Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Anwendung der Vorschriften der §§ 8 Ziff. 8 und 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG 1950 bei einem Vertrag über die Entnahme von Bruch- und Mauersteinen.

 

Normenkette

GewStG § 8 Ziff. 8, § 12 Abs. 2 Ziff. 2, § 8/7

 

Tatbestand

Der Bg. betreibt ein Bauunternehmen. Er hat mit dem Land mehrere Verträge geschlossen nach denen er berechtigt ist, aus der in einem staatlichen Forst gelegenen Fläche von 18,08 a Bruch- und Mauersteine zu entnehmen. Als Entgelt hat der Bg. für 1954 1.176 DM gezahlt. Nach seiner Darstellung entfallen hiervon 678 DM auf laufenden Pachtzins und 498 DM auf Vermessungskosten für eine zur Ausbeute übernommene Teilfläche.

Das Finanzamt hat bei der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages die 1.176 DM als Pachtzinsen für das Recht auf Entnahme der Bodenbestandteile angesehen. Es hat daher die Hälfte dieses Betrages, das sind 588 DM, nach § 8 Ziff. 8 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet. Der Bg. ist der Auffassung, das Pachtentgelt könne schon deshalb nicht der Hinzurechnung unterliegen, weil es ausschließlich für die Nutzung von Grundbesitz, nicht aber für ein rechtlich selbständiges Nutzungsrecht gezahlt sei. Da das Recht zur Entnahme von Steinen nicht nach den Vorschriften des Bergrechtes verliehen werde, sondern zivilrechtlich ohne weiteres dem jeweiligen Grundeigentümer zustehe, sei es nicht angängig, die Verpachtung eines vom Grundbesitz unabhängigen Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens anzunehmen. Im übrigen stellten die dem Verpächter erstatteten Vermessungskosten keinen Pachtzins dar. Auf jeden Fall sei der Anteil auszuscheiden, der auf die überlassung der reinen Grundfläche entfalle; das seien schätzungsweise 8 DM je Ar.

Ein Einspruchsverfahren ist lediglich dem letzteren Antrag des Bg. entsprochen und der Hinzurechnungsbetrag um 18 x 8 = 72 DM auf 516 DM herabgesetzt worden. ----- 2 -----------------------------------------

Das Finanzgericht hat der Berufung in vollem Umfang stattgegeben. Unstreitig handle es sich bei Verträgen über gewöhnliche, nicht unter die Vorschriften des Bergrechtes fallende Bodenbestandteile zivilrechtlich lediglich um die Pachtung von Grundbesitz. Die bürgerlich-rechtliche Betrachtungsweise müsse aber nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs I 50/55 U vom 23. Juli 1957 (BStBl 1957 III S. 306, Slg. Bd. 65 S. 189) auch steuerlich maßgebend sein.

Mit der Rb. hat der Vorsteher des Finanzamts beantragt, den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag für 1954 unter Berücksichtigung der Hälfte des ungekürzten Pachtzinses beim Gewerbeertrag und des Teilwertes (= Einheitswertes) der Gewerbeertrag und des Teilwertes (= Einheitswertes) der Gewerbeberechtigung beim Gewerbekapital festzusetzen. Er hat sich hierbei auf das Urteil des Bundesfinanzhofs I 199/57 U vom 7. Oktober 1958 (BStBl 1959 III S. 5, Slg. Bd. 68 S. 10), das ein Bimsvorkommen betraf, berufen. Die Grundsätze dieses Urteils müßten auch hinsichtlich der im Streitfall für das Recht zur Ausbeute von Bruch- und Mauersteinen gezahlten Vergütungen gelten. Das Ausbeuterecht sei ein Wirtschaftsgut im Sinne des § 8 Ziff. 8 GewStG. Eine Aufteilung des Entgeltes in Rechtspacht und Grundstückspacht, wie sie vom Steuerausschuß vorgenommen worden sei, habe dabei nicht erfolgen dürfen. Außerdem sei eine Hinzurechnung des Wertes der Gewerbeberechtigung gemäß § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG beim Gewerbekapital bisher versehentlich unterblieben. Der Einheitswert für die Gewerbeberechtigung sei auf den 1. Januar 1953 nach den Angaben des Pächters über die jährliche Ausbeute auf 11.000 DM festgestellt worden. Er entspreche im vorliegenden Fall dem Teilwert.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:

Nach § 8 Ziff. 8 GewStG 1950 ist dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzuzurechnen. In dem vom Finanzgericht angeführten Urteil I 50/55 U vom 23. Juli 1957 hat der Bundesfinanzhof ausgesprochen, daß die Begriffe Miete und Pacht im Sinne der genannten Vorschrift nach bürgerlichem Recht auszulegen sind. Danach haben die Vorinstanzen mit Recht angenommen, worüber im übrigen auch kein Streit besteht, daß es sich bei den hier vorliegenden Verträgen um Pachtverträge und nicht um Kaufverträge handelt. Dafür spricht insbesondere, daß sich das Entgelt nicht nach der Gesamtmenge des Steinvorkommens, sondern nach dem Umfang der überlassenen Flächen bemißt.

Die Maßgeblichkeit des bürgerlichen Rechts im Rahmen der Vorschrift des § 8 Ziff. 8 GewStG hat jedoch, wie der Bundesfinanzhof in dem späteren, in der Rb. angeführten Urteil I 199/57 U vom 7. Oktober 1958 ausgesprochen hat, da ihre Grenze, wo besondere Vorschriften, Begriffe und Grundsätze des Steuerrechts eine Abweichung erfordern. Dies ist hier hinsichtlich des Gegenstandes der Verpachtung der Fall. Dem Finanzgericht ist darin beizutreten, daß es sich bei Verträgen über gewöhnliche, nicht unter die Vorschriften des Bergrechtes fallende Bodenbestandteile bürgerlich-rechtlich regelmäßig um die Pachtung von Grundstücken handelt. Hinsichtlich des Gegenstandes der Vermietung und Verpachtung in § 8 Ziff. 8 GewStG verwendet jedoch, wie in dem vorgenannten Urteil I 199/57 U ausgeführt wird, der Steuergesetzgeber nicht den bürgerlich-rechtlichen Begriff des Grundstücks, sondern spricht von Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Dabei sei, so heißt es dort weiter, der Begriff des Wirtschaftsgutes nach den Gewinnermittlungsvorschriften des EStG auszulegen; er umfasse deshalb auch solche Gegenstände, die nach bürgerlichem Recht als wesentliche Bestandteile oder als Zubehör einer Sache nicht oder nur in beschränktem Umfang Gegenstand besonderen Rechtes sein könnten. Auch das in § 8 Ziff. 8 GewStG verwandte Wort "Grundbesitz" sei ein steuerlicher Begriff, der den Steuergegenstand der Grundsteuer bezeichne (§§ 1 und 2 GrStG). Damit solle das Anwendungsgebiet der Gewerbesteuer von der Grundsteuer abgegrenzt werden. Der Grundsteuer unterlägen nach § 2 GrStG das land- und forstwirtschaftliche Vermögen, das Grundvermögen und das Betriebsvermögen, soweit es in Betriebsgrundstücken bestehe (§ 57 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Das Mineralgewinnungsrecht sei eine Berechtigung, deren Ausübung allein schon ein Gewerbe begründen würde, für die deshalb ein besonderer Einheitswert festgestellt werde und die nicht als Bestandteil des Grundstücks anzusehen sei (§ 58 BewG). Da sich demnach die nach dem Einheitswert des Betriebsgrundstücks berechnete Grundsteuer nicht auf die bürgerlich-rechtlich zu den wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks gehörenden, im Boden befindlichen Mineralien erstrecke, würde es dem Zweck des § 8 Ziff. 8 GewStG, die Gewerbesteuer sinnvoll von der Grundsteuer abzugrenzen, widersprechen, wenn der Wert und Ertrag des Mineralvorkommens weder von der Grundsteuer noch von der Gewerbesteuer erfaßt werden würde. In Ergänzung zu diesen Ausführungen ist hier noch besonders darauf hinzuweisen, daß nach der durch das BewG 1934 geschaffenen Rechtslage unter § 58 BewG alle Mineralgewinnungsrechte fallen, gleichgültig, ob es sich um grundstücksgleiche oder um subjektivdingliche Rechte handelt und ob sie den Vorschriften der Berggesetze unterliegen oder nicht (vgl. Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Anmerkung 6 zu § 58 BewG). Es sind hiernach auch Ausbeuteverträge über gewöhnliche Steinvorkommen steuerlich als Verträge zu behandeln, die die Benutzung von nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zum Gegenstand haben (vgl. hierzu Lenski-Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, Anmerkung 7 zu § 8 Ziff. 8).

Wie in dem genannten Urteil I 199/57 U vom 7. Oktober, 1958 weiter ausgeführt wird, zwingen auch der Objektcharakter der Gewerbesteuer und der Zweck der Hinzurechnungsvorschriften dazu, in der überlassung des steuerlich selbständigen Ausbeuterechts keine Verpachtung von in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgütern zu sehen. Es solle bei der Gewerbesteuer grundsätzlich ohne Bedeutung sein, ob ein Betrieb mit eigenem oder mit fremden Anlagekapital arbeitet. Wenn der Grundstückseigentümer selbst das Mineralvorkommen Ausbeute, so beziehe er, soweit nicht ausnahmsweise ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb vorliege (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 186/56 U vom 9. Mai 1957, BStBl 1957 III S. 246, Slg. Bd. 65 S. 32), Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung (§ 15 Ziff. 1 EStG). Sein Gewerbeertrag dürfe zum Ausgleich für die auf dem Grundstück liegende Grundsteuer nur um 3 v. H. des das Mineralvorkommen nicht umfassenden Einheitswerts des Grundstücks gekürzt werden, so daß der Reinertrag des Mineralvorkommens bei ihm in vollem Umfang der Gewerbesteuer unterliege. Es wäre mit dem Objektcharakter der Gewerbesteuer nicht vereinbar, im Falle der Verpachtung den Reinertrag des ausgebeuteten Mineralvorkommens weder beim Grundstückseigentümer noch beim Pächter der Grundsteuer oder der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Sinn und Zweck des § 8 Ziff. 8 GewStG zwängen deshalb unabhängig von der bürgerlich-rechtlichen Rechtslage bei Ausbeuteverträgen zu der Annahme, daß sich diese Verträge steuerlich auf das durch den Einheitswert der Gewerbeberechtigung erfaßte Ausbeuterecht des Eigentümers erstreckten.

Der I. Senat des Bundesfinanzhofs hat an der in dem vorgenannten Urteil niedergelegten Auffassung in einem späteren nicht veröffentlichten Urteil festgehalten. Der erkennende Senat hat keine Veranlassung, von dieser, durch zwingende steuerrechtliche Vorschriften und Grundsätze begründeten Anschauung abzuweichen. Hiernach hat das Finanzgericht zu Unrecht die Anwendbarkeit in Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Ziff. 8 GewStG verneint. Als Pachtzinsen im Sinne dieser Vorschrift sind auch die vom Bg. auf Grund des Pachtvertrages als "einmalige Entschädigung" gezahlten Vermessungskosten zu behandeln. Denn sie stellen ebenfalls einen durch die Pacht veranlaßten Aufwand dar, der bei der Ausbeute durch den Eigentümer nicht angefallen wäre. Andererseits ist es entgegen der Auffassung des Vorstehers des Finanzamts nicht zu beanstanden, wenn der Steuerausschuß einen Teil des Pachtentgeltes als auf die überlassung der reinen Grundstücksfläche entfallend angesehen hat. Gegen eine solche Aufteilung bestehen bei der Art des Abbaues, durch die auch die Grundstücksoberfläche berührt wird, keine Bedenken (vgl. das Urteil des Reichsfinanzhofs VI 629/39 vom 17. Juli 1940; RStBl 1940 S. 914; vgl. auch Lenski- Steinberg, a. a. O.). Dabei wird hinsichtlich der Höhe des auf die überlassung der Grundstücksoberfläche entfallenden Pachtanteils den in die Einspruchsentscheidung übernommenen Angaben des Bg. gefolgt werden können; wegen der Geringfügigkeit des Betrages erscheinen weitere Erhebungen nicht erforderlich.

Mit Recht hat der Vorsteher des Finanzamts darauf hingewiesen, daß bei der Ermittlung des Gewerbekapitals die dem § 8 Ziff. 8 GewStG entsprechende Hinzurechnungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG hätte angewendet werden müssen. Wie in dem oben genannten Urteil des Bundesfinanzhofs I 199/57 U ausgeführt ist, ist diese Hinzurechnung zwingend für die Werte der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb dienen, aber im Eigentum eines Dritten stehen, vorgeschrieben. Die Hinzurechnung erstrecke sich, so heißt es dort weiter, auf alle dem Betrieb dienenden, vorbezeichneten Wirtschaftsgüter, wobei es gleichgültig sei, aus welchem Rechtsgrund sie überlassen würden oder ob ein Entgelt gezahlt werde (Urteil des Reichsfinanzhofs I 468/38 vom 21. Februar 1939, RStBl 1939 S. 867, Slg. Bd. 46 S. 172). Bei der Auslegung dieser Vorschrift spielten bürgerlich- rechtliche Begriffsbestimmungen keine Rolle. Mit dem Begriff "Wirtschaftsgüter" werde zum Ausdruck gebracht, daß es entscheidend auf steuerliche Begriffe und Erwägungen ankomme. Wenn das Steuerrecht das Ausbeuterecht des Eigentümers als Gewerbeberechtigung verselbständige und bei der Bewertung des Grundstücks außer acht lasse, so entstehe steuerlich in der Gewerbeberechtigung ein selbständiges Wirtschaftsgut, das im Rahmen des bürgerlich-rechtlichen Pachtvertrages dem Berechtigten zur Nutzung in seinem Betrieb überlassen werde. Dem Sinn und Zweck des § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG entspreche es deshalb, dieses Recht beim Gewerbekapital des Pächters zu erfassen. Bei der Ermittlung des hiernach zuzurechnenden Wertes könne jedoch nicht ohne weiteres von dem rechtskräftig für den Grundstückseigentümer festgestellten Einheitswert ausgegangen werden. Dieser Einheitswert sei für den Pächter nicht verbindlich. Eine Hinzurechnung komme auch nur insoweit in Frage, als sich die Gewerbeberechtigung auf Parzellen beziehe, die der Pächter an dem für das Gewerbekapital maßgebenden Bewertungsstichtag tatsächlich ausgebeutet habe.

Der erkennende Senat tritt Ausführungen des I. Senats ebenfalls bei. Die Nichtverbindlichkeit des Einheitswerts für den Pächter ergibt sich, wie hierzu noch bemerkt sei, insbesondere daraus, daß nach § 58 Abs. 4 BewG Gewerbeberechtigungen mit dem gemeinen Wert (§ 10 BewG) zu bewerten sind, während die nach § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG hinzuzurechnenden Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert (vgl. § 12 BewG, § 6 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 3 EStG) anzusetzen sind.

Hiernach war die Vorentscheidung wegen Rechtsirrtums aufzuheben. Die Sache wird unter gleichzeitiger Aufhebung der Einspruchsentscheidung an das Finanzamt zurückverwiesen. Dieses wird beim Gewerbeertrag gemäß § 8 Ziff. 8 GewStG, wie in der Einspruchsentscheidung geschehen, einen Betrag von 516 DM hinzuzurechnen haben. Der beim Gewerbekapital nach § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG hinzuzurechnende Betrag (Teilwert) wird entsprechend den vorstehenden Ausführungen zu ermitteln sein.

 

Fundstellen

BStBl III 1960, 466

BFHE 1961, 580

BFHE 71, 580

StRK, GewStG:8/2 9 R 25

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