Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ehefrau (der Ehemann) ist dann im Sinne des § 53 Abs. 2 Ziff. 5 a Satz 2 LAG selbständig zur Vermögensabgabe zu veranlagen, wenn sie (er) abgabepflichtiges Vermögen gemäß § 30 Ziff. 1 LAG besitzt.

Die Bestimmung des § 53 Abs. 2 Ziff. 5 a Satz 2 LAG ist dahin auszulegen, daß die Ermäßigung nicht gewährt wird, wenn beide Ehegatten selbständig zur Vermögensabgabe zu veranlagen sind.

 

Normenkette

LAG § 53/2/5/a

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) wurde, da sie am 21. Juni 1948 abgabepflichtiges Vermögen besaß, zur Vermögensabgabe veranlagt. Sie hat am 17. November 1951 geheiratet. Ihr Ehemann war, da er am Währungsstichtag kein abgabepflichtiges Vermögen besaß, nicht zur Vermögensabgabe heranzuziehen. Streitig ist, ob der Bfin. ab 1. April 1952 die Familienermäßigung "für die Ehefrau" nach § 53 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) zu gewähren ist. Das Finanzamt hat den dahingehenden Antrag der Bfin. unter Berufung auf § 53 Abs. 2 Ziff. 5 a LAG abgelehnt. Das Finanzgericht hat auf die Sprungberufung der Bfin. die Familienermäßigung zuerkannt mit der Begründung, Satz 2 des § 53 Abs. 2 Ziff. 5 a LAG "Die Ermäßigung wird nicht gewährt für eine Ehefrau, die selbständig zur Vermögensabgabe zu veranlagen ist" wolle lediglich verhindern, daß die Ermäßigung (scil. bei selbständiger Veranlagung beider Ehegatten) zweimal gewährt werde. Das scheide aber im Streitfall schon deshalb aus, weil nur die Ehefrau der Vermögensabgabe unterliege.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts gegen das Urteil des Finanzgerichts, die wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache nach § 286 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) zugelassen ist, kann keinen Erfolg haben.

Die Familienermäßigung bei der Vermögensabgabe wird nach § 53 LAG nicht wie bei der Vermögensteuer nach den Verhältnissen an einem Stichtag in Form eines Freibetrags gewährt, da bei diesem Verfahren eine Anpassung an die jeweiligen Verhältnisse während der vieljährigen Laufzeit der Vierteljahresbeträge nicht möglich wäre. Um eine solche Anpassung zu erreichen, wird die Familienermäßigung nach § 53 Abs. 2 Ziff. 2 LAG jeweils nur für ein Kalenderjahr (erstmalig für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1952) gewährt. Dabei ist nach dem System des § 53 LAG zwischen denjenigen Voraussetzungen zu unterscheiden, die zu Beginn des 21. Juni 1948 als dem Zeitpunkt, an dem die Abgabeschuld nach § 20 LAG als entstanden gilt, und denjenigen Voraussetzungen, die für das jeweilige Kalenderjahr, für das die Ermäßigung begehrt wird, vorliegen müssen. Zu den an die Verhältnisse zu Beginn des 21. Juni 1948 geknüpften Voraussetzungen gehören bei der Ermäßigung für die Ehefrau positiv die unbeschränkte Abgabepflicht (ß 53 Abs. 1 Satz 1 LAG) und negativ die nicht selbständige Veranlagung der Ehefrau zur Vermögensabgabe (ß 53 Abs. 2 Ziff. 5 a Satz 2 LAG). Zu den Voraussetzungen, die für die einzelnen Kalenderjahre vorliegen müssen, gehört einmal, daß zu Beginn des Kalenderjahres die Ehe besteht, beide Ehegatten unbeschränkt vermögensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben (ß 53 Abs. 2 Ziff. 3 in Verbindung mit Ziff. 5 a Satz 1 LAG), zum andern die Begrenzung des Gesamtvermögens gemäß § 53 Abs. 1 LAG.

Im Streitfall hängt die Entscheidung über die Gewährung der Ehefrauenermäßigung von der Auslegung des § 53 Abs. 2 Ziff. 5 a Satz 2 LAG - Nichtgewährung der Ermäßigung für eine Ehefrau, die selbständig zur Vermögensabgabe zu veranlagen ist - ab, da alle sonstigen Voraussetzungen für ihre Zuerkennung gegeben sind. Dabei ist zunächst zu untersuchen, was unter "selbständiger Veranlagung zur Vermögensabgabe" zu verstehen ist. Der erkennende Senat hat im Urteil III 273/51 U vom 7. November 1952 (Slg. Bd. 56 S. 838, Bundessteuerblatt - BStBl. - 1952 III S. 321) zur Frage der Zusammenrechnung des Vermögens des Haushaltsvorstandes mit dem Vermögen seiner noch nicht 18 Jahre alten Kinder nach § 13 Abs. 1 Ziff. 2 des Soforthilfegesetzes (SHG) ausgesprochen, daß eine Zusammenrechnung im Sinne dieser Vorschrift auch dann vorliege, wenn in der Hand der Kinder abgabepflichtiges Vermögen nicht vorhanden sei, so daß auch in diesem Fall die Kinder nach § 7 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) als Gesamtschuldner hafteten. Anknüpfend an dieses Urteil hält der Kommentar von Hopf-Littmann, Anm. 1 Buchst. e zu §§ 53, 53 a LAG, die Auslegung für möglich, daß es nicht darauf ankomme, ob eine Person zur Vermögensabgabe herangezogen worden oder selbst Abgabeschuldner geworden sei, sondern vielmehr darauf, ob sie selbständig abgabepflichtig sei. Das treffe aber auf alle zu Beginn des 21. Juni 1948 lebenden Personen zu, so daß bei dieser Auslegung für die Kinderermäßigung nach der entsprechenden Bestimmung des § 53 Abs. 2 Ziff. 5 b LAG zweiter Absatz nur solche Kinder in Betracht kämen, die nach dem 20. Juni 1948 geboren sind. Würde man dem für die Ehefrauenermäßigung folgen, so würde die Ermäßigung für alle nach dem 20. Juni 1948 geschlossenen Ehen ohne weiteres dann ausscheiden, wenn, was auf Jahre hinaus immer zutreffen wird, die Ehefrau vor dem 21. Juni 1948 geboren ist. Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden. Es ist zwar richtig - und nur das kann aus dem Urteil des Senats vom 7. November 1952 gefolgert werden -, daß in den Fällen der Zusammenveranlagung nach § 38 LAG das der Zusammenveranlagung unterliegende Vermögen ohne Rücksicht darauf, welchem Ehegatten es gehört, als Einheit anzusehen ist, und daß weiter für die durch die Zusammenveranlagung begründete Vierteljahresschuld Ehemann und Ehefrau gleichermaßen Abgabeschuldner sind, auch wenn nur ein Ehegatte Eigentümer des der Abgabe unterliegenden Vermögens ist. Dieses aus der Einheit des Vermögens im Falle der Zusammenveranlagung hergeleitete Ergebnis besagt aber nicht, daß eine Person auch dann selbständig zur Vermögensabgabe zu veranlagen ist, wenn sie zwar am 21. Juni 1948 existiert, aber kein Vermögen besitzt. Zweifelhaft kann nur sein, ob man jemand als "selbständig zur Vermögensabgabe zu veranlagen" ansehen will, wenn die betreffende Person

zwar der Abgabe unterliegendes Vermögen im Sinne des § 21 in Verbindung mit den §§ 22 bis 27 LAG, aber kein abgabepflichtiges Vermögen im Sinne des § 30 Ziff. 1 LAG besitzt, oder

abgabepflichtiges Vermögen im Sinne des § 30 Ziff. 1 LAG, d. h. nach Abzug des Freibetrags noch der Abgabe unterliegendes Vermögen besitzt, oder

Schuldner einer Abgabeschuld nach Ermäßigung der Abgabe wegen Kriegssachschäden, Vertreibungsschäden oder Ostschäden im Sinne des § 31 LAG ist, oder

Schuldner einer verbleibenden Abgabeschuld nach Anrechnung der Soforthilfeabgabe im Sinne des § 33 Abs. 1 Ziff. 1 LAG ist. Der Senat hält die Auffassung, wie sie auch in der Lastenausgleichs-Kartei § 53 Karte 5 sowie von Kühne-Wolff, Anm. 13 zu § 53 LAG, und Hopf-Littmann, Anm. 1 Buchst. e unter bb Abs. 2 zu den §§ 53, 53 a LAG, vertreten wird, für zutreffend, daß eine selbständige Veranlagung zur Vermögensabgabe dann vorliegt, wenn der Fall b gegeben ist, d. h. wenn sich nach Abzug des Freibetrags noch ein abgabepflichtiges Vermögen ergibt (ß 30 Ziff. 1 LAG). Für diese Auffassung spricht insbesondere der Umstand, daß wie noch darzutun sein wird, der Verlust der Familienermäßigung wegen selbständiger Veranlagung der Ehefrau zur Vermögensabgabe seinen Grund hauptsächlich darin hat, daß bei selbständiger Veranlagung beider Ehepartner der Vorteil des Freibetrags zweimal gegeben ist. Diesen Vorteil genießt aber der selbständig veranlagte Ehepartner auf jeden Fall dann in vollem Umfang, wenn nach Abzug des Freibetrags noch abgabepflichtiges Vermögen verbleibt.

Geht man nun weiter zunächst einmal davon aus, daß der zur Vermögensabgabe selbständig veranlagte Ehemann, der nach dem 20. Juni 1948 geheiratet hat, beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für die einzelnen Kalenderjahre nach der Eheschließung die Ehefrauenermäßigung dann erhält, wenn seine Frau "nicht selbständig zur Vermögensabgabe zu veranlagen ist", so muß man sich fragen, warum nicht im umgekehrten Falle - wenn die Ehefrau zur Vermögensabgabe selbständig veranlagt und der Ehemann, den sie nach dem 20. Juni 1948 geheiratet hat, nicht selbständig zur Vermögensabgabe zu veranlagen ist - das gleiche gelten soll. Der Sinn und Zweck der Versagung der Ermäßigung für die Ehefrau nach § 53 Abs. 5 Ziff. 5 a Satz 2 LAG kann doch nur darin liegen, daß der Gesetzgeber die soziale Verpflichtung, einer an den jeweiligen Stichtagen bestehenden Ehe zwischen unbeschränkt abgabe- und vermögensteuerpflichtigen und nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten mit einem eine bestimmte Grenze nicht überschreitenden Gesamtvermögen durch Ermäßigung der Vierteljahresbeträge Rechnung zu tragen, dann nicht für gegeben hielt, wenn beide Ehegatten am 21. Juni 1948 abgabepflichtiges Vermögen im Sinne des § 30 LAG besaßen und gleichwohl nicht nach § 38 LAG zusammen zu veranlagen waren, mithin je für sich den Vorteil des Freibetrags nach § 29 Abs. 1 LAG hatten. Dann entfällt aber jeder sachliche Grund, der selbständig zur Vermögensabgabe veranlagten Ehefrau beim Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen die Ermäßigung zu versagen, wenn der Ehemann nicht selbständig zur Vermögensabgabe zu veranlagen ist. Die wörtliche Auslegung des § 53 Abs. 2 Ziff. 5 a Satz 2 LAG würde hiernach zu einem nicht sinnvollen Ergebnis führen, das der Gesetzgeber nach Ansicht des Senats nicht gewollt hat. Die Bestimmung ist daher entgegen ihrem Wortlaut dahin auszulegen, daß die Ermäßigung nicht gewährt wird, wenn beide Ehegatten selbständig zur Vermögensabgabe zu veranlagen sind. Dem steht auch nicht entgegen, daß das Gesetz von einer Ermäßigung "für die Ehefrau" spricht. Denn im Grunde genommen wird die Ermäßigung weder "für" die Ehefrau noch "für" den Ehemann, sondern "wegen" der am jeweiligen Stichtag bestehenden Ehe als einer aus ethischen und sozialen Gründen steuerlich begünstigten Institution gewährt.

Hiernach mußte die Rb. des Vorstehers des Finanzamts mit der Kostenfolge des § 309 AO als unbegründet zurückgewiesen werden.

 

Fundstellen

BStBl III 1955, 108

BFHE 1955, 279

BFHE 60, 279

StRK, LAG:53 R 1

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