Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Nicht zu hohe Barzuwendungen aus Anlaß der Silberhochzeit eines Arbeitnehmers können als Gelegenheitsgeschenke lohnsteuerfrei bleiben.

 

Normenkette

EStG § 19/1/1; LStDV § 2/1; LStDV § 2/2/1

 

Tatbestand

Aus Anlaß ihrer Silberhochzeit erhielten die Angestellten der Klägerin (Arbeitgeberin) einen Geldbetrag, der nicht der Lohnsteuer unterworfen wurde. In den Jahren 1959 bis 1962 bekamen drei Angestellte je 200 DM, drei Angestellte je 150 DM und ein Angestellter 100 DM. Das Finanzamt (FA) forderte für diese Geldzuwendungen 294,70 DM an Lohnsteuer nach.

Das Finanzgericht (FG) verneinte die Lohnsteuerpflicht und führte aus, bei der Hergabe der Geldgeschenke sei der Gedanke der Ehrung und Aufmerksamkeit ausschlaggebend gewesen. Bei der unterschiedlichen Höhe der Geldzuwendungen dürften die Verdienste des Arbeitnehmers für den Betrieb, die finanzielle Lage des Arbeitnehmers, seine wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse, die Höhe seines Arbeitslohns und seine Stellung im Betrieb berücksichtigt werden. Allgemeine Grundsätze, bis zu welcher Höhe Zuwendungen als Gelegenheitsgeschenke behandelt werden könnten, ließen sich nicht aufstellen. Der Höchstbetrag von 200 DM sei hier jedenfalls nicht übersetzt.

Das FA rügt in der Rb., die nach Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, unrichtige Rechtsanwendung. Es führt aus, als steuerfreie Gelegenheitsgeschenke könnten in der Regel nur Sachgeschenke von nicht großem Wert behandelt werden. Geldgeschenke seien nur ausnahmsweise Gelegenheitsgeschenke, wenn eine Sachzuwendung nicht angezeigt und der Geldbetrag eine angemessene Höhe nicht übersteige. üblich und angemessen sei nur ein Geldbetrag von 50 DM je Arbeitnehmer, Der Umstand, daß nur Angestellte einen Geldbetrag und dazu noch in unterschiedlicher Höhe erhalten hätten, lasse darauf schließen, daß der Arbeitgeber die Zuwendungen mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis geleistet habe. Dem FG könne nicht darin beigestimmt werden, daß Geldgeschenke etwa in Höhe eines halben Monatslohns als übliche Gelegenheitsgeschenke angesehen werden könnten.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist nicht begründet. Das FG konnte ohne Rechts- und Verfahrensverstoß die streitigen Geldzuwendungen anläßlich der Silberhochzeit als übliche Gelegenheitsgeschenke von der Lohnsteuer freistellen. Gelegenheitsgeschenke sind übliche, aus besonderen persönlichen Anlässen den Arbeitnehmern gewährte Geschenke, die nach Art und Höhe nicht ungewöhnlich und übermäßig sind, und bei denen der Gedanke einer Aufmerksamkeit und Ehrung, nicht aber der Gedanke einer Entlohnung für geleistete Dienste im Vordergrund steht (Urteile des BFH VI 109/61 vom 9. März 1962, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 19 Abs. 1 Ziff. 1, Rechtsspruch 246; VI 154/60 U vom 4. Mai 1962, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 75 S. 34 - BFH 75, 34 -, BStBl III 1962, 281).

Wie das FA nicht bestreitet, kann der Tag der Silberhochzeit eines Betriebsangehörigen ein besonderer persönlicher Anlaß für den Arbeitgeber sein, die menschlichen Beziehungen zu seinen Untergebenen zu pflegen und zu verbessern. Wenn ein Arbeitgeber sich darauf beschränkt, nur seine Angestellten, nicht aber seine Arbeiter zu bedenken, so kann man darin eine Hervorhebung der besonderen Vertrauensstellung seiner Angestellten sehen, die auch dann nicht anders beurteilt werden könnte, wenn der Arbeitgeber lediglich einzelnen Angestellten ein mäßiges Geldgeschenk überreichen würde.

Der Rahmen einer Ehrung und Aufmerksamkeit wird auch nicht dadurch gesprengt, daß die Höhe der Geschenke abgestuft wird nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und der allgemeinen Bewährung des Arbeitnehmers.

Wenn das FG allerdings allgemein Geschenke bis zur Höhe eines halben Monatslohns steuerfrei stellen wollte, so war das bedenklich, weil dadurch der Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis verstärkt hervortreten und eine solche Abstufung bei gut verdienenden Arbeitnehmern zu Summen führen könnte, die nicht mehr als Gelegenheitsgeschenk angesprochen werden könnten. Im Streitfall bestehen aber gegen die Höhe der Zuwendungen keine Bedenken.

Der Senat hat mehr und mehr den Sachzuwendungen zweckbestimmte Barzuwendungen gleichgestellt (Urteile VI 197/60 U vom 10. November 1961, BFH 74, 130, BStBl III 1962, 50; VI 69/62 U vom 4. Oktober 1963, BFH 77, 660, BStBl III 1963, 562). Bei Sachzuwendungen muß ein Arbeitgeber - abgesehen davon, daß die Auswahl des Geschenks mit Kosten und Zeit verbunden sein kann - befürchten, daß das Geschenk nicht die Zustimmung der Bedachten findet und daß, wenn die Geschenke nicht gleichwertig sind, die Kritik der Bedachten einsetzt. Bei Barzuwendungen kann es der Arbeitgeber jedem Arbeitnehmer überlassen, sich die Dinge zu beschaffen, die ihm eine besondere Freude bereiten. Es entspricht der Entwicklung der Verhältnisse, auch in dieser Hinsicht dem Arbeitnehmer die Entscheidung über die Verwendung des Geldes nach seinem persönlichen Geschmack freizustellen.

 

Fundstellen

BStBl III 1966, 546

BFHE 1966, 355

BFHE 86, 355

StRK, EStG:19/1/1 R 426

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