Leitsatz (amtlich)

Zum Begriff "neu" in § 19 BHG 1964.2. Hat ein Unternehmer ein Wirtschaftsgut zunächst als Mieter genutzt, das Wirtschaftsgut aber dann nachträglich auf Grund eines ihm bei Abschluß des Mietvertrags vorbehaltenen Rechts unter Anrechnung der gezahlten Miete gekauft, so ist das Wirtschaftsgut für ihn zur Zeit des Kaufs nicht neu im Sinne von § 19 BHG 1964.

 

Normenkette

BHG 1964 § 19 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; StAnpG § 11 Nr. 4

 

Tatbestand

Die Klägerin, ein Bauunternehmen, kaufte im Februar 1964 einen Turmdrehkran für 100 530 DM, nachdem sie den Kran schon im Oktober 1963 mit dem Recht späteren Kaufs gemietet hatte. Die gezahlte Miete von 18 626 DM wurde auf den Kaufpreis angerechnet.

Im März 1965 beantragte die Klägerin eine Investitionszulage. Das FA lehnte den Antrag ab, weil der Kran zur Zeit des Kaufs im Februar 1964 nicht "neu" im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 1 BHG 1964 gewesen sei.

Die Klage hatte Erfolg. Das FG betrachtete die Vereinbarungen vom Oktober 1963 als Mietkaufvertrag und nahm an, die Anschaffung habe sich in einem Zeitraum zwischen dem Abschluß des Mietkaufvertrags und der Annahme des Kaufangebots vollzogen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision, mit der das FA unrichtige Rechtsanwendung rügt, ist begründet.

Der I. Senat des BFH hat in dem Urteil I R 119/66 vom 2. August 1966 (BFH 87, 191, BStBl III 1967, 63) dargelegt, daß Anschaffungen im Sinne von § 19 BHG 1964 nicht innerhalb eines Zeitraums vollzogen werden können. Im Streitfall ist der Kran im Februar 1964 "angeschafft" worden, als sich die Parteien über den Kauf und den Eigentumsübergang einig wurden. Die Klägerin trägt selbst vor, sie habe sich beim Abschluß des Vertrags im Oktober 1963 noch nicht binden wollen, den Kran zu kaufen, weil sie seine Einsatzmöglichkeiten während der Kälteperiode nicht habe überblicken können. Unter diesen Umständen nimmt das FA zutreffend an, daß beim Kauf im Februar 1964 der Kran nicht mehr neu im Sinne von § 19 BHG 1964 gewesen sei, so daß die Klägerin für die Anschaffung des Krans eine Investitionszulage nicht beanspruchen kann.

Die Klägerin meint, es genüge, daß der Kran zur Zeit der Besitzergreifung im Oktober 1963 neu gewesen sei; auf die Zeit des nachfolgenden Kaufs komme es dafür nicht an. Dem ist nicht zuzustimmen. § 19 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 BHG 1964 setzt voraus, daß die Wirtschaftsgüter bei der "Anschaffung" neu sind. Anschaffungszeitpunkt ist entsprechend der Regelung in § 9a EStDV 1965 (§ 75 Abs. 5 EStDV 1961) der Zeitpunkt der Lieferung, und zwar der Lieferung zur Verschaffung des Eigenbesitzes im Sinne von § 11 Nr. 4 StAnpG. Eigenbesitz erlangte die Klägerin aber erst im Februar 1964, als sie den Kran gekauft hatte und er ihr auf Grund des Kaufvertrags zu Eigentum übertragen wurde. Bis dahin war sie nur Mieterin, also Fremdbesitzerin.

Die Vorentscheidung war darum aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68081

BStBl II 1968, 571

BFHE 1968, 399

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