Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung des § 145 Abs. 3 Ziff. 3 AO in der Fassung des § 18 GrEStG 1940.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 3 Ziff. 1; GrEStG § 1 Abs. 3 Ziff. 2; AO § 145 Abs. 3 Nr. 3

 

Tatbestand

Der Bg. hatte im Jahre 1942 sämtliche Anteile der Gewerkschaft X. erworben. Zum Vermögen der Gewerkschaft gehörten damals Grundstücke (Einheitswert insgesamt 5 398 160 RM). Grundbuchrechtlich eingetragene Eigentümerin der Grundstücke war die bezeichnete Gewerkschaft.

Das Finanzamt zog den Vorgang der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Ziff. 1 bzw. 2 GrEStG) durch Steuerbescheid vom 11. Mai 1959 -- also ungefähr 17 Jahre nach der Anteilsvereinigung -- zu einer Grunderwerbsteuer von 37 787, 10 DM heran.

Der Bg. machte geltend, daß die Steuerforderung verjährt sei. Außerdem habe das Finanzamt den Anspruch auf Erhebung der Grunderwerbsteuer verwirkt. Denn es habe am 21. November 1955 die Rechtsauskunft erteilt, die Grunderwerbsteuer für den Erwerb der Kuxe durch den Bg. im Jahre 1942 sei infolge Eintritts der Verjährung entfallen.

Demgegenüber wurde vom Finanzamt die Auffassung vertreten, daß der Steueranspruch zu Recht bestehe. Insbesondere sei der streitige Vorgang nicht verjährt. Der Gesetzgeber habe für die Fälle des § 1 Abs. 3 GrEStG die allgemeine Verjährungsfrist von fünf Jahren hinausschieben wollen. Das lasse sich aus dem Wortlaut des § 145 Abs. 3 Ziff. 3 AO schließen.

Auf die Sprungberufung wurde der Steuerbescheid aufgehoben und der Bg. von der Steuer freigestellt. Das Finanzgericht führte aus: Nach § 144 AO verjähre die Grunderwerbsteuer in fünf Jahren, soweit es sich nicht um hinterzogene Steuern handele. § 145 AO bestimme, wann die Verjährung beginne. Das solle grundsätzlich mit dem Ablauf des Jahres geschehen, in dem ein Erwerber des Grundstücks als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden sei. Diese Regelung passe nicht auf den Streitfall. Hier habe kein Wechsel im Grundstückseigentum stattgefunden. Die Eintragung eines neuen Eigentümers ins Grundbuch komme also nicht in Frage. In der Streitsache habe sich lediglich der Erwerb aller Anteile an einer Kapitalgesellschaft in einer Hand vollzogen. Die Vereinigung sämtlicher Kuxe an der Gewerkschaft X. in der Hand eines fremden Staates habe das Grundstückseigentum der Gewerkschaft nicht berühren können, schließe also eine Berichtigung des Grundbuches aus. Gebe es aber keine Eintragung des neuen Eigentümers in das Grundbuch, so könne auch die Verjährung der Grunderwerbsteuer nicht mit einer Grundbuchänderung beginnen. § 145 Abs. 3 Ziff. 3 AO regele den Streitfall wegen seiner Besonderheit nicht, lasse sich mithin nicht anwenden. Es müsse daher auf die sonstigen Bestimmungen zurückgegriffen werden, die für die Verjährung in Betracht zu ziehen seien. Das seien § 144, § 145 Abs. 1 AO und § 3 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG). Bei vernünftiger Auslegung dieser Vorschriften laufe die Verjährung nach Ende des Jahres an, in dem sich die Vereinigung aller Anteile bei dem Bg. vollzogen habe (§ 145 Abs. 1 AO und § 3 Abs. 1 StAnpG). Die Verjährung habe demnach am 1. Januar 1943 begonnen und sei am 1. Januar 1948 vollendet gewesen (§ 144 AO). Damit sei der Anspruch des Finanzamts auf die Grunderwerbsteuer erloschen (§ 148 AO). Gründe, die die Verjährung nach §§ 145 Abs. 2 bis 147 AO hätten hinausschieben oder unterbrechen können, hätten nach den Akten nicht vorgelegen. Das Finanzamt habe zu Unrecht versucht, die Vorschrift des § 145 Abs. 3 Ziff. 3 AO für Fälle der vorliegenden Art erweiternd auszulegen. Es fordere auf der einen Seite eine Hinausschiebung des Beginns der Verjährung, sage aber andererseits nichts darüber, wann eigentlich die Verjährung. anlaufen solle. Praktisch vermöge bei einer solchen Rechtsauffassung die Verjährung überhaupt nicht anzufangen und infolgedessen auch nicht zu enden. Diese Auslegung des § 145 AO finde im Gesetz weder eine Stütze noch entspreche sie dem Willen des Gesetzgebers; denn es heiße im § 143 AO unzweideutig, daß alle Ansprüche aus Steuergesetzen der Verjährung unterworfen seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist ohne Erfolg.

Der Auffassung des Finanzgerichts ist vollen Umfanges zuzustimmen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425874

BStBl III 1963, 18

BFHE 1963, 48

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