Leitsatz (amtlich)

1. Die Überlassung aller Patentrechte, die in einer Forschungsabteilung erarbeitet wurden, ist keine Veräußerung eines in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betriebs im ganzen im Sinne des § 85 UStDB, auch wenn die Forschungsabteilung anschließend aufgelöst wird.

2. Eine Lieferung von Rechten ist umsatzsteuerrechtlich nicht möglich.

 

Normenkette

UStG § 7 Abs. 3; UStDB § 11 Abs. 2, § 85

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) betreibt die Fabrikation und den Großhandel. Außerdem unterhielt sie eine Forschungsabteilung, die in getrennten Räumen untergebracht war und unmittelbar der Geschäftsleitung unterstand. Im Jahre 1959 verkaufte die Steuerpflichtige fünf beim Deutschen Patentamt hinterlegte Patentanmeldungen, die zur Patenterteilung heranstanden, und willigte gleichzeitig ein, daß diese Patentanmeldungen – frei von Rechten Dritter – in der Patentrolle auf den Käufer umgeschrieben werden. Anschließend löste sie die Forschungsabteilung auf.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt – FA –) zog die Steuerpflichtige mit dem Erlös aus dem Verkauf der Patentanmeldungen zum Steuersatz von 4 v. H. zur Umsatzsteuer heran.

Einspruch und Berufung, in denen die Steuerpflichtige den Steuersatz von 1 v. H. nach § 85 UStDB begehrte, weil es sich bei dem Verkauf der Patentanmeldungen in Verbindung mit der anschließenden Aufgabe der Forschungsabteilung um die Veräußerung eines gesondert geführten Teilbetriebs gehandelt habe, blieben erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) sah die Forschungsabteilung nicht als selbständiges Wirtschaftsgebilde an. Es hielt § 85 UStDB aber auch für den Fall nicht für anwendbar, daß ein in der Gliederung des Unternehmens der Steuerpflichtigen gesondert geführter Betrieb unterstellt werde. Denn Gegenstand des Veräußerungsgeschäfts seien lediglich die Patentanmeldungen, also die Ergebnisse der Forschungsarbeit gewesen.

In der als Revision zu behandelnden Rb. (§§ 184 Abs. 2, 115 ff. FGO) vertritt die Steuerpflichtige die Ansicht, die Forschungsabteilung, die am wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen habe, sei ein Teilbetrieb im Sinne des § 85 UStDB gewesen. Diese Bestimmung dürfe im gegebenen Fall im Hinblick auf die Entwicklung der Wirtschaft nicht zu eng ausgelegt werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Es kann unerörtert bleiben, ob die Vorinstanz ihre Entscheidung darauf stützen konnte, daß die Forschungsabteilung kein in der Gliederung des Unternehmens der Steuerpflichtigen gesondert geführter Betrieb war. Das FG kam nämlich zu dem zutreffenden Ergebnis, daß § 85 UStDB auch deshalb nicht anwendbar ist, weil nicht ein Teilbetrieb im ganzen übereignet wurde. Die Übertragung der fünf patentreifen Anmeldungen unter Übergabe der Unterlagen und aller zum Verständnis notwendigen Aufschreibungen ist eine Veräußerung der mehrjährigen Arbeitsergebnisse der Forschungsabteilung, deren Bestand im Rahmen des Unternehmens der Steuerpflichtigen dadurch nicht beeinträchtigt wurde. Dieser verblieben alle bisher benutzten, für die Forschung erforderlichen Einrichtungen und Materialien sowie die Organisation. Der Erwerber hat mit den Patentanmeldungen nicht die wesentlichen Grundlagen des Forschungsbetriebs übernommen, sondern dessen Erfolge. Er war nicht in der Lage, mit den ihm eingeräumten Rechten die Forschung weiter zu betreiben. Der Käufer konnte lediglich die Gegenstände der Erfindungen herstellen bzw. herstellen lassen und verwenden.

Die spätere Aufgabe oder Auflösung der Forschungsabteilung durch die Steuerpflichtige beeinflußt die rechtliche Beurteilung nicht. Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Übereignung an den Erwerber (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – V 173/63 U vom 25. November 1965, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 85 S. 343 – BFH 85, 343 – , BStBl III 1966, 333). Zu dieser Zeit war der Forschungsbetrieb noch vorhanden, ohne daß die technische Einrichtung und andere Gegenstände dem Erwerber übereignet worden sind. Sie verblieben im Eigentum der Steuerpflichtigen.

Da nach den vorstehenden Ausführungen nicht ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb im ganzen übereignet worden ist, kann der Steuerpflichtigen der Steuersatz von 1 v. H. des Entgelts nach § 85 Abs. 4 UStDB nicht gewährt werden.

Der Steuerpflichtigen steht eine Ermäßigung des Steuersatzes auf 1 v. H. auch auf Grund anderer rechtlicher Erwägungen (§ 7 UStG in Verbindung mit § 11 Abs. 2 UStDB) nicht zu. Die Überlassung von Patentrechten, um eine solche handelt es sich hier wirtschaftlich, ist eine sonstige Leistung nach § 7 Abs. 1 UStDB. Eine Lieferung von Rechten ist umsatzsteuerrechtlich nicht möglich (Urteil des BFH V 185/63 vom 22. Juni 1967, BFH 89, 366, BStBl III 1967, 662).

Die Revision war daher unter Berücksichtigung des § 126 Abs. 4 FGO mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückzuweisen. Der Streitwert wurde nach § 140 Abs. 3 FGO bestimmt.

 

Fundstellen

BFHE 1968, 502

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