Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung des § 1 Abs. 3 Ziff. 2 GrEStG.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 3 Ziff. 2

 

Tatbestand

Eine GmbH (Beschwerdegegnerin - Bgin. -) mit einem Stammkapital von 1.700.000 DM, von dem ein Anteil von 1.675.000 DM der Hauptgesellschafterin gehörte und ein Anteil von 25.000 DM einem Treuhänder der Hauptgesellschafterin zustand, erhöhte 1951 das Stammkapital auf 3.000.000 DM. Das neue Kapital wurde in vollem Umfange von der Hauptgesellschafterin übernommen. Einige Monate nach der Kapitalerhöhung übertrug der Treuhänder mit notariellem Vertrag seinen Anteil auf die Bgin. Zu ihrem Vermögen gehörten auch nach der Kapitalerhöhung erworbene inländische Grundstücke. Unter Zugrundelegung des Werts nur dieser Grundstücke ist die Grunderwerbsteuer nebst Zuschlägen angefordert worden.

Streitig ist, ob durch die Abtretung des Anteils des Treuhänders an die Bgin. die Voraussetzungen einer steuerpflichtigen Vereinigung aller Anteile (ß 1 Abs. 3 Ziff. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes - GrEStG -) erfüllt sind.

Die Vorinstanz verneinte die Steuerpflicht. Sie ging insbesondere davon aus, daß, da am Tage der Abtretung des Restanteils (25.000 DM) schon über 99 % des Stammkapitals von 3 Millionen DM in den Händen der Hauptgesellschafterin war, bereits vor der Abtretung des Restanteils sämtliche Anteile der Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG in einer Hand vereinigt gewesen seien. Eine die Steuerpflicht auslösende Vereinigung durch den Erwerb des Restanteils sei daher nicht anzunehmen.

 

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer - Bf. - (Vorsteher des Finanzamts) wendet sich in der Rechtsbeschwerde hiergegen. Er hat Erfolg.

Zur Zeit der Abtretung des Anteils von 25.000 DM auf die Bgin., d. h. auf die Gesellschaft, deren Anteil übertragen wurde, befanden sich alle übrigen Anteile in der Hand der Hauptgesellschafterin. Nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs II A 618/31 vom 9. Februar 1952, Slg. Bd. 30 S. 199, dem der Senat beitritt (vgl. auch das Urteil II A 485/29 vom 23. Oktober 1929, Slg. Bd. 26 S. 100), führt die übertragung des Anteils von 25.000 DM auf die Gesellschaft selbst die Vereinigung aller Anteile in der Hand der Person herbei, die alle übrigen Anteile besitzt.

Es bleibt zu prüfen, ob die Steuerpflicht dieser Vereinigung aller Anteile in einer Hand dadurch ausgeschlossen wird, daß die Hauptgesellschafterin schon vorher als Inhaberin aller Anteile anzusehen war. Das Finanzgericht bejaht diese Frage im Hinblick darauf, daß der Anteil von 25.000 DM schon bei der Gründung von einem Treuhänder für die Hauptgesellschafterin übernommen worden war, und darauf, daß die Hauptgesellschafterin (durch die Kapitalerhöhung) in den Besitz aller Anteile mit Ausnahme des unbeachtlichen Zwerganteils von 5/6% (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs II 47/43 vom 26. August 1943, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1943 S. 814 und Urteil des Bundesfinanzhofs II 136/50 U vom 26. Oktober 1951, Slg. Bd. 55 S. 594, Bundessteuerblatt - BStBl. - 1951 III S. 239) gelangt war. Hierin kann dem Finanzgericht nicht gefolgt werden. Eine Prüfung der Frage, ob durch eine vorhergehende "Vereinigung aller Anteile" eine an sich gegebene Steuerpflicht aus § 1 Abs. 3 GrEStG ausgeschlossen werden kann, könnte nur dann in Betracht kommen, wenn schon der vorhergehende Tatbestand eine Vereinigung aller Anteile in einer Hand im Sinne des § 1 Abs. 3 a. a. O. dargestellt hat. Denn auch unter der früheren Vereinigung aller Anteile kann im Rahmen der grunderwerbsteuerlichen Betrachtung nur eine solche verstanden werden, die den Tatbestand des § 1 Abs. 3 a. a. O. erfüllt. Das trifft aber im Streitfall nicht zu. Die übernahme von Geschäftsanteilen anläßlich der Gründung oder der Kapitalerhöhung kann nicht als übertragung oder übergang im Sinne des § 1 Abs. 3 a. a. O. angesehen werden.

Das Urteil unterlag daher der Aufhebung. Der Streitfall ist nicht spruchreif. Wie aus den Akten ersichtlich ist, sind die Grundstücke bzw. Gebäude auf fremdem Boden (ß 2 Abs. 2 Ziff. 3 GrEStG), die der Bgin. schon vor der Kapitalerhöhung gehörten, noch nicht in die Steuerberechnung einbezogen. Zur weiteren Veranlassung wird der Steuerstreit daher an das Finanzamt zurückverwiesen.

 

Fundstellen

BStBl III 1954, 34

BFHE 1954, 315

BFHE 58, 315

StRK, GrEStG:1 R 19

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