Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur notwendigen Beiladung nach Ablehnung der Konkurseröffnung

 

Leitsatz (NV)

In der Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse (§ 107 KO) liegt keine Auflösung der Gesellschaft. War vor Klageerhebung bereits Vollbeendigung der KG eingetreten, so war die (ehemals) geschäftsführende GmbH in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin klagebefugt.

 

Normenkette

FGO §§ 48, 60; KO § 107

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und die Beigeladenen schlossen sich im Streitjahr (1968) zu einer GmbH & Co. KG zusammen. Die KG und ihre Komplementär-GmbH wurden im Jahre 1974 ohne Konkursverfahren aufgelöst und im Handelsregister gelöscht.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erließ am 15. September 1977 einen die KG betreffenden berichtigten Gewinnfeststellungsbescheid für 1968.

Das Finanzgericht (FG) lud im Verfahren über die Sprungklagen des Klägers und der KG neben den im Rubrum bezeichneten Beigeladenen zunächst auch die Komplementär-GmbH zum Verfahren bei. Nachdem die KG in der mündlichen Verhandlung durch ihren Prozeßbevollmächtigten die Rücknahme ihrer Klage erklären hatte lassen, hob das FG den Beiladungsbeschluß hinsichtlich der GmbH auf.

Die Klage des Klägers hatte in vollem Umfange Erfolg. Das FG hob aus sachlich rechtlichen Gründen den Berichtigungsbescheid ersatzlos auf.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Es beantragt die Aufhebung der Vorentscheidung und die Abweisung der Klage, hilfsweise Zurückverweisung an das FG. Der Hilfsantrag wird damit begründet, daß das FG zu Unrecht den Beiladungsbeschluß der GmbH nicht zugestellt und ihn schließlich sogar wieder aufgehoben habe.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision. Er hält das FG-Urteil für materiell-rechtlich zutreffend. Die Rüge bezüglich der unterlassenen Beiladung ist nach seiner Auffassung unbegründet, weil die Beiladung nicht ausführbar sei (Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 60 FGO Anm. 3).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Senat kann aufgrund der vom FG festgestellten Tatsachen nicht überprüfen, ob der Beschluß über die Beiladung der GmbH zu Recht aufgehoben wurde.

Gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derartig beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, beizuladen. Dies gilt gemäß Satz 2 der Vorschrift nur dann nicht, wenn die Dritten nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind.

Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen bezüglich der GmbH vor. Denn die Entscheidung kann auch dieser gegenüber nur einheitlich ergehen. Ob die GmbH klagebefugt war, wird das FG noch zu klären haben.

Grundsätzlich ist, wenn - wie offenbar im vorliegenden Falle - Streit nur über die Höhe des Gesamtgewinns der KG besteht, nur der zur Geschäftsführung berufene Gesellschafter (die Gesellschaft) nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO klagebefugt, weshalb für die übrigen Gesellschafter eine notwendige Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO nicht in Betracht kommt. Der Vorentscheidung ist nicht zu entnehmen, ob die Komplementär-GmbH (wie häufig) die zur Geschäftsführung berufene Gesellschafterin - ggf. anschließend Liquidatorin - der KG, mithin auch klagebefugt war (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. Januar 1982 IV R 146/78, BFHE 135, 386, BStBl II 1982, 506). Die in dem Urteil enthaltene Aussage, die KG und ihre Komplementär- GmbH seien ohne Konkursverfahren aufgelöst und im Handelsregister gelöscht worden, läßt nicht erkennen, in welchem Stadium sich die Gesellschaft befunden hat. Denn in einer Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse (§ 107 der Konkursordnung - KO -) liegt keine Auflösung der Gesellschaft (vgl. Fischer/Ulmer, Handelsgesetzbuch, § 131 Anm. 50). Für den Fall, daß die KG sich zur Zeit der Klageerhebung noch in Liquidation befunden haben sollte, wird festzustellen sein, ob die GmbH Liquidatorin war.

Die Vorentscheidung läßt auch nicht erkennen, ob vor Klageerhebung bereits die Vollbeendigung (vgl. u. a. Fischer/Ulmer, a.a.O., § 131 Anm. 6) der KG eingetreten war. In diesem Falle wäre die GmbH in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin klagebefugt und mithin beizuladen gewesen (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 1978 IV R 72/74, BFHE 125, 116, BStBl II 1978, 503).

Sollte nach ordnungsgemäßer Klageerhebung seitens eines Liquidators die Vollbeendigung der Gesellschaft eingetreten sein, könnten die im BFH-Urteil vom 19. Mai 1983 IV R 125/82 (BFHE 139, 1, BStBl II 1984, 15) entwickelten Grundsätze Anwendung finden. Mangels hinreichender Anhaltspunkte für einen derartigen Sachverhalt sieht der Senat von weiteren Rechtsausführungen dazu ab.

Die Löschung der GmbH im Handelsregister steht ihrer Beiladung nicht entgegen. Denn die GmbH hört durch diesen Vorgang nicht auf, Träger steuerlicher Rechte und Pflichten zu sein. Sie bleibt beiladungsfähig (vgl. BFH-Urteil vom 27. Februar 1985 I R 291/83, BFH-NV 1985, 63).

 

Fundstellen

Haufe-Index 414262

BFH/NV 1986, 474

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