Leitsatz (amtlich)

Die Verpachtung von vier Anschlagstellen durch eine Gemeinde stellt dann keinen Betrieb gewerblicher Art dar, wenn nur das Recht zur Aufstellung von Anschlagtafeln eingeräumt, die Anschlagtafeln selbst aber nicht in gebrauchsfähigem Zustand zur Verfügung gestellt werden.

 

Normenkette

KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6; KStDV § 1 Abs. 1-3

 

Tatbestand

Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige), eine Stadtgemeinde, hat It. Vertrag vom Juni 1937 der Firma X-KG in P. das alleinige Recht eingeräumt, "unter Ausnutzung bereits vorhandener, insgesamt bis zu zehn Plakatanschlagstellen (Säulen oder Tafeln) werbewirksam unter Beachtung der 9. Bekanntmachung des Werberats der Deutschen Wirtschaft innerhalb der Gemeinde zu errichten und den öffentlichen Bogenanschlag daran durchzuführen", und die Plätze dafür zur Verfügung gestellt. Als Gegenleistung erhält sie dafür den mit der Pächterin vereinbarten Pachtzins. Dieser betrug im Streitjahr 1962 2 746,94 DM; der Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben betrug 2 487,06 DM. Gegen ihre Heranziehung zur Körperschaftsteuer wendete sich die Steuerpflichtige erstmals mit ihrem Einspruch gegen den Bescheid für das Jahr 1962 (vom 31. Oktober 1963). Sie machte geltend, daß die Verpachtung von Grund und Boden durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft nicht steuerpflichtig sei. Irgendwelche Einrichtungen seien der Pächterin nicht überlassen worden; sämtliche Kosten trage die Pächterin.

Nach erfolglosem Einspruch hob das FG auf Klage der Steuerpflichtigen den Steuerbescheid auf. Es führte aus:

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG seien unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts, wobei einem solchen Betrieb die Verpachtung eines Betriebes gewerblicher Art gleichstehe. Als Verpachtung eines Betriebes gewerblicher Art sei jede entgeltliche Überlassung von Einrichtungen, Anlagen oder Rechten anzusehen, die beim Verpächter einen Betrieb gewerblicher Art darstellen würde (§ 1 Abs. 3 KStDV). Der vom Gericht eingeholten schriftlichen Auskunft der Pächterin, daß ihr im Jahre 1937 lediglich vier Anschlagstellen überlassen worden seien, von denen sie drei angesichts ihres schlechten Zustandes bereits im ersten Halbjahr 1939 abgebaut und verschrottet habe (die vierte, das Spritzenhaus, wurde im Jahre 1952 abgebrochen), entnehme das Gericht, daß überhaupt kein "Betrieb gewerblicher Art" überlassen worden sei. Selbst wenn man berücksichtige, daß sich einzelne Betriebe mit einem äußerst geringen Inventar führen ließen, könnten lediglich vier Anschlagstellen nicht als Betrieb im Sinne der vorgenannten Vorschrift angesehen werden. Wolle man auch die vier Anschlagstellen als Inventar verstehen, so seien sie nach dem Vertrage der Pächterin doch nicht entgeltlich überlassen worden. Von einer Verpachtung der Anschlagstellen, ihrer Rückgabe nach Ablauf der Vertragszeit, von einem Ersatz im Falle ihres Unbrauchbarwerdens sei in dem Vertrag keine Rede, obwohl es nahe gelegen hätte, dies zu regeln, da offenbar auch für die Steuerpflichtige bei Abschluß des Vertrages festgestanden habe, daß die vier Anschlagstellen die zunächst auf zehn Jahre bemessene Pachtzeit nicht überdauern würden. Angesichts ihres relativ geringen Wertes habe die Steuerpflichtige die Anschlagstellen der Pächterin auch nicht verkauft.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des FA. Es führt aus, daß auch die Verpachtung eines nur kleinen Betriebes gewerblicher Art die Steuerpflicht begründe. Nach dem Vertrage sei die Pächterin gehalten, die Kosten für die Aufstellung und Unterhaltung der Anschlagstellen zu tragen. Diese Verpflichtung habe bei Vertragschluß in erster Linie die Unterhaltung der vorhandenen, der Pächterin übergebenen vier Anschlagstellen umfaßt. Auch wenn der Vertrag die Rückgabe der Anschlagstellen nicht regele, könne deshalb von einer schenkweisen oder unentgeltlichen Überlassung nicht gesprochen werden. Hinzu komme, daß es auf die Unterhaltung der überlassenen Anschlagstellen für die Beurteilung der Verpachtung eines Rechts nicht ankomme.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

1. Wie das FG zutreffend dargelegt hat, gehören zu den Betrieben gewerblicher Art alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen oder anderen wirtschaftlichen Vorteilen dienen (§ 1 Abs. 1 KStDV). Die Steuerpflicht einer solchen Einrichtung setzt voraus, daß sich die Einrichtung innerhalb der Gesamtbetätigung der Körperschaft wirtschaftlich heraushebt (§ 1 Abs. 2 KStDV) und darüber hinaus von einigem Gewicht ist (Urteile des BFH I 105/60 U vom 24. Oktober 1961, BFH 73, 785, BStBl III 1961, 552; I 277/62 vom 16. März 1965, Steuerrechtsprechung in Karteiform, KStG, § 1, Rechtsspruch 56). Die Verpachtung eines solchen Betriebes gewerblicher Art steht seiner Unterhaltung durch die Körperschaft in eigener Regie gleich (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 zweiter Halbsatz KStG).

Dagegen genügt die entgeltliche Einräumung oder Überlassung eines Rechts den Anforderungen an die Verpachtung eines Betriebes gewerblicher Art nur dann, wenn schon die Ausübung des Rechtes allein durch die Körperschaft einen Betrieb gewerblicher Art darstellen würde (§ 1 Abs. 3 KStDV; Urteil des RFH I 191/43 vom 25. Januar 1944, Steuerrechtsprechung in Karteiform, KStDV, § 1, Rechtsspruch 1). Demgemäß hat auch der erkennende Senat in seiner Entscheidung I 267/63 vom 12. Juli 1967 (BFH 89, 416, BStBl III 1967, 679) ausgesprochen, daß die Körperschaft den Betrieb mit den erforderlichen Wirtschaftsgütern zur Führung seiner Geschäfte auszustatten habe, wenn allein die Verpachtung eines Betriebes gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts Gegenstand der unbeschränkten Steuerpflicht ist.

2. Da das FG bei der Beurteilung des vorliegenden Streitfalles angesichts des Vertrages vom Juni 1937 von diesen Grundsätzen ausgegangen ist, kann der Senat in der angefochtenen Entscheidung weder eine Verletzung von Bundesrecht noch einen Verstoß gegen die Denkgesetze erblicken. Wie die Steuerpflichtige dargelegt hat, hätte die Durchführung einer den gestiegenen werbetechnischen Erfordernissen angepaßten Werbung im Jahre 1937 für sie zu großen finanziellen und organisatorischen Aufwendungen geführt. Deshalb habe sie sich entschlossen, die Werbung einer eigens dafür geeigneten Firma zu überlassen. Dementsprechend sei auch nur das Recht zur Aufstellung und Unterhaltung von Anschlagstellen eingeräumt, seien nicht aber diese Anschlagstellen selbst verpachtet worden. Die bei Vertragsschluß vorhandenen Anschlagstellen seien der Pächterin übergeben worden, um auf diese Weise die Abbruchkosten für die wertlosen Einrichtungen zu ersparen.

Die Revision des FA konnte danach keinen Erfolg haben.

 

Fundstellen

BStBl II 1970, 151

BFHE 1970, 372

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