Leitsatz (amtlich)

Beschreitet der von einem Steuerverwaltungsakt betroffene Fiskus den Finanzrechtsweg, so handelt es sich nicht um einen unzulässigen Insichprozeß.

 

Orientierungssatz

NV: Die Vorschriften der AO 1977, des BewG und des GrStG, die die Entscheidung über die Steuerpflicht bzw. Steuerfreiheit nach dem GrStG betreffen, sind inhaltlich nicht aufeinander abgestimmt. Dies führt dazu, daß es --solange der Gesetzgeber nicht Rechtsklarheit geschafften hat-- dem Betroffenen nicht verwehrt werden kann, seine Rechte durch Anfechtung entweder des Einheitswertfeststellungsbescheids oder des Steuermeßbescheids (oder beider) geltend zu machen, sofern nicht die Finanzbehörde ausdrücklich die Entscheidung über grundsteuerrechtliche Fragen dem Steuermeßbetragsverfahren vorbehalten hat.

 

Normenkette

AO 1977 § 33; FGO § 40; AO 1977 § 184 Abs. 1 S. 2; BewG 1974 § 19; GrStG 1973 §§ 2, 8, 13

 

Tatbestand

Kläger ist ein Bundesland. Das Finanzamt hat für diesem gehörenden Grundbesitz Einheitswertfeststellungsbescheide erlassen.

Die Klage, mit der die teilweise Aufhebung dieser Einheitswertbescheide begehrt wird, hat das Finanzgericht (FG) als unzulässig abgewiesen, weil es sich um einen Insichprozeß handele: zur Schlichtung eines Streits zwischen den beiden zuständigen Ressortministern sei nach der Landesverfassung die Landesregierung berufen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet.

Die Auffassung des FG, der Kläger führe einen unzulässigen Insichprozeß, vermag der Senat nicht zu teilen. Soweit der Kläger sich im Bereich der Fiskalverwaltung betätigt und dadurch mit den anderen Subjekten der Rechtsordnung in Konkurrenz tritt, ist er --wie diese-- der Steuerrechtsordnung unterworfen. Er ist Steuerpflichtiger (vgl. § 33 der Abgabenordnung) mit der Folge, daß ihm die gleichen Rechte und Pflichten zugestanden werden müssen wie jedem anderen Steuerpflichtigen auch. Der von einem Verwaltungsakt betroffene Fiskus kann deshalb den Finanzrechtsweg beschreiten (§ 40 der Finanzgerichtsordnung).

++/ Entgegen der Auffassung des FG ist die Klage auch nicht deshalb unzulässig, weil ihrem Erfolg die Unanfechtbarkeit der Grundsteuermeßbescheide entgegenstehe. Die Vorschriften der AO 1977, des Bewertungsgesetzes (BewG) und des Grundsteuergesetzes (GrStG), die die Entscheidung über die Steuerpflicht bzw. Steuerfreiheit nach dem Grundsteuergesetz betreffen, sind inhaltlich nicht aufeinander abgestimmt. Wenngleich § 184 Abs.1 Satz 2 AO 1977 die Entscheidung über die sachliche und persönliche Steuerpflicht in Grundsteuersachen dem Steuermeßbetragsverfahren zuweist, verweist § 19 BewG diese Entscheidung in das Verfahren zur Feststellung der Einheitswerte. Denn nach § 19 Abs.4 BewG erfolgen Einheitswertfeststellungen nur, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind und § 19 Abs.2 Satz 2 BewG ordnet die gesonderte Feststellung unterschiedlicher Einheitswerte für jeweils steuerpflichtige Teile einer wirtschaftlichen Einheit dann an, wenn die wirtschaftliche Einheit den einzelnen einheitswertabhängigen Steuern (dazu zählt auch die Grundsteuer, vgl. § 17 Abs.2 BewG) in verschiedenem Ausmaß unterliegen.

Die durch die unabgestimmte Gesetzeslage verursachte Unsicherheit führt dazu, daß --solange der Gesetzgeber nicht Rechtsklarheit geschaffen hat-- es dem Betroffenen nicht verwehrt werden kann, seine Rechte durch Anfechtung entweder des Einheitswertfeststellungs- oder des Steuermeßbescheids (oder beider) geltend zu machen, sofern nicht die Finanzbehörde ausdrücklich die Entscheidung über grundsteuerrechtliche Fragen dem Steuermeßbetragsverfahren vorbehalten hat. Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. /++

 

Fundstellen

BStBl II 1986, 148

BFHE 145, 109

BFHE 1986, 109

BB 1986, 383-383 (S)

DStR 1986, 194-194 (S)

HFR 1986, 247-247 (ST)

DStZ/E 1986, 86-86 (S)

BRAK-Mitt 1986, 158-158 (S)

NVwZ 1986, 512-512 (ST)

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