Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Gehört zum Betriebsvermögen einer in § 56 BewG bezeichneten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, besonders einer Kapitalgesellschaft, eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, so darf bei der Ermittlung des Gewerbekapitals weder eine neben der Beteiligung im Betriebsvermögen ausgewiesene Ausgleichsforderung gegen einen Mitunternehmer als Beteiligung im Sinn des § 12 Abs. 3 Ziff. 2 GewStG vom Einheitswert des gewerblichen Betriebs gekürzt noch eine Ausgleichsschuld zugerechnet werden.

 

Normenkette

GewStG § 12 Abs. 3 Ziff. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, um welchen Betrag bei der Berechnung des Gewerbekapitals der GmbH für den Erhebungszeitraum 1957 der Einheitswert ihres gewerblichen Betriebs auf den 1. Januar 1957 wegen des Besitzes einer Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft (KG) nach § 12 Abs. 3 Ziff. 2 GewStG zu kürzen ist.

Da der auf den 1. Januar 1957 festgestellte Einheitswert des Betriebsvermögens der KG 0 DM betrug, entfiel bei der Verteilung dieses Einheitswerts auf die Gesellschafter der KG und damit auch auf die GmbH als Kommanditistin ein Anteil von 0 DM (ß 3 BewG). Aus dem negativen Kapitalkonto des Komplementärs der KG ergab sich am 1. Januar 1957 ein Ausgleichsanspruch der GmbH gegen den Komplementär in Höhe von 11.306 DM, der bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der GmbH auf den 1. Januar 1957 als Forderung erfaßt war. Das Finanzamt lehnte es bei der Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags der GmbH nach dem Gewerbekapital ab, den Einheitswert des Betriebsvermögens um den Ausgleichsanspruch in Höhe von 11.507 DM zu vermindern, weil es in dem Ausgleichsanspruch eine der Gewerbekapitalsteuer unterliegende Kapitalforderung der GmbH und keine Beteiligung an der KG im Sinne des § 12 Abs. 3 Ziff. 2 GewStG sah. Diese Auslegung des § 12 Abs. 3 Ziff. 2 GewStG ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Kürzungsvorschrift, die nur eine doppelte Erfassung des Betriebsvermögens der Personengesellschaft vermeiden wolle. Eine solche Doppelerfassung liege jedoch nicht vor, weil der Kürzung des Einheitswerts der GmbH um den Ausgleichsanspruch keine entsprechende Erfassung bei der Personengesellschaft, deren Einheitswert des Betriebsvermögens 0 DM betrage, gegenüberstehen würde.

Die GmbH ist demgegenüber der Auffassung, daß es sich bei der Ausgleichsforderung ihrem Wesen nach um eine Beteiligung an einer KG handle.

Das Finanzgericht gab in der in den Entscheidungen der Finanzgerichte veröffentlichten Sprungberufung der GmbH statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 1960 S. 460). Wenn auch der Vermögenswert der Ausgleichsforderung der GmbH gegen den Komplementär bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der GmbH nicht als Beteiligung an der KG behandelt worden sei, so dürfe bei der Auslegung des § 12 Abs. 3 Ziff. 2 GewStG doch nicht außer Betracht bleiben, daß die KG am 1. Januar 1952 bestanden und die GmbH Kommanditist gewesen sei. Ihrem Wesen nach stelle die Ausgleichsforderung eine Beteiligung dar, wie sich daraus ergebe, daß im Laufe der Jahre zu Ausgleichsforderungen der anderen Gesellschafter führende negative Kapitalkonten zu positiven Kapitalkonten werden könnten. Aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 261/55 U vom 6. Dezember 1955, BStBl 1956 III S. 6, Slg. Bd. 62 S. 13, sei zu folgern, daß selbst dann, wenn die KG abgewickelt werde, der im Einheitswert des Betriebsvermögens eines Gesellschafters enthaltene Abwicklungsanspruch nach § 12 Abs. 3 Ziff. 2 GewStG abgezogen werden müsse.

 

Entscheidungsgründe

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist begründet.

Als Gewerbekapital der GmbH gilt ihr Einheitswert des gewerblichen Betriebs auf den 1. Januar 1957 gekürzt um den Wert einer zum Gewerbekapital gehörenden Beteiligung an der KG (ß 12 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG). Sinn und Zweck dieser Kürzung des Einheitswerts der GmbH bestehen darin, bei der GmbH den Anteil am Betriebsvermögen der Personengesellschaft nicht der Gewerbekapitalsteuer zu unterwerfen, weil die Personengesellschaft als solche gewerbesteuerpflichtig ist und deshalb ihr Betriebsvermögen bei ihr durch die Gewerbekapitalsteuer erfaßt wird. Es ist richtig, daß der Senat aus dieser getrennten Erfassung der beiden Gewerbekapitalien im Urteil I 261/55 U den Schluß zog, daß die Beteiligung an der Personengesellschaft auch dann, wenn sie zu einem von der Personengesellschaft unabhängigen Betriebsvermögen des Gesellschafters gehört, nach Auffassung des GewStG nicht diesem anderen Betrieb des Gesellschafters dient und deshalb auch dann aus dem Gewerbekapital ausgeschieden werden muß, wenn die Personengesellschaft nicht gewerbesteuerpflichtig ist. Aus diesem Urteil dürfen aber für die hier zu entscheidende Streitfrage keine Forderungen gezogen werden, weil dort der Begriff der Beteiligung und die Behandlung von Ausgleichsforderungen und Ausgleichsschulden nicht streitig waren.

Das GewStG geht bei der Ermittlung des Gewerbekapitals vom Einheitswert des Betriebsvermögens aus. Soweit diesem Einheitswert aus gewerbesteuerlichen Gründen Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten hinzuzurechnen oder von ihm abzusetzen sind (ß 12 Abs. 1 bis 4 GewStG) müssen sich die Hinzurechnungen und Kürzungen auf die Beträge beziehen, mit denen diese Gegenstände den Einheitswert vermindert oder erhöht haben. Aus der bewertungsrechtlichen Grundlage des Gewerbekapitals ergibt sich, daß als Beteiligung im Sinne des § 12 Abs. 43 Ziff. 2 GewStG nur der Betrag angesehen werden kann, der bei der Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Personengesellschaft nach § 3 BewG auf die einzelnen Gesellschafter entfällt. Denn bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens des Gesellschafters ist es unerheblich, mit welchem Wert die Beteiligung in den Erfolgsbilanzen zu Buche steht. Da bei der Aufteilung des Betriebsvermögens der Personengesellschaft auf die Gesellschafter nur von dem festgestellten Einheitswert ausgegangen wird und keinem Gesellschafter eine den Einheitswert übersteigende Beteiligung oder ein negativer Anteil zugewiesen werden darf, kommen die sich aus negativen Kapitalkonten ergebenden Ausgleichsansprüche oder Ausgleichsschulden in den auf die einzelnen Gesellschafter bewertungsrechtlich entfallenden Anteilswerten nicht zum Ausdruck (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs III 22/38 vom 28. Januar 1938, RStBl 1938 S. 373, Slg. Bd. 43 S. 173, und Vermögensteuer-Richtlinien 1953 Abschnitt 15 Abs. 4). Sie gehören zum sonstigen Vermögen der Gesellschafter und werden bei der Einheitsbewertung ihres Betriebsvermögens, zu dem die Beteiligung an der Personengesellschaft gehört, nicht erfaßt. Die Ausgleichsforderungen können folgerichtig bei der Kürzung des Einheitswerts nach § 12 Abs. 3 Ziff. 2 GewStG nicht berücksichtigt werden.

Es fragt sich, ob diese getrennte Betrachtung der Beteiligung und der Ausgleichsforderung auch dann zutreffend ist, wenn der Gesellschafter eine der in § 56 BewG bezeichneten Personen, besonders eine Kapitalgesellschaft, ist, bei denen anders als bei natürlichen Personen die Ausgleichsforderungen und Ausgleichsschulden zum Betriebsvermögen gehören und bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens des Gesellschafters erfaßt werden (ß 56 BewG). Diese Frage ist zu bejahen. Denn auch in diesen Fällen ändert sich nichts an dem Betrag, mit dem die Beteiligung im Betriebsvermögen des Gesellschafters enthalten ist. Es tritt lediglich neben die Beteiligung eine zum Betriebsvermögen gehörende Ausgleichsforderung, wobei es ohne Bedeutung ist, ob die Beteiligung neben der Ausgleichsforderung 0 DM oder mehr beträgt. Daß sich durch diese sich streng an das Bewertungsrecht haltende Auslegung des Begriffs der Beteiligung im Sinne des § 12 Abs. 3 Ziff. 2 GewStG eine unterschiedliche Auswirkung bei den zu natürlichen Personen und den zu Kapitalgesellschaften gehörenden Gesellschaftern ergibt, beruht auf § 56 BewG. Wäre die von der bewertungsrechtlichen Betrachtung abweichende Auffassung des Finanzgerichts zutreffend, so müßte der Ausgleichsschuldner, wenn er eine Kapitalgesellschaft ist, die den Einheitswert seines Betriebsvermögens mindernde Ausgleichsschuld als negative Beteiligung behandeln und sie dem Einheitswert zurechnen. Gegen eine solche Hinzurechnung würde sich der Gesellschafter mit der Begründung wenden, daß die bei der Verteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Personengesellschaft auf ihn entfallende Beteiligung 0 DM sei und deshalb seine Ausgleichsschuld nicht als Beteiligung im Sinne des § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG behandelt werden dürfe. Da eine unterschiedliche Behandlung der Ausgleichsforderungen und der Ausgleichsschulden nicht gerechtfertigt ist und die Auffassung des Finanzamts für den Ausgleichsgläubiger ungünstig, für den Ausgleichsschuldner aber günstig ist, die Auffassung des Finanzgerichts dagegen umgekehrt den Ausgleichsschuldner zugunsten des Ausgleichsgläubigers benachteiligt, hält es der Senat für richtiger, der bewertungsrechtlichen Betrachtung entscheidendes Gewicht beizumessen.

Das von dem Finanzgericht angesetzte Gewerbekapital von 559.994 DM erhöht sich um die Ausgleichsforderung von 11.306 DM auf abgerundet 571.000 DM. Der einheitliche Steuermeßbetrag beträgt dann 4.460 + 1.142 = 5.602 DM.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410358

BStBl III 1962, 197

BFHE 1962, 530

BFHE 74, 560

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