Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbevollmächtigtenprüfung - Ablauf der Antragsfrist

 

Leitsatz (NV)

Zur Zulässigkeit einer Klage auf Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung und Aufhebung der (negativen) Prüfungsentscheidung über die zweite Wiederholungsprüfung nach Ablauf der Antragsfrist gemäß § 156 Abs. 5 StBerG (mangelndes Rechtschutzinteresse bei Anfechtungsklage).

 

Normenkette

StBerG § 35 Abs. 2, § 156 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 Sätze 1-2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat die Steuerbevollmächtigtenprüfung 1976 und die im Jahre 1978 durchgeführte Wiederholungsprüfung nicht bestanden. Von der Steuerbevollmächtigtenprüfung 1981 ist er zurückgetreten. Seine Teilnahme an der Steuerbevollmächtigtenprüfung 1982 (zweite Wiederholungsprüfung) blieb wiederum erfolglos.

Mit seiner Klage gegen die Prüfungsentscheidung vom 3. Januar 1983, mit der ihm nach Durchführung des schriftlichen Teils der Steuerbevollmächtigtenprüfung 1982 mitgeteilt worden war, daß er die Prüfung nicht bestanden habe, begehrte der Kläger, die Prüfungsentscheidung aufzuheben und ihn in einem anderen Bundesland, hilfsweise auch im Bereich der Beklagten und Revisionsbeklagten (Oberfinanzdirektion - OFD -) erneut zur Prüfung zuzulassen und ihm hierbei eine Verlängerung der Bearbeitungszeit zu gewähren. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts. Er macht im wesentlichen geltend, er sei gemäß § 21 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) durch Erklärung gegenüber dem Aufsichtsführenden von der Prüfung zurückgetreten, so daß die Prüfung als nicht abgelegt gelte und die Prüfungsentscheidung deshalb aufgehoben werden müsse. Das FG habe trotz seines entsprechenden Vorbringens in der Klageschrift die Umstände, aus denen sich sein Rücktritt von der Prüfung ergebe, nicht genügend aufgeklärt und sie bei der Urteilsfindung nicht berücksichtigt. Außerdem hätte das FG die angefochtene Entscheidung auch deshalb aufheben müssen, weil ihm die OFD rechtsfehlerhaft die aus Alters- und Gesundheitsgründen beantragte Verlängerung der Bearbeitungszeit für die Klausuren versagt habe.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Prüfungsentscheidung der OFD aufzuheben und ihn in einem anderen Bundesland, hilfsweise im Bereich der OFD, erneut zur Prüfung zuzulassen.

Die OFD beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Der Kläger begehrt, im Ergebnis so gestellt zu werden, als sei er wirksam von der zweiten Wiederholungsprüfung (§ 156 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 35 Abs. 2 des Steuerberatungsgesetzes - StBerG -) zurückgetreten (§ 33 Abs. 5 Satz 4 i. V. m. § 21 DVStB), so daß er diese Prüfung erneut ablegen könne (§ 33 Abs. 5 Satz 4, § 21 Abs. 2 DVStB). Soweit der Kläger im gerichtlichen Verfahren beantragt hat, ihn erneut zur Prüfung zuzulassen, ist die Revision schon deshalb unbegründet, weil über die Zulassung zur Prüfung - auch der Wiederholungsprüfung - als Steuerbevollmächtigter der Zulassungsausschuß entscheidet, der bei der OFD zu bilden ist (§ 32 Abs. 1, § 33 Abs. 7 DVStB). Über die vom Kläger im Klageverfahren zusätzlich begehrte Gewährung von Erleichterungen für die Anfertigung der Aufsichtsarbeiten entscheidet ebenfalls die OFD auf besonderen Antrag, der zusammen mit dem Antrag auf Zulassung zur Prüfung zu stellen ist (§ 33 Abs. 5 Satz 4, § 18 Abs. 3 DVStB). Die Zulassung zur Prüfung und die in diesem Zusammenhang zu treffenden Entscheidungen können also nicht vom Gericht ausgesprochen werden. Die Klage wäre insoweit auch nicht als Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) zulässig, weil der Kläger einen erneuten Zulassungsantrag bei der Verwaltung noch nicht gestellt hat und er somit nicht geltend machen kann, durch die Ablehnung oder Unterlassung des begehrten Verwaltungsakts der erneuten Zulassung in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO).

Ein Rechtsschutzinteresse für die ebenfalls beantragte Aufhebung der Prüfungsentscheidung wäre nur dann gegeben, wenn der Kläger auf diesem Wege sein Rechtsschutzziel erreichen könnte, erneut zur Prüfung - wenn auch auf einen noch bei der Verwaltung zu stellenden Antrag hin - zugelassen zu werden. Zwar ist im Regelfall die Anfechtungsklage gegen eine negative Prüfungsentscheidung zulässig, da der Prüfling geltend machen kann, durch die Entscheidung in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO; Urteil des erkennenden Senats vom 22. März 1977 VII R 26/76, BFHE 122, 11, BStBl II 1977, 611). Im Streitfall entnimmt der Senat jedoch aus den Anträgen und dem Revisionsvorbringen des Klägers, daß es diesem nicht um die selbständige Anfechtung der Prüfungsentscheidung geht, sondern daß sein Rechtsschutzbegehren darauf gerichtet ist, noch einmal an einer Steuerbevollmächtigtenprüfung teilnehmen zu dürfen. Da der Kläger diese Prüfung bereits zweimal ohne Erfolg wiederholt hat und deshalb seine Teilnahme an einer weiteren Wiederholungsprüfung nicht mehr zulässig wäre (§ 156 Abs. 1 Satz 2, § 35 Abs. 2 StBerG), mußte er - aus seiner Sicht - das Zulassungsbegehren mit dem Antrag auf Aufhebung der letzten Prüfungsentscheidung verbinden. Da aber die gesetzliche Ausschlußfrist für den Antrag auf Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung (§ 156 Abs. 5 StBerG) abgelaufen ist, kommt eine Zulassung des Klägers durch den Zulassungausschuß nicht mehr in Betracht, auch wenn er wirksam von der zweiten Wiederholungsprüfung zurückgetreten sein sollte und die Prüfungsentscheidung aus diesem Grunde aufzuheben wäre. Für die Klage des Klägers fehlte bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung (4. Februar 1983) das Rechtsschutzinteresse; die gegen das abweisende Urteil des FG eingelegte Revision ist somit unbegründet.

Nach § 156 Abs. 5 Satz 1 StBerG konnte der Antrag auf Zulassung zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter bis zum Ablauf des achten Jahres nach Inkrafttreten der Absätze 1 bis 4 gestellt werden. Der erkennende Senat hat mit seinem Urteil vom 2. Juni 1981 VII R 3/81 (BFHE 133, 240, BStBl II 1981, 591) entschieden, daß die regelmäßige Übergangszeit für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung mit Ablauf des 12. August 1980 endete, weil die durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 11. August 1972 (BGBl I 1972, 1401) als § 118a in das StBerG eingefügten Absätze 1 bis 4 am 13. August 1972 in Kraft getreten sind. Der Kläger könnte damit, auch wenn er während der Steuerbevollmächtigtenprüfung 1982 wirksam von dieser zurückgetreten sein sollte, nicht mehr erneut zur zweiten Wiederholungsprüfung zugelassen werden. Nach dem Sinn und Zweck der Übergangsregelung des § 156 Abs. 5 Satz 1 StBerG sollte die achtjährige Übergangsfrist sicherstellen, ,,daß Berufsbewerber, die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmungen über die Zusammenführung der Berufe auf den Steuerbevollmächtigtenberuf vorbereiteten, die für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung notwendigen Vorbildungsvoraussetzungen . . . abschließen können" (BTDrucks IV/3456 S. 7 zu Nr. 21). Der Gesetzgeber sah aber keinen Anlaß, den Bewerbern, die - wie der Kläger - innerhalb der Übergangsfrist ihren erstmaligen Zulassungsantrag stellen konnten, auch im Falle mehrmaligen Rücktritts von der Prüfung zeitlich unbegrenzt die Teilnahme an der Prüfung - einschließlich der beiden Wiederholungsprüfungen (§ 156 Abs. 1 Satz 2, § 35 Abs. 2 StBerG) - zu garantieren.

Das zeigt die nachträglich durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze (Art. 9) vom 18. August 1980 (BGBl I 1980, 1537, 1543) eingefügte Ergänzungsregelung des § 156 Abs. 5 Satz 2 StBerG. Danach verlängert sich für Bewerber, die nach dem 1. Januar 1979 die Prüfung als Steuerbevollmächtigter nicht bestanden oder aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen (z. B. Krankheit) an der Prüfung nicht teilgenommen haben, die in Satz 1 bezeichnete Frist um drei Jahre, d. h. also bis zum 12. August 1983. Durch die Gesetzesergänzung sollte sichergestellt werden, daß auch im Rahmen der Übergangsregelung Bewerbern, die die letzten regulären Steuerbevollmächtigtenprüfungen 1979, 1980 und 1981 nicht bestanden haben, die auch sonst garantierte (zweimalige) Wiederholungsprüfung offengehalten wird. Auf den Kläger findet diese Verlängerung der Antragsfrist für die Zulassung zur Prüfung schon deshalb keine Anwendung, weil er nicht nach dem 1. Januar 1979 die Prüfung als Steuerbevollmächtigter nicht bestanden hat oder unverschuldet an deren Teilnahme verhindert war. Vielmehr hat er die Prüfung erstmals in 1976 und die erfolglose erste Wiederholungsprüfung bereits in 1978 abgelegt. Aus der Regelung des § 156 Abs. 5 Sätze 1 und 2 StBerG folgt aber, daß Bewerber, die gegen Ende der Übergangsfrist von ihrem Recht auf Rücktritt von der Prüfung (§ 33 Abs. 5 Satz 4, § 21 Abs. 1 DVStB) Gebrauch machten, damit das Risiko eingingen, wegen Fristablaufs zu einer erneuten Prüfung nicht mehr zugelassen zu werden. Es kann dahinstehen, ob der Kläger während der Steuerbevollmächtigtenprüfung 1982 durch den Aufsichtsführenden rechtlich zutreffend über die Folgen eines Rücktritts belehrt worden ist oder ob er wegen einer unrichtigen Auskunft so zu behandeln wäre, als sei er wirksam von der Prüfung zurückgetreten. Ein rechtliches Interesse an der Aufhebung der Prüfungsentscheidung ist jedenfalls deshalb nicht gegeben, weil er bei Annahme eines Rücktritts nicht mehr erneut zur Prüfung zugelassen werden könnte. Eine Verlängerung der Antragsfrist nach § 156 Abs. 5 Satz 3 StBerG kommt nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt nicht in Betracht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414340

BFH/NV 1986, 560

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