt für umsatzsteuerbare Leistungen der Interessentenschaft oder der einzelnen Grundeigentümer darstellen.

 

Normenkette

UStG 1951 § 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1, 3; UStDB 1951 § 10

 

Tatbestand

Am ..... 1932 schlossen zahlreiche Grundeigentümer der Gemarkung A mit der Mineralölgesellschaft B (im folgenden: AG bzw. Mineralölfirma) einen "Bohr- und Ausbeute-Vertrag", durch den die Grundbesitzer für sich und ihre Rechtsnachfolger der AG das ausschließliche Recht einräumten, auf den ihnen gehörigen oder ihrer Verfügungsmacht unterliegenden, in der Gemarkung A belegenen Grundstücken nach Erdöl, Erdgas und allen sonstigen bituminösen Stoffen zu suchen und die dazu erforderlichen Arbeiten in beliebiger Weise vorzunehmen. Bei Fündigwerden sollte die AG berechtigt sein, die gefundenen Stoffe beliebig auszubeuten, sie sich anzueignen und nach ihrem Ermessen darüber zu verfügen. Die Grundeigentümer erklärten sich damit einverstanden, die der AG aus dem Vertrage zustehenden Rechte durch Bestellung einer beschränkten persönlichen, der Ausübung nach übertragbaren Dienstbarkeit auf ihren Grundstücken durch Eintragung in das Grundbuch sicherzustellen und bewilligten und beantragten gleichzeitig die Eintragung, die im Jahre 1952 erfolgte.

Die "einzelnen Grundeigentümer" hatten - unabhängig vom Vorhandensein und Auffinden von Mineralien und von der Inbenutzungnahme von Grundstücken -, solange in der Gemarkung Erdöl nicht gefördert wurde, einen Anspruch auf "Wartegeld". Wurde das Gelände für Bohrungen in Benutzung genommen, so stand dem "jeweiligen Grundeigentümer" eine "Entschädigung" zu, deren Höhe sich nach dem Umfange der in Anspruch genommenen Grundstücksoberfläche richtete. Für das geförderte Rohöl hatte die AG "an die Gesamtheit der beteiligten Grundeigentümer" einen Förderzins von ... v. H. zu zahlen. In dem Vertrage heißt es wörtlich: "Die beteiligten Grundeigentümer sind darüber einig, daß ... v. H. des gesamten Förderzinses an die Gesamtheit derjenigen von ihnen, auf deren Grundstücken im Abrechnungszeitraum gefördert wird, im voraus zur Verteilung gelangen, und zwar in dem Verhältnis, in dem die Grundstücke des einzelnen an der Förderungsmenge beteiligt sind. Die restlichen ... v. H. des Förderzinses sind an die Gesamtheit der beteiligten Grundeigentümer nach Verhältnis der Größe ihres durch den Vertrag gebundenen Grundbesitzes zu verteilen."

"Zur Vertretung ihrer Interessen gegenüber dem Unternehmer" (AG) bildeten die beteiligten Grundstückseigentümer gemäß § ... des Vertrages eine "Interessentenschaft", die Klägerin und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige). Wartegeld und Förderzins waren seitens der AG an den Vorsitzenden der Interessentenschaft, Oberflächenentschädigung sowie ein etwaiger Schadensersatz bei Schäden aller Art unmittelbar an den betreffenden Grundeigentümer zu zahlen. Im einzelnen wurde in § ... des Vertrages unter der Überschrift "Interessentenschaft und Vertretung" u. a. folgendes bestimmt:

"Der Vorsitzende der Interessentenschaft gilt als ermächtigt, die gemäß § ... an ihn zu leistenden Zahlungen in Empfang zu nehmen und rechtsgültig darüber zu quittieren. Derartige Quittungen entlasten den Unternehmer voll und ganz.

Falls die Grundeigentümer es unterlassen, für die Interessentenschaft einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden zu ernennen, hat der Unternehmer seine Zahlungsverpflichtungen erfüllt, wenn er die nach diesem Vertrage zu leistenden Zahlungen bei der Spar- und Leihkasse des Landkreises ... zugunsten der Interessentenschaft der beteiligten Grundeigentümer hinterlegt.

Der Vorsitzende der Interessentenschaft kann alle den Grundeigentümern gegen den Unternehmer zustehenden Rechte im eigenen Namen gerichtlich und außergerichtlich geltend machen. Neben dem Vorsitzenden der Interessentenschaft ist jedoch auch jeder Grundeigentümer berechtigt, die ihm zustehenden Ansprüche im eigenen Namen gerichtlich oder außergerichtlich geltend zu machen, den Anspruch auf Förderzins und Wartegeld jedoch nur nach Maßgabe seiner Oberflächenbeteiligung. Über Kündigung enthält der § ... die maßgeblichen Bestimmungen.

Sämtliche für die Gesamtheit bestimmten Erklärungen und Anfragen können durch den Unternehmer an den Vorsitzenden der Interessentenschaft allein gerichtet werden. Der Vorsitzende der Interessentenschaft erhält von den Grundeigentümern für die Verteilung des Wartegeldes und der sonstigen Vertragsentgelte ... % der zur Verteilung kommenden Vertragsentgelte."

In § ... des Vertrages wurde bestimmt, daß der Vertrag von der AG einerseits und von der "Gesamtheit der Grundeigentümer" andererseits nur "im ganzen" gekündigt werden könne.

Streitig ist für den Veranlagungszeitraum 1962

1. ob die von der AG an den Vorsitzenden der Steuerpflichtigen (Interessentenschaft) gezahlten Förderzinsen das Entgelt für steuerbare Leistungen der Steuerpflichtigen oder der einzelnen Grundeigentümer darstellen,

2. ob, falls Leistungen der Steuerpflichtigen vorliegen, diese umsatzsteuerpflichtig oder gemäß § 4 Nr. 10 UStG 1951 umsatzsteuerfrei sind.

Der Beklagte und Revisionskläger (FA) vertrat die Auffassung, die Förderzinsen seien das Entgelt für steuerbare Leistungen der Steuerpflichtigen; die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 10 UStG 1951 komme entsprechend dem (amtlich nicht veröffentlichten, den Parteien aber bekannten) Urteil des BFH V 99/58 vom 31. Mai 1961 wegen wesentlicher pachtfremder Elemente des Bohr- und Ausbeute-Vertrages nicht zur Anwendung. Das FA zog daher die Steuerpflichtige mit den Förderzinsen zur Umsatzsteuer heran. Nach erfolglosem Einspruch setzte das FG im Klageverfahren unter Aufhebung des Steuerbescheids und des Einspruchsbescheids die Umsatzsteuer der Steuerpflichtigen auf 0 DM herab. In der Vorentscheidung wird im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Zwischen der Steuerpflichtigen und der AG habe ein Leistungsaustausch hinsichtlich der Überlassung der Bohrund Ausbeuterechte nicht stattgefunden. Das FA gehe zu Recht davon aus, daß gemäß § ... des Vertrages die Ansprüche auf Wartegeld und Oberflächenentschädigung jedem einzelnen Grundeigentümer zuständen und insoweit der Leistungsaustausch zwischen diesem und der AG stattfinde. Wartegeld und Oberflächenentschädigung würden dafür gezahlt, daß der Grundeigentümer der AG sein Bohr- und Ausbeuterecht eingeräumt habe. Es handele sich um ein auf dem Grundeigentum beruhendes einheitliches Recht, das sich nicht nach den verschiedenen von der AG gezahlten Nutzungsentgelten aufspalten lasse. Es sei wirtschaftlich und technisch undenkbar, daß die Mineralölfirma nur bohre, ohne fördern zu wollen, oder umgekehrt ausbeute, ohne vorher gesucht und gebohrt zu haben. Das Bohr- und Ausbeuterecht könne der AG nur einheitlich, und zwar entweder von den einzelnen Grundeigentümern oder zusammengefaßt von der Steuerpflichtigen eingeräumt worden sein. Daher müsse, wenn hinsichtlich des Wartegeldes und der Oberflächenentschädigung ein Leistungsaustausch zwischen den Grundeigentümern und der AG stattgefunden habe, das gleiche zwangsläufig auch für den Förderzins gelten.

Die Steuerpflichtige habe zwar bei dem Leistungsaustausch mitgewirkt, aber nur auf der Entgeltseite, indem sie den Förderzins für die einzelnen Grundeigentümer vereinnahmt und an sie weitergeleitet habe. Der AG sei - wie ihre bei den Akten befindlichen Vierteljahrsabrechnungen zeigten - die Höhe des auf jeden Hektar entfallenden Förderzinses und der Umfang der jedem Mitglied gehörenden "Vertragsfläche" bekannt gewesen, so daß sie in der Lage gewesen wäre, den dem einzelnen Grundeigentümer zustehenden Förderzins selbst zu berechnen. Die Einschaltung der Steuerpflichtigen habe der leichteren Abwicklung und der Beteiligung auch derjenigen Grundeigentümer, auf deren Grundbesitz sich keine Bohrstellen befanden, gedient. Der Zusammenschluß der Grundeigentümer in der Interessentenschaft sei als eine Art Gewinngemeinschaft zu beurteilen, die steuerbare Umsätze nicht ausführe. Das Recht, ihre Ansprüche im eigenen Namen einzuklagen, sei den einzelnen Grundeigentümern im Vertrage ausdrücklich belassen worden. Das FA habe daher zu Unrecht die Steuerpflichtige als Steuerschuldner zur Umsatzsteuer herangezogen.

Bei dieser Rechtslage könne die Frage, ob Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 10 UStG zu gewähren sei, dahingestellt bleiben.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere der §§ 1 bis 3 UStG 1951 und des § 7 UStDB 1951. Es führt im wesentlichen aus: Die Annahme des FG, das Bohr- und Ausbeuterecht sei einheitlich und nicht teilbar, treffe nicht zu. Außerdem habe tatsächlich weder eine wirtschaftliche noch eine technische Aufspaltung dieses Rechts stattgefunden. Die Frage sei vielmehr,

"a) ob die einzelnen Rechte nur direkt von den einzelnen Grundeigentümern auf die Gesellschaft übertragen werden konnten und auch übertragen worden sind (so das FG)

oder

b) ob für Zwecke der Übertragung, Verwaltung und Geltendmachung die Gesellschaft als Träger der Ausbeuterechte zwischengeschaltet werden konnte und auch zwischengeschaltet worden ist" (so das FA).

Die Richtigkeit der Ansicht zu b) ergebe sich eindeutig aus § ... des Vertrages. Danach sei die Interessentenschaft (Steuerpflichtige) zur Vertretung der Interessen der Grundeigentümer gegenüber der Mineralölgesellschaft (AG) gebildet und der Vorsitzende der Interessentenschaft zur gerichtlichen und außergerichtlichen Geltendmachung der den Grundeigentümern zustehenden Rechte im eigenen Namen sowie zur Inempfangnahme des gesamten Förderzinses mit befreiender Wirkung für die AG ermächtigt worden. Die Bindung der Ausbeuterechte der Grundeigentümer in der Interessentenschaft folge auch aus dem Ausschluß von Einzelkündigungen. Die Grundeigentümer hätten im eigenen Interesse und im Interesse der AG ihre Ausbeutungsrechte in die Steuerpflichtige eingebracht, um den Förderzins gerecht zu verteilen und den einzelnen Mitgliedern die Verwaltungsarbeit abzunehmen. Gegen die Annahme des FG, die Steuerpflichtige sei eine bloße Gewinngemeinschaft, spreche ferner die Entstehungsgeschichte der Steuerpflichtigen sowie ihr Recht, den gesamten Vertrag - nicht etwa einzelne Verträge - bei Nichteinhaltung der Bohrverpflichtung der AG einseitig aufzuheben. Andererseits sei die Klagebefugnis des einzelnen Grundeigentümers vom FG überbewertet worden; das FG habe nicht festgestellt, daß von ihr Gebrauch gemacht worden wäre; aus dem Verzicht der Grundeigentümer auf ihr Einzelkündigungsrecht zugunsten der Steuerpflichtigen sei zu schließen, daß diese die umsatzsteuerliche Leistung des Duldens der Ausbeutung der AG gegenüber erbringe. Der Streitfall stimme in allen wesentlichen Punkten mit dem Fall des (amtlich nicht veröffentlichten, den Parteien aber bekannten) BFH-Urteils V 30/58 vom 19. November 1959 überein, in dem der erkennende Senat ebenfalls die Interessentenschaft der Grundeigentümer hinsichtlich des Ausbeuterechts als den Vertragspartner der Mineralölgesellschaft angesehen habe.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA hat keinen Erfolg.

1. Es ist dem FA darin zuzustimmen, daß die These des FG von der Einheit von Bohrrecht und Ausbeuterecht bedenklich ist. Es ist nicht einzusehen, warum nicht das Bohrrecht, das nur das eigene Grundstück betrifft, vom einzelnen Grundeigentümer, das Ausbeuterecht dagegen, das wegen des Ölflusses die Ausbeuterechte der benachbarten Grundeigentümer in Mitleidenschaft zieht, über ein eigens hierfür ins Leben gerufenes Rechtsgebilde an eine Mineralölfirma übertragen werden kann. Die Tatsache, daß das "Wartegeld", das nach ähnlichen Gesichtspunkten an die Grundeigentümer verteilt wird wie der Förderzins "jedem einzelnen Grundeigentümer" zusteht und trotzdem nach § ... des Vertrages an den Vorsitzenden der Interessentenschaft abzuführen ist, macht allerdings zweifelhaft, warum für den Förderzins eine andere Regelung gelten soll. Die Frage kann dahingestellt bleiben, weil andere Überlegungen das Ergebnis der Vorinstanz bestätigen.

2. Die Annahme eines steuerbaren Umsatzes setzt u. a. voraus, daß zwischen einem Unternehmer und einem anderen (Leistungsempfänger) ein Leistungsaustausch stattfindet (§ 1 Nr. 1 UStG 1951). Leistung und Gegenleistung müssen in einem ursächlichen Zusammenhang stehen. Auf den Streitfall angewendet bedeutet dies: Das Vorliegen eines steuerbaren Umsatzes zwischen der Steuerpflichtigen und der AG erfordert, daß der Förderzins die Gegenleistung, das Entgelt, für eine Leistung der Steuerpflichtigen ist - mit anderen Worten, daß der Förderzins von der AG gezahlt wird, um eine entsprechende Leistung der Steuerpflichtigen zu erhalten (§ 10 UStDB 1951).

3. Das FA erblickt die Leistung der Steuerpflichtigen in der "Übertragung, Verwaltung und Geltendmachung" der Ausbeuterechte der Grundeigentümer. Diese Aufzählung der Leistungselemente ist widerspruchsvoll; denn ein Berechtigter kann ein Recht, das er auf einen anderen "übertragen" hat, nicht mehr "verwalten" und "geltend machen". Präziser ist das weitere Vorbringen des FA in der Revisionsbegründung, die Grundeigentümer hätten die ihnen zustehenden Ausbeuterechte (bzw. ihre jeweiligen Aneignungsrechte) in die von ihnen gebildete Interessentenschaft (Steuerpflichtige) eingebracht und diese dulde als eigene (passive) Leistung die Wahrnehmung der Ausbeuterechte, d. h. die Förderung des Erdöls, durch die AG.

4. In der Tat ist diese Rechtskonstruktion die einzige Möglichkeit, zu einer Ausübung eigener Ausbeutungsrechte durch die Steuerpflichtige zu kommen. Die Tatsachen sprächen für die Rechtsauffassung des FA, wenn zunächst die interessierten Grundeigentümer durch einen gegenseitigen Vertrag eine Gesellschaft gegründet und in sie ihre Ausbeuterechte als Gesellschaftsbeiträge eingebracht hätten und alsdann in einem zweiten Vertrage zwischen der Gesellschaft und der AG dieser die Förderung des Erdöls gestattet worden wäre. Es ist zwar ungewöhnlich aber nicht ausgeschlossen, daß zwei Verträge mit so unterschiedlichen Funktionen in einem Vertrage zwischen sämtlichen Beteiligten vereinigt werden. Es muß dann aber der Wille der Grundeigentümer, die Ausbeuterechte auf die Interessentenschaft (Steuerpflichtige) zu übertragen und der Wille der Mineralölfirma (AG), wegen der Förderung des Erdöls allein mit der Interessentenschaft in Rechtsbeziehungen zu treten, in dem Vertrage klar zum Ausdruck kommen.

5. Dies trifft für den Vertrag vom ... 1932 in mehrfacher Hinsicht nicht zu:

a) Die Rechtsform der von den beteiligten Grundeigentümern gebildeten "Interessentenschaft" ist im Vertrage offengelassen. Manches spricht für eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, anderes für einen nichtrechtsfähigen Verein.

b) Die Interessentenschaft besitzt weder eigenes Vermögen, noch einen Betrieb noch Rechtsfähigkeit noch eine Firma.

c) Von einem Einbringen der Ausbeuterechte der Grundeigentümer in die Interessentenschaft ist an keiner Stelle des Vertrages die Rede.

d) Zweck der Interessentenschaft ist - wie sich aus § ... des Vertrages ergibt - die "Vertretung der Interessen der Grundeigentümer", nicht - wie das FA meint - der Erwerb und die Übertragung von Ausbeuterechten. Die Übertragung der "Vertretung" fremder Interessen an die Steuerpflichtige hätte sich erübrigt, wenn ihr die Ausbeuterechte als eigene Rechte zugestanden hätten.

e) Die Hauptaufgaben (Inempfangnahme der Förderzinsen zwecks Verteilung an die Grundeigentümer; gerichtliche und außergerichtliche Geltendmachung der den Grundeigentümern gegen die Mineralölfirma zustehenden Rechte; Kündigung des Vertrages im ganzen; Entgegennahme der für die Gesamtheit der Grundeigentümer bestimmten Erklärungen und Anfragen) hat nach § ... a. a. O. nicht die Interessentenschaft selbst, sondern ihr Vorsitzender wahrzunehmen.

f) Die wichtigste Aufgabe des Vorsitzenden der Interessentenschaft ist die Verteilung der Vertragsentgelte, was sich u. a. daraus ergibt, daß er hierfür von den Grundeigentümern eine Vergütung (... v. H. der bei ihm durchlaufenden Geldbeträge) erhält.

g) Partner des Vertrages vom ... 1932 sind - wie sich aus dessen einleitenden Worten ergibt - die beteiligten Grundeigentümer der Gemarkung A und die AG. Von der Bildung und den Aufgaben der Steuerpflichtigen handelt erstmals § ... des Vertrages. Nach § ... des Vertrages gelten später beitretende Grundeigentümer "als an diesem Vertrage mitbeteiligte Kontrahenten".

6. Die genannten Punkte sprechen dagegen, daß die Steuerpflichtige die Ausbeuterechte der Grundeigentümer erworben hat und die Förderung des Erdöls durch die AG aus eigenem Recht duldet. Der gegenteilige Standpunkt des FA kann nicht darauf gestützt werden, daß der Vorsitzende der Steuerpflichtigen befugt ist, die den Grundeigentümern gegen die AG zustehenden Rechte "im eigenen Namen" geltend zu machen. Diese Formulierung läßt darauf schließen, daß der Vorsitzende nicht als "offener", sondern als "verdeckter" Stellvertreter (Treuhänder) für die Grundeigentümer auftreten sollte (vgl. hierzu Enneccerus-Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., 2. Halbsatz, § 148 II, 179). Der Umstand, daß auf die Steuerpflichtige nicht das Ausbeuterecht als solches, sondern nur die Befugnis zur "Vertretung der Interessen" und zur "Geltendmachung der Rechte" der Grundeigentümer übertragen wurde, bekräftigt die Auffassung, es sei von den Beteiligten ein Treuhandverhältnis beabsichtigt gewesen. Es besteht kein Grund, die Rechtsstellung des Vorstehers der Interessentenschaft anders zu beurteilen als die eines Rechtsanwalts oder einer Bank, die zu Treuhändern über ein Vermögen bestellt sind. Im Rahmen des Treuhandverhältnisses konnte auch die Kündigung des Vertrages im ganzen und das Recht zur einseitigen Aufhebung des Vertrages bei Nichteinhaltung der Bohrverpflichtung der AG der Steuerpflichtigen übertragen werden. Die Notwendigkeit, Einzelkündigungen und Einzelaufhebungen des Vertrages auszuschließen, ergab sich aus der Eigenart der Erdölförderung, die sich wegen der Lagerung des Erdöls in größeren Horizonten naturgemäß auf ein größeres Gebiet erstrekken muß und einzelne Grundstücke nicht ausklammern kann. Hieraus kann nicht auf die Übertragung des vollen Ausbeuterechts an die Steuerpflichtige geschlossen werden. Eher ist der umgekehrte Schluß berechtigt. Denn bei Abtretung des Vollrechts an die Steuerpflichtige hätte es ausdrücklicher Bestimmungen über die Befugnis, den Vertrag zu kündigen oder aufzuheben, nicht bedurft; sie hätte sich aus dem Vollrecht der Steuerpflichtigen von selbst ergeben.

7. Die letzten Zweifel über die Rechtsstellung der Interessentenschaft und ihres Vorsitzenden werden durch zwei Besonderheiten des Vertrages vom ... 1932 beseitigt:

a) Nach § ... des Vertrages haben sich die Grundeigentümer damit einverstanden erklärt, die der Mineralölfirma aus dem Vertrage zustehenden Rechte durch Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit auf ihren Grundstücken sicherzustellen. Eine solche Vereinbarung mit dinglicher Wirkung konnte nur mit den einzelnen Grundstückseigentümern, nicht mit einem Dritten, dem das zu belastende Grundstück nicht gehört, getroffen werden. Die Löschung der Dienstbarkeiten ist bei Beendigung des Vertrages von der AG zu veranlassen. Für den Fall, daß die AG dieser Verpflichtung nicht nachkommt, kann der Vorsitzende der Steuerpflichtigen die Löschung beantragen, aber nicht aus eigenem Recht oder aus dem Recht der Steuerpflichtigen, sondern als "Vertreter" ("Bevollmächtigter") der Grundeigentümer.

b) Nach § ... a. a. O. ist neben dem Vorsitzenden der Steuerpflichtigen "auch jeder Grundeigentümer berechtigt, die ihm zustehenden Ansprüche im eigenen Namen gerichtlich oder außergerichtlich geltend zu machen, den Anspruch auf Förderzins und Wartegeld jedoch nur nach Maßgabe seiner Oberflächenbeteiligung". Diese Bestimmung wäre unmöglich, wenn das Ausbeuterecht vom Grundeigentümer auf die Steuerpflichtige übergegangen wäre; denn niemand kann ein Recht im eigenen Namen geltend machen, das er abgetreten hat. Die Annahme des FA, diese Bestimmung gelte nur für den Fall, daß die Steuerpflichtige keinen Vorsitzenden und keinen stellvertretenden Vorsitzenden habe, trifft nach dem Vertragstext nicht zu. Wenn das Vollrecht an die Steuerpflichtige abgetreten worden wäre, hätte der einzelne Grundeigentümer nur zum Handeln im Namen der Steuerpflichtigen ermächtigt werden können.

8. Der Sachverhalt des Urteils des BFH V 30/58 vom 19. November 1959, auf das sich das FA beruft, weicht in mehreren Punkten von dem vorliegenden Sachverhalt ab (Verpflichtung der Grundeigentümer, einen "Gesellschaftsvertrag" mit besonders bezeichnetem Inhalt abzuschließen; keine Geltendmachung der Ansprüche betreffend den Förderzins durch die Grundeigentümer). Im übrigen schließt der Senat nicht aus, daß er den damals vorgetragenen Fall heute anders entscheiden würde.

9. Der Senat kommt zu dem Ergebnis, daß im Streitfalle nach dem erklärten Willen der Beteiligten die Aufgabe der Steuerpflichtigen bzw. ihres Vorsitzenden darin besteht, als Treuhänder der einzelnen Grundeigentümer deren Interessen und Rechte im eigenen Namen aber für fremde Rechnung der AG gegenüber zu vertreten und insbesondere die Förderzinsen entgegenzunehmen und nach einem vereinbarten Schlüssel an die Grundeigentümer weiterzuleiten. Die Förderzinsen sind danach keine Entgelte für diese Leistungen der Steuerpflichtigen bzw. ihres Vorsitzenden, sondern Entgelte für die Duldung der Erdölförderung durch die einzelnen Grundeigentümer, die der AG als Partner des Bohr- und Ausbeute-Vertrages vom ... 1932 gegenüberstehen.

Die Revision des FA war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl II 1971, 469

BFHE 1971, 142

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