Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wird der privateigene PKW eines Beamten bei einer Dienstfahrt beschädigt, so können die vom Arbeitgeber (Land) nicht ersetzten Reparaturkosten, die der Arbeitnehmer aus seiner Tasche bezahlt hat, für ihn Werbungskosten sein.

 

Normenkette

EStG §§ 9, 12; LStDV § 20 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Bg., ein Justizamtmann, benutzte am 10. November 1960 mit Ermächtigung seiner Vorgesetzten seinen privateigenen VW zu einer Dienstfahrt und erlitt dabei einen Unfall. Der Wagen kam infolge von Straßenglätte von der Fahrbahn ab. Es entstand ein Sachschaden von 1.708 DM. Das von der Staatsanwaltschaft eingeleitete Ermittlungsverfahren gab keinen Anlaß zur Erhebung der öffentliche Klage. Der Unfall wurde von der Behörde des Bg. als Dienstunfall anerkannt. Dem Bg. wurde gemäß Abschn. V des Runderlasses des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 30. April 1959 (Niedersächsisches Ministerialblatt 1959 S. 391) ein Betrag von 500 DM erstattet. Es ist streitig, ob die übersteigenden, dem Bg. vom Land nicht ersetzten Kosten von 1.208 DM Werbungskosten sind.

Das Finanzamt verneinte das. Es meint, die vom Land gezahlte Entschädigung decke den gesamten dienstlich veranlaßten Aufwand des Bg.; für die Berücksichtigung des Mehraufwandes sei steuerlich kein Raum.

Die Berufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht führte aus, der Unfall sei als Dienstunfall anerkannt worden. Aufwendungen des Arbeitnehmers für sein beruflich genutztes Fahrzeug seien Werbungskosten. Daran ändere sich nichts, wenn der Arbeitgeber einen Zuschuß zu den durch das Fahrzeug veranlaßten Kosten leiste. Im Streitfall habe die Behörde des Bg. nicht die tatsächlichen Aufwendungen voll erstatten, sondern nur einen Zuschuß geben wollen. Das Finanzamt berufe sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Ersatz von Reisekosten für im öffentlichen Dienst beschäftigte Personen, wie sie in den Urteilen IV 215/53 U vom 17. Dezember 1953 (BStBl 1954 III S. 76, Slg. Bd. 58 S. 428) und VI 349/57 U vom 7. November 1958 (BStBl 1959 III S. 9, Slg. Bd. 68 S. 22) niedergelegt sei. Die Einschränkungen der Rechtsprechung seien im Beamtenverhältnis begründet. Bei einem ohne eigenes Verschulden des Beamten erlittenen Kraftwagenunfall sei die Lage anders als bei Reisekosten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts hatte keinen Erfolg.

Werbungskosten sind alle Aufwendungen eines Arbeitnehmers, die durch den Beruf veranlaßt sind, soweit es sich nicht um Kosten der Lebenshaltung im Sinne von § 12 Ziff. 1 EStG handelt. Zutreffend hat das Finanzgericht angenommen, daß die streitigen Aufwendungen des Bg. durch den Dienst veranlaßt waren. Der Bg. befand sich auf einer Dienstreise und war zur Benutzung seines privateigenen PKW ermächtigt. Der Senat hat in dem Urteil VI 79/60 S vom 2. März 1962 (BStBl 1962 III S. 192, Slg. Bd. 74 S. 513) ausgesprochen, daß Kosten, die ein Arbeitnehmer zur Beseitigung von Sachschäden an seinem PKW aufwendet, Werbungskosten sind, wenn die Benutzung des Fahrzeugs durch das Arbeitsverhältnis veranlaßt war. Aufwendungen für ein beruflich genutztes, aber auf einer Privatfahrt beschädigtes Kraftfahrzeug sind dagegen in der Regel Kosten der Lebenshaltung, wie im Urteil des Bundesfinanzhofs IV 611/54 U vom 12. April 1956 (BStBl 1956 III S. 176, Slg. Bd. 62 S. 474) dargelegt ist. Den Unfall des Bg. hat seine Behörde als Dienstunfall anerkannt. Das Finanzgericht stellte einwandfrei fest, daß der Bg. den Unfall nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat.

Der Vorsteher des Finanzamts meint, der dienstlich veranlaßte Aufwand des Bg. müsse als durch die Zahlung der 500 DM abgegolten gelten. Der Senat hat aber bereits in dem Urteil VI 9/59 U vom 29. Januar 1960 (BStBl 1960 III S. 163, Slg. Bd. 70 S. 435) entschieden, daß Aufwendungen eines Beamten oder Angestellten im öffentlichen Dienst, zu denen der öffentlich-rechtliche Dienstherr nur einen Beitrag leistet, Werbungskosten des Arbeitnehmers sein können, soweit sie den Beitrag übersteigen. Es kommt also darauf an, ob die Zahlung des öffentlichrechtlichen Dienstherrn ein Zuschuß (Beitrag) zur Kostendeckung ist oder ob sie den gesamten dienstlichen Aufwand decken soll. Der Senat ha ausgesprochen, daß bei Forstbediensteten Aufwendungen für Jagdhunde grundsätzlich zu den Werbungskosten gehören, soweit sie nicht durch den Zuschuß des Dienstherrn gedeckt sind (Urteil des Senats VI 9/59 U, a. a. O.). Von ähnlichen Grundsätzen ist der Senat in der Entscheidung VI 101/62 U vom 28. Juni 1963 (BStBl 1963 III S. 425) ausgegangen.

Der Runderlaß des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 30. April 1959 (a. a. O.) sieht ausdrücklich vor, daß einem Beamten bei einem Kraftwagenunfall nur ein Teil der Kosten erstattet wird. Der Dienstherr zahlt also nur einen Zuschuß zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers und lehnt es ausdrücklich ab, den gesamten dienstlichen Aufwand zu decken. Der Beamte wird darauf verwiesen, weitere Kosten durch Abschluß einer Kaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 500 DM zu decken.

Die Reparaturkosten, die der Bg. selbst getragen hat, sind demnach Werbungskosten im Sinne von § 9 EStG. Die Frage, ob die aufgewendeten Kosten Werbungskosten oder Kosten der Lebenshaltung sind, hängt nicht davon ab, ob dem Bg. zuzumuten war, eine Kaskoversicherung abzuschließen. Diese Frage berührt nur das Innenverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten. Der Senat hat das daher auch in dem Urteil VI 79/60 S (a. a. O.) nicht für wesentlich gehalten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410908

BStBl III 1963, 502

BFHE 1964, 496

BFHE 77, 496

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