Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Verwendet ein Landwirt seine Zugmaschine auch dazu, die Milch anderer Genossen zur Genossenschaftsmolkerei zu fahren, so steht dies der Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer nicht entgegen.

 

Normenkette

KraftStG § 2/6

 

Tatbestand

Der Beschwerdegegner (Bg.) hält eine Zugmaschine ohne Güterladeraum. Er verwendet sie in seinem landwirtschaftlichen Betrieb und benutzt sie auch dazu, jeden Morgen die Milch der in der Umgebung ansässigen 30 Landwirte, sämtlich Genossenschaftsmitglieder, zur Genossenschaftsmolkerei zu fahren. Das Entgelt besteht angeblich in dem Ersatz für Unkosten, Zeitverlust und Arbeitsaufwand.

 

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt hat den Bg. zur Kraftfahrzeugsteuer herangezogen. Das Finanzgericht hat ihn freigestellt. Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts hat keinen Erfolg.

Nach Artikel I Ziffer 2 des Kontrollratsgesetzes (KontrRG) Nr. 51 sind Zugmaschinen ohne Güterladeraum, die ausschließlich auf Bauernhöfen oder Landgütern gebraucht werden, von der Steuer befreit, ohne Rücksicht darauf, ob sie landwirtschaftlichen Genossenschaften gehören oder nicht. über die Auslegung dieser Vorschrift hat der Senat in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil II 133/50 vom 20. Februar 1951 grundlegende Ausführung gemacht. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, daß die Befreiungsvorschrift nicht anzuwenden ist, wenn ein Dritter, z. B. ein Lohndreschereibesitzer, seine Zugmaschine zu landwirtschaftlichen Arbeiten in den Betrieben der Landwirte verwendet. Diese Entscheidung hindert aber nicht die Anwendung der Vorschrift auf den Streitfall.

Es liegt kein Grund zu der Annahme vor, daß unter dem Gebrauch der Zugmaschinen auf Bauernhöfen oder Landgütern etwas anderes zu verstehen ist als unter ihrer Verwendung in landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne der Befreiungsvorschrift des § 3 Ziffer 4 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1935. Zu der Verwendung einer Zugmaschine in einem landwirtschaftlichen Betrieb gehört auch ihre Verwendung zur Beförderung der im Betrieb gewonnenen Erzeugnisse und der für den Betrieb bestimmten Güter, z. B. Saatgut, zum und vom Bahnhof, einer Sammelstelle u. dgl. Wie aus Abschnitt I des Urteils II 133/50 ersichtlich, hat die Befreiungsvorschrift die im Gesetz 1935 enthaltene Fassung gerade deshalb erhalten, um diese Beförderung in die Befreiung einzubeziehen. Der Befreiung steht es deshalb nicht entgegen, daß der Bg. die Zugmaschine zur Beförderung seiner Milch zur Molkerei verwendet. Diese Tätigkeit ist eine Verwendung im landwirtschaftlichen Betrieb und ebenso ein Gebrauch auf einem Bauernhof oder Landgut. Es wäre verfehlt, unter diesem Gebrauch nur einen solchen auf dem räumlich abgegrenzten Gebiet des Bauernhofs oder Landguts zu verstehen.

Die Anwendung der Befreiungsvorschrift des KontrRG Nr 51 wird aber auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Landwirt auch die Milch der Landwirte seiner Umgebung zur Molkerei befördert. Das KontrRG Nr 51 erklärt die Befreiung ausdrücklich auch für anwendbar, wenn die Zugmaschine einer Genossenschaft gehört. Der Senat erachtet es dabei für gleichgültig, ob die Genossenschaft oder der Landwirt die der Genossenschaft gehörende Maschine in dem landwirtschaftlichen Betrieb verwendet. Ist die Maschine (richtiger das Halten der Maschine) demnach frei, wenn die Genossenschaft die Milch von den Genossen abholt, so trägt der Senat keine Bedenken, die Steuerfreiheit anzuerkennen, wenn ein oder mehrere Landwirte die Milch der anderen Genossen zur Molkerei fahren. Er trägt dabei den praktischen Bedürfnissen in den Fällen Rechnung, in denen die Genossenschaft keine eigene Zugmaschine besitzt. Anders wäre es, wenn ein fremder Fuhrunternehmer die Milch befördern würde.

Der Finanzamtsvorsteher macht geltend, die Begründung zum Gesetz 1935 (Reichssteuerblatt S. 348) spreche nur von gelegentlichen Beförderungen zum Bahnhof u. dgl., während im Streitfalle die Milch täglich, also regelmäßig, zur Molkerei gefahren werde. Dieser Einwand dringt nicht durch. Der Verfasser der Begründung mag nur die gelegentlichen Beförderungen vor Augen gehabt haben, es entbehrt aber der inneren Berechtigung, die Beförderung der Milch anders zu beurteilen als die Beförderung der Ernteerzeugnisse. überdies gehören zu den Genossenschaften, auf deren Zugmaschinen das Kontrollratsgesetz die Befreiung erstreckt, in großer Zahl Molkereigenossenschaften, und zu diesen findet ausnahmslos eine regelmäßige Anfuhr der Milch statt.

Hiernach war die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407199

BStBl III 1951, 61

BFHE 1952, 160

BFHE 55, 160

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