Leitsatz (amtlich)

Grundpfandgläubiger im Sinne des § 9 Abs. 1, 5 GrEStG Bayern ist auch, wer zur Sicherung einer Forderung ein Pfandrecht an einem durch Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruch hat.

 

Normenkette

GrEStG Bayern § 9 Abs. 1 Nr. 2; GrEStG Bayern § 9 Abs. 4; GrEStG Bayern § 9 Abs. 5

 

Tatbestand

Die Klägerin hat am 30. April 1973 in dem Verfahren zur Zwangsversteigerung eines Grundstückes mit 335 000 DM das Meistgebot abgegeben. An dem Grundstück standen ihr Grundschulden in Höhe von 238 000 DM zuzüglich rückständiger Zinsen zu. Für die Klägering ergab sich hieraus nebst den rückständigen Zinsen bis zum Tage vor dem Verteilungstermin eine Gesamtforderung von 312 721,63 DM. Der Klägerin stand außerdem aufgrund eines dem noch nicht eingetragenen Käufer des Grundstücks gewährten Kredites ein Pfandrecht an dem durch Auflassungsvormerkung gesicherten Eigentumsübertragungsanspruch des Käufers für Forderungen bis zu einem Höchstbetrag von 140 000 DM zu.

Zur Verteilung gelangten 337 680 DM (Bargebot zuzüglich Zinsen). Hiervon entfielen 4 040,83 DM auf die Verfahrenskosten und den rückständigen Brandversicherungsbeitrag, 312 721,63 DM auf die der Klägerin zustehenden Grundschulden nebst Zinsen und der Restbetrag von 20 917,54 DM auf den Ersatzwert für das Pfandrecht der Klägerin an dem Auflassungsanspruch.

Das beklagte Finanzamt (FA) hat mit Steuerbescheid vom 4. November 1974 gegen die Klägerin eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 23 450 DM aus dem Meistgebot in Höhe von 335 000 DM festgesetzt. Es hat dabei die Steuerermäßigungsvorschrift des § 9 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) Bayern deshalb nicht angewendet, weil die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 2 dieser Vorschrift nicht erfüllt gewesen seien. Bei der erforderlichen Vergleichsberechnung könne das Pfandrecht an der Auflassungsvormerkung nicht als Grundpfandrecht berücksichtigt werden.

Das Finanzgericht (FG) hat die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage abgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Entgegen der Auffassung des FG war die Klägerin auch insoweit, als ihr ein Pfandrecht an der Auflassungsvormerkung zustand, als Grundpfandgläubigerin im Sinne des § 9 Abs. 5 GrEStG Bayern zu behandeln. Ihr Pfandrecht an dem vorgemerkten Auflassungsanspruch des Grundstückskäufers war als Grundpfandrecht im Sinne des § 9 Abs. 4 GrEStG Bayern zu beurteilen. Zwar sind Pfandrechte an einer Auflassungsvormerkung in der Aufzählung der Grundpfandrechte nicht enthalten. Diese Pfandrechte sind jedoch gleichwohl unter § 9 Abs. 4 GrEStG Bayern zu subsumieren.

Die Fälle, in denen bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Kaufvertrages infolge des § 1287 Satz 2 BGB im Wege der dinglichen Surrogation eine Sicherungshypothek an dem Grundstück entsteht, können nicht anders behandelt werden als die Fälle, in denen diese Sicherungshypothek bereits entstanden ist.

Der Reichsfinanzhof (RFH) hat bereits mit Urteil vom 12. April 1932 II A 119/32 (RFHE 31, 43) ausgesprochen, daß als Hypothekengläubiger im Sinne des § 14 des damals geltenden Grunderwerbsteuergesetzes auch derjenige gilt, für den noch keine Hypothek eingetragen worden ist, dessen Anspruch auf Einräumung einer Hypothek aber durch Vormerkung gesichert worden ist. Er hat bei dieser Entscheidung u. a. berücksichtigt, daß nach § 48 des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG) vorgemerkte Rechte in der Zwangsversteigerung wie eingetragene Rechte behandelt werden. Dies rechtfertigte es, den Vormerkungsgläubiger bereits wie einen Hypothekengläubiger zu behandeln.

Für ein durch Vormerkung geschütztes Pfandrecht an einem Auflassungsanspruch kann nichts anderes gelten. Die Auflassungsvormerkung sichert zunächst den Auflassungsanspruch des Grundstückskäufers, nach der Verpfändung dieses Anspruches aber auch das Pfandrecht des Pfandgläubigers an dem Auflassungsanspruch und vor allem auch den Rang der bei Übergang des Eigentums gemäß § 1287 Satz 2 BGB entstehenden Sicherungshypothek. Der Pfandgläubiger eines Auflassungsanspruches ist damit zwar noch nicht unmittelbar Inhaber eines Grundpfandrechtes im Sinne des § 9 Abs. 4 GrEStG Bayern. Er hat aber bereits eine durch die Vormerkung gesicherte Anwartschaft auf eine Sicherungshypothek bei Übergang des Grundstückseigentums. Seine Position ist damit keine schlechtere als etwa die des durch Vormerkung gesicherten zukünftigen Hypothekengläubigers, der durch den RFH als Grundpfandgläubiger behandelt worden ist.

Berücksichtigt man, daß z. B. der Bürge als Grundpfandgläubiger behandelt wird, obwohl er Grundpfandgläubiger erst werden kann, wenn er den Gläubiger befriedigt, so entspricht es einer zweckgerichteten Auslegung des § 9 Abs. 4, 5 GrEStG Bayern, den Gläubiger eines Pfandrechtes an einem vormerkungsgesicherten Auflassungsanspruch als Grundpfandgläubiger zu behandeln.

Beachtet werden muß schließlich noch, daß die Verpfändung des vormerkungsgeschützten Auflassungsanspruchs für den Käufer im allgemeinen das einzige in Betracht kommende Sicherungsmittel ist, es sei denn, der Verkäufer ist bereit, noch als Eigentümer Grundpfandrechte eintragen zu lassen, durch die an den Käufer gewährte Kredite gesichert werden können (vgl. in diesem Zusammenhang auch Vollkommer in Rechtspfleger 1969 S. 409).

Die Klägerin ist zwar aus der Verpfändung des Auflassungsanspruchs niemals Hypothekengläubigerin geworden. Dies ändert nichts daran, daß das Pfandrecht an dem Auflassungsanspruch als Grundpfandrecht bei Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG Bayern zu behandeln ist. Es kann auch insoweit nichts anderes gelten als bei einer Vormerkung für eine bewilligte aber noch nicht eingetragene Hypothek. Entscheidend ist, daß die Klägerin hinsichtlich ihres Pfandrechtes an dem Auflassungsanspruch in der Zwangsversteigerung nicht anders behandelt worden ist, als wenn aus dem Pfandrecht an dem Auflassungsanspruch bereits eine Sicherungshypothek geworden wäre.

Das Urteil des erkennenden Senats vom 21. August 1963 II 180/59 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1964 S. 244) steht dieser Auffassung nicht entgegen. Dort war darüber zu entscheiden, ob ein durch Auflassungsvormerkung gesichertes Angebot auf Abschluß eines Kaufvertrages als Grundpfandrecht im Sinne des § 9 Abs. 4, 5 GrEStG 1940 zu behandeln sei. Im vorliegenden Fall geht es dagegen darum, ob derjenige Grundpfandgläubiger im Sinne von § 9 Abs. 5 GrEStG Bayern ist, dessen Geldforderung durch ein Pfandrecht an dem durch Vormerkung geschützten Auflassungsanspruch abgesichert wird. Beide Fälle sind nicht vergleichbar. Es bedarf unter diesen Umständen keiner Auseinandersetzung mit dem Urteil II 180/59.

Bezieht man das Pfandrecht der Gläubigerin an dem vormerkungsgeschützten Auflassungsanspruch in die Vergleichsberechnung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG Bayern ein, so zeigt sich, daß die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt worden sind. Ob auch die anderen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 GrEStG Bayern erfüllt worden sind, hat das FG bisher nicht geprüft.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73235

BStBl II 1979, 685

BFHE 1979, 416

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