Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wertfortschreibung auf den 21. Juni 1948 schließt nachfolgende Zurechnungsfortschreibung auf diesen Stichtag nicht grundsätzlich aus.

 

Normenkette

AO § 225a; BewG § 22

 

Tatbestand

Es handelt sich um die Zurechnung des Einheitswerts für landwirtschaftlichen Betrieb auf den 21. Juni 1948. Auf diesen Stichtag wurde der Einheitswert wegen Kriegsschadens fortgeschrieben. Hierbei wurde der Hof dem Beschwerdeführer (Bf.) zugerechnet. Der Bescheid wurde im September 1951 zugestellt. Die Mutter des Bf. verstarb am 8. März 1954. Am 20. März 1954 erklärte der Bf. dem Finanzamt, daß seine Mutter und er sich an das Testament seines Vaters vom 29. Dezember 1921 gebunden fühlten und die Erbfolge hiernach durchgeführt hätten. Die entgegenstehenden Bestimmungen des Reichserbhofgesetzes seien von ihnen im beiderseitigen Einverständnis als nichtbestehend angesehen worden. Er erklärte sich daher unter Verzicht auf Rechtsmittel damit einverstanden, daß die Zurechnung des Hofes zum 21. Juni 1948 auf die Mutter vorgenommen werde. Daraufhin erließ das Finanzamt einen Zurechnungsfortschreibungsbescheid auf den 21. Juni 1948, in dem der Hof nunmehr der Mutter des Bf. als wirtschaftlicher Eigentümerin zugerechnet wurde. Dieser Bescheid wurde im April 1954 zugestellt. Am 10. April 1954 erschien der Bf. wiederum im Finanzamt, um seine Erklärung vom 20. März 1954 zu widerrufen. Nach dem Aktenvermerk des Finanzamts über diese Unterredung versuchte der Bf. vergeblich, den Beamten des Finanzamts zu bewegen, das Protokoll vom 20. März 1954 als den Tatsachen nicht entsprechend zu vernichten. Am 8. Mai 1954 wurde Einspruch gegen den Zurechnungsfortschreibungsbescheid eingelegt. Der Einspruch wurde wegen des Rechtsmittelverzichts als unzulässig verworfen. In der Berufung machte der Bf. geltend, daß sich der am 7. Juli 1938 verstorbene Vater des Bf. und seine Mutter durch notariellen Vertrag vom 29. Dezember 1921 gegenseitig zu Erben eingesetzt hätten. Die Erbeinsetzung sei jedoch wegen des Reichserbhofgesetzes nicht zum Zuge gekommen. Daher sei der Bf. 1940 als Hofeigentümer im Grundbuch eingetragen worden. Die Mutter des Bf. habe den Hof nach dem Tode ihres Mannes wie eine Nießbraucherin bewirtschaftet, da der Bf. beim Tode seines Vaters erst 19 Jahre alt gewesen sei, im Jahre 1940 Soldat geworden und erst 1948 aus Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt sei. Auch nach diesem Zeitpunkt habe der Bf. die Bewirtschaftung des Hofes nicht selbst übernommen, denn in Ausführung des letzten Willens des Vaters seien die Beteiligten darin einig gewesen, daß die Mutter Verwaltung und Nießbrauch am Hofe haben sollte. Dieser Zustand sei erst durch die Heirat des Bf. und den notariellen Vertrag vom 12. Januar 1954 zwischen Mutter und Sohn geändert worden, auf Grund dessen die Verwaltung und Nutznießung ab 1. Juli 1953 auf den Bf. übergegangen und der Mutter ein Altenteil sowie eine monatliche Rentenzahlung von 300 DM zugebilligt worden sei. Die Erklärung vom 20. März 1954 könne nicht gegen den Bf. verwandt werden, da er die Auswirkungen seiner Erklärung auf Vermögensteuer und Vermögensabgabe nicht übersehen und überdies seine Erklärung nur zwecks beschleunigter Erledigung seines schwebenden Einspruchs gegen seine Vermögensteuerveranlagung 1949 sowie seines Antrags auf anderweitige Festsetzung der Vorauszahlungen auf die Vermögensabgabe eingereicht habe. Die Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht ließ dahingestellt, ob der am 20. März 1954 vor dem Finanzamt erklärte Rechtsmittelverzicht rechtswirksam war bzw. ob er durch die Erklärung vom 10. April 1954 rechtswirksam widerrufen worden ist, da die Berufung auch materiell ohne Erfolg bleiben müsse. Nach dem Erbvertrag habe die Mutter des Bf. den Eigenbesitz am Hofe gehabt. Dies ergebe sich auch aus der Erklärung vom 20. März 1954 und den Angaben in den Vermögensteuererklärungen der Mutter für 1946 und 1949.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.). Der Bf. rügt Verkennung des Begriffs des wirtschaftlichen Eigentums durch das Finanzgericht sowie Verstöße gegen den Akteninhalt. Im übrigen äußert er Bedenken gegen die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der Zurechnungsfortschreibung auf den 21. Juni 1948.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Bf. ist nicht begründet.

Mit Recht ist das Finanzgericht von der Rechtslage auf Grund des Erbvertrags ausgegangen, wie sie sich aus dem notariellen Altenteils- und Leibrentenvertrag vom 12. Januar 1954 ergibt. Danach hatten sich die Eltern, wie auch vom Bf. nicht bestritten ist, gegenseitig zu Erben eingesetzt, und die Mutter des Bf. hat nach dem Tode ihres Mannes den Hof allein auf eigene Rechnung bewirtschaftet. Auch nach Rückkehr des Sohnes aus der Kriegsgefangenschaft verblieb es zunächst noch bei dieser Rechtslage, da die Beteiligten nach ihren eigenen Angaben dem letzten Willen ihres Ehemanns bzw. Vaters Rechnung tragen wollten. Wenn die Vorinstanz bei dieser Sachlage wirtschaftliches Eigentum der Witwe am Hofe am 21. Juni 1948 angenommen hat, ist dies nicht zu beanstanden, zumal der tatsächliche Inhalt der Erklärung vom 20. März 1954 und auch die sonstigen Angaben der Mutter des Bf. sowie seine eigenen Angaben in den Vermögensteuerakten besonders für die Vermögensteuerveranlagung 1946 und 1949 damit im Einklang standen. Die vom Bf. aufgestellte Behauptung, daß der Mutter nur die Verwaltung und der Nießbrauch am Hof zugestanden habe, findet in den angegebenen Steuerakten sowie in dem Erb- und Altenteilsvertrag keine ausreichende Stütze. Der Umstand, daß der Bf. seit 1940 als Eigentümer des Hofes im Grundbuch eingetragen ist, und daß die Mutter während ihres Eigenbesitzes den Hof zivilrechtlich nicht belasten konnte, schließt die Annahme wirtschaftlichen Eigentums der Mutter nicht aus. Der Bf. hat in der Rb. weiterhin geltend gemacht, daß die Fortschreibung des Einheitswerts nur auf einen Stichtag möglich gewesen sei, der auf den Stichtag der letzten Einheitswertfeststellung folgte, und daß aus diesem Grund die nochmalige Fortschreibung zum 21. Juni 1948 auf die Mutter verfahrensrechtlich unzulässig gewesen sei. Es handelt sich im Streitfall nicht um eine nochmalige Wertfortschreibung auf den 21. Juni 1948, sondern um eine Wertfortschreibung und die nachfolgende Zurechnungsfortschreibung auf diesen Stichtag. Der Senat hat in seinem Urteil III 135/53 U vom 12. März 1954 (Bundessteuerblatt 1954 III S. 145, Slg. Bd. 58 S. 614) ausgesprochen, daß die Wertfortschreibung eines Grundstücks auf den 21. Juni 1948 die spätere Art- und Wertfortschreibung von Amts wegen auf denselben Fortschreibungszeitpunkt nicht grundsätzlich ausschließe. Erst recht können im Streitfall gegen eine Zurechnungsfortschreibung nach vorangegangener Wertfortschreibung keine begründeten Einwendungen erhoben werden. Hiernach war der Rb. der Erfolg zu versagen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409271

BStBl III 1959, 110

BFHE 1959, 277

BFHE 68, 277

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