Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbungskosten durch Wachhund

 

Leitsatz (NV)

Die von einem Hausmeister für seinen privaten Wachhund aufgewendeten Futterkosten sind regelmäßig keine Werbungskosten (Anschluß an BFH-Urteil vom 29. März 1979 - IV R 103/75, BFHE 127, 530, BStBl II 1979, 512).

 

Normenkette

EStG 1983 § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nr. 6, § 12 Nr. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger bewohnte auf dem Schulgelände der X-Schule als deren Hausmeister zusammen mit seiner Ehefrau und seiner minderjährigen Tochter eine Dienstwohnung. Zu seinen Aufgaben gehörte u. a., das Schulgelände und die darauf befindlichen verschiedenen Gebäude zu bewachen und bei Abwesenheit der Schulleitung für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ließ im Einkommensteuerbescheid 1983 die von den Klägern als Werbungskosten geltend gemachten Futterkosten für einen Schäferhund in Höhe von . . . DM nicht zum Abzug zu.

Mit dem Einspruch trugen die Kläger vor, für die Kontrollgänge auf dem Schulgelände (6.00 Uhr und 22.00 Uhr), die im überwiegenden Teil des Jahres im Dunkeln ausgeführt würden, sei - zumal bei der Unübersichtlichkeit des großen Schulgeländes - ein ausgebildeter Wachhund erforderlich. Der Hund werde ausschließlich zu Bewachungszwecken gehalten. In gut zehn Jahren Schulbetrieb sei bei fünf Einbruchsversuchen deren Erfolg in vier Fällen durch den Wachhund vereitelt worden.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage teilweise statt.

Es führte aus, der Schäferhund werde als Wachhund zum Schutz und bei der Beaufsichtigung des Schulgeländes, also aus beruflichen Gründen, eingesetzt. Er diene daneben aber in nicht unerheblichem Maße Zwecken der privaten Lebensführung. Der Hund werde in der Wohnung der Kläger gehalten und schütze auch die Familie der Kläger und deren Eigentum. Hinzu kommt, daß für die Haltung eines Hundes regelmäßig emotionale Gründe von Bedeutung seien: Ein Hund werde - auch - zum Vergnügen, zur Unterhaltung oder als Spielgefährte der Kinder gehalten. Der Hund der Kläger könne nicht mit einem Polizei- oder Zollhund verglichen werden, dessen Unterhaltungskosten ausschließlich beruflich veranlaßt seien. Derartige Hunde würden vom Arbeitgeber angeschafft und im Rahmen einer besonderen dienstlichen Verpflichtung dem - für die Diensthundehaltung besonders ausgebildeten - Beamten als Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt. Um einen solchen Hund handle es sich im Streitfall nicht. Eine ausschließlich berufliche Veranlassung könne auch nicht der Tatsache entnommen werden, daß der Kläger von der Entrichtung von Hundesteuer befreit sei. Ebenfalls nicht von Bedeutung sei, daß das FA die Futterkosten in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen als Werbungskosten anerkannt habe.

Die geltend gemachten Aufwendungen könnten zu 2/3 berücksichtigt werden. Dem stehe das Aufteilungsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht entgegen, da - ebenso wie bei Kontoführungsgebühren (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. Mai 1984 IV R 63/80, BFHE 141, 50, BStBl II 1984, 560) und Telefongebühren (BFH-Urteil vom 21. November 1980 VI R 202/79, BFHE 132, 63, BStBl II 1981, 131) - eine Aufteilung nach objektiven, leicht nachprüfbaren Maßstäben der Aufwendungen möglich sei. Dabei könne eine Schätzung vorgenommen werden, weil der Aufteilungsmaßstab durch nachweisbare Tatsachen objektivierbar und nachvollziehbar sei. Die Schätzung beruhe auf den glaubhaften und im übrigen auch nicht bestrittenen Angaben des Klägers und den Bescheinigungen des Bezirksamtes Y vom . . . 1980 und vom . . . 1986.

Die überwiegende Zeit des Tages zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr stehe der Hund als Wachhund auf dem Schulgelände zur Verfügung, wenn er auch daneben durchaus Zwecke, die die private Lebensführung der Familie der Kläger berührten, erfülle. Nachts befinde sich der Hund zwar in der Wohnung der Kläger. Gleichwohl sei der Hund jederzeit in der Lage, durch Anschlagen anzuzeigen, ob auf dem Schulgelände Unbefugte eingedrungen seien. Die Tatsache, daß der Kläger die Ausbildung des Hundes zum Wachhund als sein persönliches Hobby ansehe, führe nicht dazu, daß die überwiegende berufsbezogene Funktion des Hundes in Zweifel zu ziehen wäre. Die privaten Neigungen des Klägers berücksichtige der Senat insoweit, als nach seiner Überzeugung ein Drittel der Futterkosten der Privatsphäre zuzuordnen seien.

Mit der Revision, die das FG wegen Divergenz zum BFH-Urteil vom 29. März 1989 IV R 103/75 (BFHE 127, 530, BStBl II 1979, 512) zugelassen hat, rügt das FA die Verletzung von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

1. Nach ständiger Rechtsprechung sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlaßt sind (z. B. BFH-Urteil vom 28. November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368, m.w.N.). Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG sind Werbungskosten auch Aufwendungen für Arbeitsmittel. Arbeitsmittel sind bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit die Wirtschaftsgüter, die unmittelbar dieser Tätigkeit zu dienen bestimmt sind. Die Güter müssen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend nur zur Einnahmeerzielung beruflich genutzt werden. Eine geringfügige private Mitbenutzung ist unschädlich. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist unter Würdigung aller Umstände nach der tatsächlichen Zweckbestimmung, d. h. nach der Funktion des Wirtschaftsgutes im Einzelfall, festzustellen (BFH-Urteil vom 21. Oktober 1988 VI R 18/86, BFHE 155, 310, BStBl II 1989, 356).

Das FG hat durch Würdigung aller Umstände des Streitfalles festgestellt, daß der Schäferhund des Klägers neben beruflichen in nicht unerheblichem Umfang privaten Zwecken gedient habe. Diese Würdigung ist rechtlich möglich. Der Senat ist an sie gebunden, weil die Kläger hiergegen keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht haben (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Insbesondere konnte das FG dem Umstand, daß der Hund auch zum Vergnügen, zur Unterhaltung oder als Spielgefährte für Kinder gehalten wurde, eine nicht unerhebliche private Nutzung entnehmen. Das FG hat hierzu festgestellt, daß sich im Haushalt des Klägers neben seiner Ehefrau auch seine minderjährige Tochter befunden hat und daß der Kläger die Ausbildung des Hundes zum Wachhund als persönliches Hobby ansieht. Aus den protokollierten Ausführungen über die persönliche Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, auf die sich das FG ausdrücklich bezogen hat, ergibt sich zusätzlich, daß der Kläger langjähriges Mitglied eines Gebrauchshundevereins ist und daß er seinen Hund einmal in den Urlaub mitgenommen hat.

Bei nicht unwesentlicher privater Nutzung liegt ein Arbeitsmittel nicht vor. Da es auf die tatsächliche Verwendung des betreffenden Wirtschaftsguts ankommt (BFH-Urteil vom 2. Februar 1990 VI R 112/87, BFH/NV 1990, 564) gilt dies auch, falls der Anlaß für die Anschaffung des Gegenstandes im beruflichen Bereich gelegen haben sollte und er nicht angeschafft worden wäre, wenn nur eine private Nutzung beabsichtigt gewesen wäre. Ebenfalls unbeachtlich ist, ob die berufliche Nutzung, wenn sie nicht ausschließlich oder weitaus überwiegend ist, besonders erfolgreich ist. Dementsprechend kommt der im Schreiben des Bezirksamts vom . . . bestätigten Tatsache, daß wegen des Hundes an der Schule des Klägers, anders als an benachbarten Schulen, keine Schäden durch Vandalismus oder Einbrüche entstanden sind, keine Bedeutung zu.

2. Wird ein Gegenstand sowohl beruflich als auch - nicht unwesentlich - privat genutzt, können die Aufwendungen hierfür nach den Grundsätzen, die der Große Senat des BFH (Beschlüsse vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17, und vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213) in Auslegung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG aufgestellt hat, in der Regel nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Abweichend hiervon kann der auf die berufliche Nutzung entfallende Anteil ausnahmsweise Berücksichtigung finden, wenn nach objektiven Merkmalen und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung möglich ist. Dies ist bei gemischter Verwendung eines privaten Wachhundes regelmäßig nicht der Fall (BFHE 127, 530, BStBl II 1979, 512). Entgegen der Ansicht des FG war dies auch im Streitfall nicht möglich.

Die Annahme des FG, der Schäferhund habe zu einem Drittel privaten und zu zwei Drittel beruflichen Zwecken des Klägers gedient, beruht auf einer griffweisen und damit unzulässigen Schätzung. Konkrete Tatsachen, die den Schluß auf eine bestimmte zeitliche Inanspruchnahme für eine private oder berufliche Nutzung zulassen, sind nicht dargelegt. Erst recht sind keine Unterlagen ersichtlich, die eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen. Das FG hat lediglich ausgeführt, daß der Hund tagsüber 18 Stunden (von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) als Wachhund auf dem Schulgelände zur Verfügung stände, daneben aber Zwecken diene, die die private Lebensführung berührten. In welchem Umfang dabei private und dienstliche Zwecke erfüllt wurden, ist nicht dargetan. Gleiches gilt für die verbleibenden 6 Stunden zur Nachtzeit, da nur festgestellt ist, daß der Hund sich dann zwar in der Wohnung der Kläger befindet, aber durch Anschlagen jederzeit anzeigen könne, ob Unbefugte auf das Schulgelände eingedrungen sind.

Den vom FG in Bezug genommenen Bescheinigungen des Bezirksamtes und den Einlassungen des Klägers bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung sind weder ein nachvollziehbarer Aufteilungsmaßstab noch diesbezügliche nachprüfbare Unterlagen zu entnehmen. In dem bereits erwähnten Schreiben vom . . . 1980 wird lediglich bescheinigt, daß der Kläger für die Bewachung des Schulgeländes und zu seinem persönlichen Schutz einen Hund besitze und daß das Bezirksamt für die Pflege und Wartung dieses privateigenen Dienstwachhundes nicht aufkomme. Auch den protokollierten Einlassungen des Klägers sind konkrete Angaben über die jeweiligen zeitlichen Nutzungsanteile nicht zu entnehmen. Neben den bereits erwähnten Verwendungen des Hundes finden sich dort im wesentlichen lediglich Ausführungen über die Überlegungen, die den Kläger zur Anschaffung des Hundes veranlaßt haben.

3. Der Senat kann in der Sache entscheiden. Da feststeht, daß der Schäferhund neben beruflichen Zwecken in nicht unerheblichem Maße der privaten Lebensführung gedient hat, andererseits Anhaltspunkte und nachprüfbare Unterlagen dafür, in welchem Umfang welche Zwecke verfolgt worden sind, nicht ersichtlich sind, waren die Aufwendungen für den Schäferhund insgesamt nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Im übrigen berufen sich die Kläger zu Unrecht auf die Rechtsprechung zu Telefon- und Kontogebühren, weil diese Entscheidungen Sachverhalte betreffen, in denen das einzelne Telefongespräch bzw. die einzelne Buchung regelmäßig dem beruflichen oder privaten Bereich zugeordnet werden kann, und damit nachprüfbare Unterlagen vorliegen können, die eine zutreffende Aufteilung der Gesamtkosten ermöglichen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63036

BFH/NV 1991, 234

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge