Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wird bei der Berechnung der Absetzungen für Abnutzung bei einem Gebäude der Einheitswert des Grundstücks zugrunde gelegt, ist der im Einheitswert enthaltene Anteil von Grund und Boden auszuscheiden.

 

Normenkette

EStG §§ 7, 9 Ziff. 6; EStDV § 27

 

Tatbestand

Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige - Stpfl. -) war in den Streitjahren 1956 und 1957 an einer Erbengemeinschaft beteiligt, die Eigentümerin eines Büro- und Geschäftsgrundstücks ist, das bei Kriegsende erheblich zerstört, aber von der Erbengemeinschaft in den Jahren bis 1954 wieder hergestellt war und seither von ihr durch Vermietung genutzt wird. Bei der einheitlichen Feststellung der Einkünfte nach § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist streitig, ob bei der Berechnung der Absetzungen für Abnutzung (AfA) der Einheitswert vom 21. Juni 1948 um den Anteil des Bodens zu kürzen ist.

Das Finanzgericht (FG) hält eine solche Kürzung des Einheitswerts für unzulässig und führt aus: Bei § 27 Ziff. 1 EStDV 1956/1957 handele es sich für die AfA-Berechnung um eine Sonderbestimmung, die in einer Fiktion die Anschaffungs- und Herstellungskosten festlege. Der Einheitswert vom 21. Juni 1948 sei schlechthin dieser fiktive Wert für die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Diesen Wert um einen Bodenanteil zu mindern, widerspreche dem Wortlaut und Zweck der Bestimmung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision mit der das Finanzamt (FA) unrichtige Rechtsanwendung rügt, hat Erfolg.

Nach § 7 EStG 1955/1957, der gemäß § 9 Ziff. 6 EStG auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gilt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes abzusetzen, der bei Verteilung der Kosten auf die Gesamtdauer der Nutzung auf ein Jahr entfällt. Die Bestimmung kann nicht unmittelbar angewendet werden auf Gebäude, die vor dem 21. Juni 1948 angeschafft (hergestellt) worden sind; denn die Währungsumstellung bedeutete einen so tiefen Einschnitt in die Wert- und Geldverhältnisse und eine so völlige Veränderung der Rechnungsgrundlage, daß eine Fortführung der am 20. Juni 1948 noch abschreibungsfähigen steuerlichen Restwerte im Verhältnis 1 RM = 1 DM für AfA-Zwecke nicht in Frage kam. Um eine Grundlage für die Bemessung der AfA zu gewinnen, griff man auf den Einheitswert zurück. Dies geschah für die Zeit nach der Währungsumstellung durch die verschiedenen Fassungen der §§ 13 EStDV 1949 bis 1953, §§ 27 EStDV 1955 bis 1963, neuerdings § 10 a EStDV 1965. Mit dem Rückgriff auf den Einheitswert wollte man im Interesse der steuerlichen Gerechtigkeit und der Vereinfachung für alle Beteiligten eine gleichartige und verhältnismäßig leicht zu ermittelnde Grundlage für die AfA schaffen. Die Rechtsprechung des BFH hält diese Regelung als mit dem EStG vereinbar. Siehe dazu die Grundsatzentscheidung I 200/55 S vom 17. Juli 1956 (BFH 63, 306, BStBl III 1956, 316) und das Urteil IV 607/54 U vom 20. September 1956 (BFH 63, 394, BStBl III 1956, 349).

Nach dem für die Streitjahre geltenden § 27 EStDV 1956/1957 ist als Anschaffungs- oder Herstellungskosten "zugrunde zu legen" "der am 21. Juni 1948 maßgebende EW" (mit gewissen Zu- und Abrechnungen für spätere änderungen am Gebäude). Der Wortlaut dieser Vorschrift zwingt keineswegs zu der Auffassung des FG, die AfA sei aus dem vollen Einheitswert 1948 zu errechnen. Es müßte dann etwa heißen, daß als Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Einheitswert "gilt". Wenn statt dessen gesagt wird, für die Bemessung der AfA sei der Einheitswert "zugrunde zu legen", so schließt diese Fassung nicht aus, den Bodenanteil aus dem Einheitswert auszuscheiden. Eine solche Auslegung entspricht auch dem Sinnzusammenhang und gesetzgeberischen Zweck der Bestimmung. Der Abnutzung unterliegt, was auch das FG nicht übersieht, nur das Gebäude. Es spricht nichts dafür, daß die mit der Zugrundelegung des Einheitswerts erstrebte Vereinfachung so weit getrieben werden sollte, daß - dem Grundgedanken der AfA zuwider - in die AfA der Boden als ein nicht dem Wertverzehr unterliegender Vermögensteil einbezogen werden sollte. Ein solcher Eingriff in die Rechtslage, die sich aus dem Gesetz ergibt, ist nicht Aufgabe einer Durchführungsverordnung und würde ihre Rechtsgültigkeit gefährden. Der Senat hat deshalb mehrfach ausgesprochen, daß, wenn der Einheitswert für die Höhe der AfA zugrunde zu legen ist, er um den anteiligen Bodenwert zu kürzen ist; z. B. in den Entscheidungen VI 241/59 vom 16. September 1960 (HFR 1961, 30) und VI 122/65 U vom 15. Oktober 1965 (BFH 84, 30, BStBl III 1966, 11). Im übrigen heißt es in dem jetzt geltenden § 10 a EStDV 1965 ausdrücklich, für die Bemessung der AfA sei der Einheitswert des Grundstücks vom 21. Juni 1948 zugrunde zu legen, "soweit er auf das Gebäude entfällt". Nach der Auffassung des Senats hat diese Neufassung die Rechtslage nicht geändert, sondern enthält nur "eine aus dem System der AfA folgende Klarstellung" (Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 8. Aufl., § 21, Tz. 86, Anhang S. 1615).

Das Urteil des FG, das auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, muß daher aufgehoben werden. Die Sache wird an das FG zurückverwiesen, damit es den überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten und seine Verteilung auf die an der Erbengemeinschaft Beteiligten neu berechnet. Es bestehen keine Bedenken, den Bodenanteil an Hand der Tabelle A in Anlage 2 zum Erlaß vom 5. September 1949 des Direktors der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebiets (Steuer- und Zollblatt für die Britische Zone 1949, 357) aus dem Einheitswert auszuscheiden, da auch die Fortschreibung auf den 21. Juni 1948 nach dieser Tabelle geschah. Der für den Bodenanteil maßgebliche Vomhundertsatz ist auf den vollen Einheitswert 1935 anzuwenden. Es besteht kein Grund, die 476 000 RM Zuschlag wegen guter Lage und großer Fläche nicht auch mit auf den Boden zu beziehen.

 

Fundstellen

BStBl III 1967, 287

BFHE 1967, 86

BFHE 88, 86

BB 1967, 615

DB 1967, 756

DStR 1967, 324

StRK, EStG:7 R 172

BFH-N, Nr. 2 zu

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