Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansatz der Kostenmiete

 

Leitsatz (NV)

Der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus gemäß §21 Abs. 2 EStG ist anhand der Kostenmiete zu ermitteln, wenn sich in dem Haus eine Schwimmhalle befindet oder wenn die privat genutzte Wohnfläche mehr als 250 qm beträgt. Im übrigen ist die Kostenmiete nur dann anzusetzen, wenn aufgrund anderer besonders gewichtiger Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale offensichtlich ist, daß die höchstens erziel bare Miete nicht dem Gebrauchswert des Objekts entspricht. Dafür reichen hohe Anschaffungs- oder Herstellungskosten allein nicht aus.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) errichtete 1981/82 ein Zweifamilienhaus auf einem 2 960 qm großen Grundstück. Der Kaufpreis für das Grundstück betrug 225 825 DM zuzüglich 26 889 DM Neben kosten des Erwerbs. Nach der Bezugsfertigkeit im Jahr 1982 bezog der Kläger das Gebäude mit seiner Familie. Einige Räume wurden beruflich genutzt. Eine rd. 46 qm große Einliegerwohnung war ab 1. April 1983 an die Eltern des Klägers vermietet. Die vom Kläger und seiner Familie selbst genutzte Wohnfläche (nach Abzug der beruflich genutzten Räume) beträgt nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) 209 qm. Die Baukosten für das Zweifamilienhaus betrugen bis 1982 1 072 234 DM, bis einschließlich 1985 beliefen sie sich auf 1 314 023 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) setzte zur Ermittlung des Nutzungswerts gemäß §21 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Mietwert die Kostenmiete an, die er mit 6 v. H. der Herstellungskosten des Gebäudes (soweit sie auf den eigengenutzten Wohnraum entfallen) einschließlich der Anschaffungskosten für den Grund und Boden berechnete.

Das FG gab der Klage nur teilweise statt. Es ermittelte die selbstgenutzte Wohnfläche abweichend von der Einspruchsentscheidung des FA, ging jedoch mit diesem davon aus, daß als Mietwert die Kostenmiete anzusetzen sei. Für die vom Kläger selbstgenutzte Wohnung könne ein Mietwert, der den besonderen Wohnwert widerspiegelt, nicht festgestellt werden. Nach dem eingeholten Gutachten des Gutachterausschusses sei die Feststellung einer Marktmiete für die Wohnung des Klägers nicht möglich. Selbst wenn mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gehörten Sachverständigen und nach dem vom Kläger vorgelegten weiteren Gutachten eine Marktmiete feststellbar sein sollte, spiegele diese jedenfalls den besonderen Wohnwert des Objektes nicht wider. Dies ergebe sich aus den hohen Aufwendungen des Klägers und den besonderen Merkmalen des Objekts wie der Größe der eigengenutzten Wohnfläche von 209 qm sowie der Lage und Größe des Grundstücks. Die Errichtung eines Hauses für über 1,5 Mio. DM auf einem 2 690 qm großen, an einen Flußlauf angrenzenden Grundstück bedeute eine besondere Qualität für das Gebäude. Auch die besondere architektonische Konzeption des Gebäudes, wie sie auf den Bauplänen und den Baubeschreibungen deutlich werde, insbesondere die besondere Gestaltung durch die Verwendung von schrägen Wänden und ein teilweises Hochziehen der Räume bis unter das Dach, ferner die verwendeten Materialien und die Ausstattung mit einem Kamin und einer Sauna sprächen dafür, daß diese den besonderen Wohnwert des Objekts ausmachenden Merkmale sich in einer ggf. feststellbaren Vergleichsmiete nicht widerspiegeln würden.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung den Mietwert der selbstgenutzten Wohnung in Höhe der Marktmiete anstelle der Kostenmiete zugrunde zu legen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Nach §126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

1. Gemäß §21 Abs. 2, erste Alternative EStG gehört zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus. Zu seiner Ermittlung sind der zu schätzenden Rohmiete die nachgewiesenen Werbungskosten gegenüberzustellen. Die Rohmiete ist grundsätzlich anhand der am Wohnungsmarkt für vergleichbare Objekte erzielbaren Miete, der sog. Marktmiete, zu schätzen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Zweck des §21 Abs. 2 EStG den Ansatz der sog. Kostenmiete erfordert (Senatsurteil vom 22. Oktober 1993 IX R 35/92, BFHE 174, 51, 53, BStBl II 1995, 98).

Hinsichtlich der Voraussetzungen für den Ansatz der Kostenmiete hat der erkennende Senat seine frühere Rechtsprechung, die auch das FG noch zugrunde gelegt hatte (Senatsurteil vom 21. Januar 1986 IX R 7/79, BFHE 146, 51, BStBl II 1986, 394, m. w. N.), teilweise aufgegeben. Der Senat hat nunmehr die Schätzung des Rohmietwerts anhand der Kostenmiete im Interesse der Praktikabilität auf Wohnungen in solchen Zweifamilienhäusern beschränkt, bei denen es aufgrund bestimmter Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale offensichtlich ist, daß sie nicht zum Zwecke der Vermietung errichtet und in der Regel auch tatsächlich nicht vermietet werden. Der Senat hat deshalb an die besondere Gestaltung oder Ausstattung, die den Ansatz der Kostenmiete rechtfertigt, strengere Anforderungen als in seinem Urteil in BFHE 146, 51, BStBl II 1986, 394 gestellt (Senatsurteil in BFHE 174, 51, 56, BStBl II 1995, 98). Danach ist die Kostenmiete stets anzusetzen, wenn sich in dem Wohnhaus eine Schwimmhalle befindet oder wenn die privat genutzte Wohnfläche mehr als 250 qm beträgt. Im übrigen ist die Kostenmiete dann -- und nur dann -- anzusetzen, wenn aufgrund anderer besonders gewichtiger Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale -- auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens -- offensichtlich ist, daß die im jeweiligen Veranlagungszeitraum am Wohnungsmarkt höchstens erzielbare Miete nicht dem Gebrauchswert des Objekts entspricht. Dafür reichen hohe Anschaffungs- oder Herstellungskosten für sich allein nicht aus. Die Kosten müssen im konkreten Einzelfall ihren Niederschlag in einer besonders aufwendigen Ausgestaltung oder Ausstattung gefunden haben. Als solche Merkmale kommen insbesondere in Betracht:

-- eine Grundstücksgröße von mehr als 1 600 qm in Gebieten mit weit überdurchschnittlichen Grundstückspreisen, z. B. in bevorzugten Wohngegenden,

-- besonders aufwendige architektonische Gestaltung,

-- Verwenden von besonders wertvollen Bau- und Ausstattungsmaterialien in erheblichem Umfang,

-- besonders aufwendige Gestaltung der Außenanlagen, insbesondere des Gartens.

Diese Merkmale vermögen jeweils für sich allein den Ansatz der Kostenmiete nicht zu begründen. Es bedarf vielmehr eines Zusammenwirkens mehrerer Umstände; die einzelnen Merkmale sind jeweils in Ver bindung mit anderen von vergleichbarer Bedeutung zu würdigen. Grundlage der Entscheidung sind dabei die vom FG festzustellenden tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles. Kommt das FG nach dieser Würdigung zu dem Ergebnis, die Ausgestaltung oder Ausstattung sei besonders aufwendig, so erübrigt sich die weitere Feststellung, ob sich eine für vergleichbare Objekte am Wohnungsmarkt erzielbare Miete feststellen läßt (Senatsurteil in BFHE 174, 51, 56 ff., BStBl II 1995, 98).

2. Nach diesen Maßstäben hält das angefochtene Urteil einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen des FG enthält das Zweifamilienhaus des Klägers keine Schwimmhalle; die selbstgenutzte Wohnfläche ist auch nicht über 250 qm, sondern nur 209 qm groß. Danach sind die Merkmale, die schon für sich allein den Ansatz der Kostenmiete begründen könnten, nicht gegeben. Unter den übrigen Merkmalen, die im Zusammenwirken mit anderen im Rahmen einer Gesamtwürdigung den Ansatz der Kostenmiete begründen könnten, scheidet die Grundstücksgröße im Streitfall ebenfalls aus, weil es sich nach den Feststellungen des FG nicht um ein Gebiet mit weit überdurchschnittlichen Grundstückspreisen handelt. Auch die Höhe der vom Kläger getragenen Aufwendungen vermag für sich allein den Ansatz der Kostenmiete nicht zu begründen.

3. Da das FG seiner Entscheidung die ältere, vom Senat in seiner Entscheidung in BFHE 174, 51, 55, BStBl II 1995, 98 aufgegebene Rechtsprechung zugrunde gelegt hat, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird nach den Maßstäben des vorgenannten Senatsurteils zu prüfen haben, ob Merkmale gegeben sind, die eine besonders aufwendige Ausstattung oder Gestaltung ergeben, und ob es nach Gesamtwürdigung aller Merkmale offensichtlich ist, daß die am Wohnungsmarkt höchstens erzielbare Miete nicht den Gebrauchswert der Wohnung des Klägers widerspiegelt. Sollte das FG bei der erneuten Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis kommen, daß nicht die Kostenmiete, sondern die Marktmiete als Rohmietwert anzusetzen ist, hat es die Marktmiete zu ermitteln. Sollte diese aus den bereits eingeholten Sachverständigengutachten nicht unmittelbar ableitbar sein, kann das FG sie im Wege der Schätzung, ggf. durch einen Zuschlag zu den gutachtlich ermittelten Vergleichsmieten, bestimmen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1998, 163

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