Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifierung von ,,Teppichen"

 

Leitsatz (NV)

1. Voraussetzungen für die zolltarifliche Einreihung als ,,Teppiche".

2. Textilerzeugnisse, die nach ihrer Beschaffenheit nicht als Fußbodenbeläge verwendbar sind (hier: ,,Fleckerlteppiche" mit Schlaufen und Applikationen), sind keine Teppiche (1.).

 

Normenkette

KN Unterpos. 6304 9900; KN Unterpos. 5702 9900; KN Anm. 1 zu Kap. 57

 

Tatbestand

Die beklagte Oberfinanzdirektion (OFD) erteilte der Klägerin eine verbindliche Zolltarifauskunft - Nr. . . . vom 18. Februar 1992 -, durch die ,,Fleckerlteppiche" (68x51 cm), gewebt, konfektioniert, an einer kurzen Seite mit vier Aufhängeschlaufen versehen, durch Aufnähen von Gewebezuschnitten (,,Katze" bzw. ,,Drachen") nahezu formatfüllend verziert, der Unterposition 6304 9900 der Kombinierten Nomenklatur (KN) - andere Waren zur Innenausstattung, aus anderen Spinnstoffen - zugewiesen wurden. Den Einspruch der Klägerin, mit dem diese die Einordnung in die Position 5702 - Teppiche und andere Fußbodenbeläge, aus Spinnstoffen, gewebt . . . - begehrte, wies die OFD mit der Begründung zurück, die Waren trügen im Hinblick auf die aufgenähten Verzierungen und die angenähten, relativ großen Schlaufen nicht, wie gemäß Anmerkung 1 zu Kapitel 57 für eine Tarifierung als ,,Teppiche" erforderlich, die charakteristischen Merkmale von Fußbodenbelägen aus Spinnstoffen.

Mit der hiergegen erhobenen Klage wird vorgetragen, der zolltarifliche Begriff ,,Teppiche und andere Fußbodenbeläge" sei weit auszulegen. Er umfasse auch Wandteppiche. Bei diesen führe eine spezielle Konfektionierung durch Anbringung von Schlaufen zum Anhängen nicht zum Ausschluß von Kapitel 57. Nach der Verkehrsauffassung seien Wandteppiche auch Bildteppiche mit Applikationen. Diese schlössen eine Verwendung als Fußbodenbelag nicht aus. Sämtliche Merkmale eines solchen Belags oder Beschaffenheitsmerkmale gleicher Art brauchten nicht vorzuliegen; es genügten die charakteristischen Merkmale, die hier gegeben seien. Da mithin die Position 5702 einschlägig sei, komme die Position 6304 (für ,,andere" Waren) nicht in Betracht.

DieOFD trägt vor, als Wandteppiche verwendete Erzeugnisse müßten, um als ,,Teppiche" zu gelten, die gleichen Beschaffenheitsmerkmale wie Fußbodenteppiche aufweisen, also auch als solche verwendbar sein. Das treffe hier nicht zu, da zusätzliche Ausrüstungsmerkmale vorlägen (Schlaufen als ,,Fußfallen"; als Bestandteile eines Fußbodenbelags unübliche Applikationen), die diese Verwendung ausschlössen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die der Senat zu entscheiden hat, obwohl die seine erstinstanzliche Zuständigkeit begründende Vorschrift - § 37 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung - inzwischen entfallen ist (Art.1 Nr.5 i.V.m. Art.7 des FGO-Änderungsgesetzes vom 21. Dezember 1992, BGBl I 1992, 2109, BStBl I 1993, 90), ist nicht begründet.

Die OFD hat die Waren zutreffend tarifiert. Zwar gehören zu der Position 6304 KN, der die ,,Fleckerlteppiche" zugeordnet worden sind, nicht ,,Teppiche" (Anmerkung 2a zu Kapitel 63, die eine andere Bestimmung im Sinne von Anmerkung 8 zu Abschn. XI KN enthält). Teppiche in zolltariflicher Hinsicht liegen indessen nicht vor.

Als ,,Teppiche und andere Fußbodenbeläge, aus Spinnstoffen" gelten nach der insoweit maßgebenden Anmerkung 1 zu Kapitel 57 Fußbodenbeläge, bei denen die Spinnstoffe die Schauseite der Ware bei deren Verwendung bilden; dazu gehören auch Waren, die die charakteristischen Merkmale von Fußbodenbelägen . . . aufweisen, jedoch zu anderen Zwecken bestimmt sind.

Nicht zur Verwendung als Fußbodenbeläge bestimmte Waren wie die ,,Fleckerlteppiche" sind aufgrund dieser erläuternden Begriffsbestimmung (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 22. März 1984 Rs. 92/83, EuGHE 1984, 1587, 1595 zu der der Anmerkung 1 zu Kapitel 57 im wesentlichen entsprechenden Vorschrift 2 zu Kapitel 58 des früheren Zolltarifs) ,,Teppiche" - nur - dann, wenn sie die charakteristischen Merkmale von Fußbodenbelägen tragen. Wandteppiche, die diesen Anforderungen genügen, gehören zu Kapitel 57 (Erläuterungen Harmonisiertes System - ErlHS - zu Kapitel 57 Rdziff.01.0). Erforderlich ist, daß die Ware nach ihrer objektiven Beschaffenheit die Eignung aufweist, als Fußbodenbelag verwendet zu werden (Senat, Urteil vom 31. Januar 1978 VII R 12/77, BFHE 124, 401, 406 zum früheren Zolltarifschema).

Die ,,Fleckerlteppiche" sind nicht derart beschaffen. Nach den Erläuterungen (a.a.O.), die nach ständiger Rechtsprechung wichtige Erkenntnismittel bei der Auslegung des Zolltarifs darstellen, rechnen zu charakteristischen Merkmalen eines Fußbodenbelags aus Spinnstoffen ,,z.B." Dicke, Steifheit und Widerstandsfähigkeit. Zwischen den Beteiligten ist zwar - nunmehr - unstreitig, daß diese Merkmale hier vorliegen. Gleichwohl können die Waren nicht als ,,Teppiche" im zolltariflichen Sinne angesehen werden. Kommt es - wie hier - auf die charakteristischen Merkmale eines Fußbodenbelags an, so dürfen keine Merkmale vorliegen, die einer Verwendung als Fußbodenbelag entgegenstehen, die also die Eignung dafür ausschließen oder aufheben. Zu berücksichtigen ist damit auch die Beschaffenheit im übrigen. Das ist möglich, weil die Anführung positiver charakteristischer Merkmale in den Erläuterungen nur beispielhafter Art ist, und auch geboten, weil (über die charakteristischen Merkmale) die objektive Beschaffenheit als Fußbodenbelag (z.B. Teppich) maßgebend bleibt. Diese Beschaffenheit weisen die ,,Fleckerlteppiche" unter Berücksichtigung ihrer Schlaufen und Applikationen nicht auf. Insoweit teilt der Senat die zolltarifliche Beurteilung seitens der OFD. Die Bedenken der Klägerin greifen demgegenüber nicht durch. Wenn Erzeugnisse des Kapitels 57 ,,konfektioniert" sein können (ErlHS, a.a.O., Rdziff.02.0), so besagt das nicht, daß Aufhängevorrichtungen unschädlich sind (vgl. auch die in Anmerkung 7 zu Abschn. XI KN enthaltene Bestimmung des Begriffs konfektioniert"). Jedenfalls kennzeichnen sich Waren mit verhältnismäßig großen Schlaufen, wie sie hier vorliegen, nicht mehr als Fußbodenbeläge. Ob dasselbe im Hinblick auf die angebrachten Applikationen zu gelten hätte, kann dahinstehen. Der Senat bemerkt indessen, daß Wandbehänge mit Applikationen, auch wenn sie im Sinne der Verkehrsauffassung als ,,Wandteppiche" (Bildteppiche) anzusehen sein sollten, nicht notwendig ,,Teppiche" im Sinne des Zolltarifs sind. Denn dieser stellt letztlich auf die Eignung als Fußbodenbelag ab und schließt insoweit einen Rückgriff auf die Verkehrsauffassung zum Begriff ,,Teppich" aus (zu den Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Verkehrsauffassung Lux in Bail/Schädel/Hutter, Zollrecht, F II 1 Rdziff.202).

Eine Position des Kapitels 57 kommt hiernach nicht in Betracht. Tapisserien der Position 5805 liegen - worin die Beteiligten übereinstimmen - nicht vor. Es bleibt mithin nur übrig, die Waren wie geschehen der Position 6304, zu der auch Wandbehänge gehören (ErlHS zu Position 6304 Rdziff.02.0), zuzuweisen, dort, nach ihrer Beschaffenheit, der Unterposition 9900.

 

Fundstellen

BFH/NV 1993, 506

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