Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Zugmaschinen ohne Güterladeraum von Teilnehmergemeinschaften nach § 17 der Reichsumlegungsordnung - jetzt § 16 des Flurbereinigungsgesetzes - fallen nicht unter die Befreiungsvorschrift des KontrRG Nr. 51 Art. I Ziff. 2.

 

Normenkette

KraftStG § 2/6

 

Tatbestand

Für die Teilnehmergemeinschaft der Umlegung X. - jetzt umbenannt in Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung X. - (Beschwerdegegnerin - Bgin. -) sind eine Zugmaschine ohne Güterladeraum und zwei Anhänger zugelassen. Das Finanzamt sieht das Halten dieser Fahrzeuge durch die Bgin. als der Kraftfahrzeugsteuer unterliegend an und hat die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeiträume vom 20. Oktober 1953 bis 19. November 1953 und vom 20. November 1953 bis 19. Dezember 1953 gefordert. Das Finanzgericht dagegen hält die Befreiungsvorschrift des Kontrollratgesetzes (KontrRG) Nr. 51 Art. I Ziff. 2 für anwendbar, wonach Zugmaschinen ohne Güterladeraum, die ausschließlich auf Bauernhöfen oder Landgütern gebraucht werden, von der Kraftfahrzeugsteuer befreit sind ohne Rücksicht darauf, ob sie landwirtschaftlichen Genossenschaften gehören oder nicht. Zwar sei die Bgin. eine Körperschaft öffentlichen Rechts, jedoch sei die Bgin. "gewissermaßen doch eine Art landwirtschaftliche Genossenschaft". Wenn die Bgin. auch keine landwirtschaftliche Tätigkeit im unmittelbaren Sinn des Wortes ausübe, so sei ihre Tätigkeit immerhin eine solche, die unzweifelhaft zur Landwirtschaft gehören würde, wenn sie von einem Landwirt selbst ausgeübt werden würde.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts hat Erfolg.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zum KontrRG Nr. 51 Art. I Ziff. 2 muß die Zugmaschine, wenn die Befreiung Platz greifen soll, nicht nur "ausschließlich auf Bauernhöfen oder Landgütern gebraucht werden", sondern darüber hinaus entweder einem Landwirt oder einer landwirtschaftlichen Genossenschaft gehören. Dementsprechend hat der Senat beispielsweise die Zugmaschine des Lohndreschers, auch wenn diese nur auf Bauernhöfen oder Landgütern gebraucht wird, nicht als unter die Befreiungsvorschrift fallend angesehen. Auf das Urteil des Bundesfinanzhofs II 133/50 S vom 20. Februar 1951, Slg. Bd. 55 S. 162 = Bundessteuerblatt (BStBl.) 1951 III S. 62, und das Urteil II 61/52 U vom 22. Oktober 1952, Slg. Bd. 57 S. 104 = BStBl. 1953 III S. 40 wird Bezug genommen.

Die Bgin. ist kein Landwirt. Zwar können auch nichtphysische Personen Landwirte sein, das heißt eine Landwirtschaft betreiben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs II 151/52 U vom 14. Januar 1953, Slg. Bd. 57 S. 241 BStBl. 1953 III S. 95). Die Umlegung - jetzt Flurbereinigung - als solche aber ist kein landwirtschaftlicher Betrieb, wenn sie auch in erster Linie die Förderung der landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Erzeugung durch besitzverbessernde und bodenverbessernde Maßnahmen bezweckt (ß 1 Abs. 1 der Reichsumlegungsordnung - RUO - vom 16. Juni 1937, Reichsgesetzblatt 1937 Teil I S. 629, jetzt § 1 des Flurbereinigungsgesetzes - FlurbG - vom 14. Juli 1953, Bundesgesetzblatt 1953 Teil I S. 591). Folglich ist die Teilnehmergemeinschaft nach der RUO (ß 17 ff.) - jetzt nach dem FlurbG (ß 16 ff.) - als solche kein Landwirt, das heißt kein die Landwirtschaft betreibendes Unternehmen. Die Teilnehmergemeinschaft ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die aus den Eigentümern der zum Umlegungsgebiet - jetzt Flurbereinigungsgebiet - gehörenden Grundstücke und aus den den Eigentümern gleichgestellten Personen besteht und unter anderem die Aufgabe hat, die gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Teilnehmer wahrzunehmen und insbesondere, sofern keine andere Regelung vorgesehen wird, die gemeinschaftlichen Anlagen herzustellen und zu unterhalten und die erforderlichen Bodenverbesserungen auszuführen (ß 19 RUO, jetzt § 18 FlurbG). Zwar werden im Regelfall die gemeinschaftlichen Anlagen (ß 43 RUO, jetzt § 39 FlurbG) und die Bodenverbesserungen landwirtschaftlichen Betrieben dienen, auch würde die Herstellung solcher Anlagen und die Bodenverbesserungen, wenn sie vom Landwirt selbst für seinen Betrieb vorgenommen werden, als eine in seinem landwirtschaftlichen Betrieb anfallende Tätigkeit anzusehen sein, jedoch stellt eine solche Tätigkeit für sich allein noch keinen landwirtschaftlichen Betrieb dar.

Die Bgin. ist auch keine Genossenschaft im Sinn der Befreiungsvorschrift. Was zunächst den deutschsprachigen Text der Vorschrift anlangt, bei dem es sich übrigens um den vom Kontrollrat stammenden deutschsprachigen Text (vgl. Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland Nr. 14 vom 31. März 1947 S. 267) handelt, so deckt sich dieser mit dem fremdsprachigen Text der Vorschrift (englischer Text: "agriculturel cooperatives", französischer Text: "cooperatives agricoles"). Sowohl das englische Wort "cooperative" als auch das französische Wort "cooperative" hat die Bedeutung von "Genossenschaft" (vgl. C. A. Gunstlon und C. M. Corner "Deutsch-Englisches Glossarium finanzieller und wirtschaftlicher Fachausdrücke" unter "Genossenschaft" und Dr. F. Roepke "Deutsch-Französisches Glossarium finanzieller und wirtschaftlicher Fachausdrücke" unter "Genossenschaft"). Der Senat ist ferner der Ansicht, daß unter Genossenschaft im Sinn der Befreiungsvorschrift nur die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft des bürgerlichen Rechts zu verstehen ist. Die Vorschrift will den Landwirt, der sich eine Zugmaschine ausschließlich für die landwirtschaftlichen Zwecke seines Betriebes hält, begünstigen. Wenn die Vorschrift weiter dem Landwirt die landwirtschaftliche Genossenschaft gleichstellt, dann bringt sie damit zum Ausdruck, daß es keinen Unterschied machen soll, ob die Zugmaschine dem Landwirt allein oder dem Landwirt zusammen mit anderen Landwirten auf genossenschaftlicher Grundlage gehört. Der Gesetzgeber hat dabei nur die freiwillig von Landwirten gebildete Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft des bürgerlichen Rechts im Auge gehabt, also nicht auch eine Körperschaft öffentlichen Rechts begünstigen wollen, die - nach Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 3. Auflage I. Band S. 383 - ein mitgliedschaftlich organisierter, rechtsfähiger Verband öffentlichen Rechts ist, der staatliche Aufgaben mit hoheitlichen Mitteln unter staatlicher Aufsicht, also ein Stück Staatsverwaltung, wahrnimmt, mag die Körperschaft öffentlichen Rechts im einzelnen Fall auch Merkmale der Genossenschaft bürgerlichen Rechts aufweisen und mit ihr große ähnlichkeit haben oder sogar - wie bei der Teilnehmergemeinschaft in dem früheren durch § 155 Abs. 1 FlurbG außer Kraft gesetzten bayer. Flurbereinigungsgesetz - als Genossenschaft bezeichnet sein. Die Gleichstellung der Bgin. mit einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft des bürgerlichen Rechts würde damit auf eine Erweiterung der Befreiungsvorschrift im Wege der Auslegung hinauslaufen, zu der die Rechtsprechung nicht befugt ist.

Ist hiernach die Bgin. weder ein Landwirt noch eine landwirtschaftliche Genossenschaft im Sinne der Befreiungsvorschrift, dann ist diese Vorschrift schon aus diesem Grunde nicht auf die der Bgin. gehörende Zugmaschine anwendbar. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob im Streitfall die weitere Voraussetzung gegeben ist, nämlich daß die Zugmaschine "auf Bauerngütern oder Landgütern gebraucht" wird. Damit erledigt sich auch der Hinweis der Bgin. auf den Runderlaß des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft VIII C - 10429 vom 24. September 1941 (Reichsministerialblatt der landwirtschaftlichen Verwaltung 1941 S. 763), wonach die Arbeiten, die von einer Teilnehmergemeinschaft im Umlegungsverfahren als Unternehmer ausgeführt werden, als im Rahmen der landwirtschaftlichen Wirtschaftsbetriebe der Umlegungsteilnehmer liegend unter die landwirtschaftliche Unfallversicherung fallen. Ist nun das Halten der Zugmaschine nicht steuerbegünstigt, dann gilt das gleiche auch für das Halten der beiden Anhänger (ß 3 der Durchführungsverordnung vom 30. Juni 1947 zum Kontrollratsgesetz Nr. 14 - Kraftfahrzeugsteuer - nach seiner änderung durch das Kontrollratsgesetz Nr. 51, Amtliche Mitteilungen des Finanzministeriums Württemberg-Baden in "Finanz und Steuer" 1947 S. 87).

Da das Finanzgericht dies verkannt hat, war die Vorentscheidung aufzuheben und - die Sache ist spruchreif - die Sprungberufung als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1955, 107

BFHE 1955, 276

BFHE 60, 276

StRK, KraftfStG:3 R 15

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