Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfungsumfang bei Klagen gegen Körperschaftsteuerbescheide

 

Leitsatz (NV)

1. Ist gegen einen Körperschaftsteuerbescheid eine zulässige Klage erhoben, so hat das FG von Amts wegen unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten die Fehlerhaftigkeit der Körperschaftsteuerfestsetzung bis zu dem im Klageantrag genannten Betrag zu überprüfen. Dazu gehört auch die Überprüfung der sog. Körperschaftsteuerminderungs- und -erhöhungsbeträge i. S. des § 27 Abs. 1 KStG 1977.

2. Die Prüfung der Körperschaftsteuerminderungs- und -erhöhungsbeträge setzt in tatsächlicher Hinsicht die Feststellung der maßgebenden Bestände des verwendbaren Eigenkapitals voraus (Anschluß an BFH-Urteil vom 20. August 1986 I R 87/83, BFHE 147, 521, BStBl II 1987, 75).

 

Normenkette

KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2, § 27 Abs. 1; FGO § 126 Abs. 3 Nr. 2

 

Verfahrensgang

FG des Saarlandes

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revesionsklägerin (Klägerin) ist eine Steuerberatungs-GmbH, an der die Steuerberater X und Y zu je 50 v. H beteiligt waren. Geschäftsführer war in den Streitjahren Z, ein Schwager des Y. X und Y waren bei der Klägerin angestellt. Ihnen war Prokura erteilt.

Nach einer Außenprüfung nahm das FA verschiedene verdeckte Gewinnausschüttungen an. Für diese stellte es auch die Ausschüttungsbelastung her. Gegen die entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheide erhob die Klägerin erfolglos Klage. Mit ihrer Revision rügt sie die Verletzung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung , soweit sie mit der Revision angefochten wurde, und zur Zurückweisung der Sache an das FG zwecks anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Der erkennende Senat hat zuletzt in seinem Urteil vom 14. März 1989 I R 8/85 (BFHE 156, 452, BStBl II 1989, 633) entschieden, daß das FG aufgrund einer Anfechtungsklage, die sich (auch) gegen die Festsetzung der Körperschaftsteuer richtet, von Amts wegen unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten die Fehlerhaftigkeit der Körperschaftsteuerfestsetzung bis zu dem im Klageantrag genannten Betrag überprüfen muß. Dazu gehört auch die Überprüfung der sog. Körperschaftsteuerminderungs- und -erhöhungsbeträge i. S. des § 27 Abs. 1 KStG 1977. Die entsprechende Prüfung setzt in tatsächlicher Hinsicht die Feststellung der maßgebenden Bestände des verwendbaren Eigenkapitals voraus (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. August 1986 I R 87/83, BFHE 147, 521, BStBl II 1987, 75). Daran fehlt es im Streitfall. Das FG hat die für die revisionsrechtliche Überprüfung der Herstellung der Ausschüttungsbelastung notwendigen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen. Dies ist ein von Amts wegen zu beachtender materieller Fehler der Vorentscheidung, der zu deren Aufhebung und zur Zurückweisung der Sache an das FG führen muß, weil der BFH als Revisionsgericht die fehlenden Feststellungen nicht in eigener Zuständigkeit nachholen kann.

2. Mit Rücksicht auf den besonderen Verfahrensablauf weist der erkennende Senat für den zweiten Rechtszug auf folgendes hin:

a) Revisionsrechtlich ist es nicht zu beanstanden, daß das FG X und Y als beherrschende Gesellschafter der Klägerin angesehen hat (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1985 I R 247/81, BFHE 145, 165, BStBl II 1986, 195).

b) Verträge, die eine Kapitalgesellschaft mit ihren beherrschenden Gesellschaftern abschließt, sind nur dann im Sinne der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ,,klar", wenn sie eine Entgeltsvereinbarung enthalten, die es ermöglicht, die Höhe der von der Kapitalgesellschaft zu entrichtenden Vergütung allein durch Rechenvorgänge zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil vom 30. Januar 1985 I R 37/82, BFHE 143, 263, BStBl II 1985, 345). Daran fehlt es, wenn in einem Anstellungsvertrag ein Weihnachts- und Urlaubsgeld ohne jede zahlenmäßige Konkretisierung versprochen wird.

c) Die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrrschenden Gesellschafter setzt voraus, daß ein Vertrag durch Angebot und Annahme überhaupt zustande gekommen ist. Daran fehlt es, wenn der beherrschende Gesellschafter einen schriftlichen Vertrag entwirft, ihn seinerseits unterzeichnet und die Annahme durch die Kapitalgesellschaft in der Form der Beifügung der Unterschrift ihres Geschäftsführers in Fotokopie ,,ersetzt". Die Beifügung einer Unterschrift in Fotokopie ist keine Willenserklärung. Sie täuscht lediglich eine solche vor. Der Geschäftsführer der Kapitalgesellschaft kann einem solchen ,,Vertrag" auch nicht nachträglich zustimmen (§ 184 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -), weil es an einem Vertrag i. S. des § 182 BGB fehlt, dessen Wirksamkeit von der Zustimmung des Geschäftsführers abhängt. Der Geschäftsführer kann zwar einen inhaltsgleichen Vertrag mit dem beherrschenden Gesellschafter später abschließen. Dies setzt jedoch voraus, daß ein außenstehender Dritter zweifelsfrei erkennen kann, wann und was vereinbart wurde. Daran fehlt es, wenn der Geschäftsführer keine genauen Angaben darüber machen kann, wann genau er Kenntnis von dem gesamten Vorgang nahm.

 

Fundstellen

BFH/NV 1990, 674

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