Entscheidungsstichwort (Thema)

Dauerschulden beim Leasing; Beteiligung des Leasing-Nehmers am Veräußerungserlös

 

Leitsatz (NV)

1. Kredite mit einer Laufzeit von mehr als 12 Monaten, die eine Leasing-Gesellschaft zur Finanzierung des Erwerbs vermieteter Wirtschaftsgüter aufnimmt, sind Dauerschulden.

2. Für die Verpflichtung, den Leasing- Nehmer bei Veräußerung des Leasing-Gegenstands am Veräußerungserlös zu beteiligen, kann der Leasing-Geber bei seiner Gewinnermittlung keine Rückstellung bilden.

 

Normenkette

GewStG §§ 7, 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Feststellung der einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge für 1971 bis 1974,

a) ob die zur Finanzierung von Leasinggegenständen aufgenommenen Kredite und die dafür gezahlten Zinsen als Dauerschulden bzw. Dauerschuldzinsen bei der Ermittlung der Gewerbesteuermeßbeträge 1971 bis 1974 hinzuzurechnen sind, sowie

b) ob die Bildung von Rückstellungen für Mietrückvergütung ertragsteuerrechtlich zulässig ist und die jährlichen Zuführungen in den Streitjahren den Gewerbeertrag mindern.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH & Co. KG, ist der Abschluß und die Durchführung von Leasingverträgen über bewegliche Wirtschaftsgüter. Die Klägerin schließt Mietverträge ab, die nach insoweit übereinstimmender Auffassung der Klägerin und des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) so ausgestaltet sind, daß das rechtliche und wirtschaftliche Eigentum an den Leasinggegenständen jedenfalls in den Streitjahren bei der Klägerin als Vermieterin verbleiben soll. Der Klägerin ist für die Streitjahre eine entsprechende verbindliche Zusicherung der Finanzverwaltungsbehörde gegeben worden. Die Wirtschaftsgüter werden von der Klägerin bilanziert und, verteilt über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, abgeschrieben. Die Leasingverträge haben in der Regel eine jederzeit kündbare Laufzeit von 2,5 bis 5 Jahren. Nach Beendigung des jeweiligen Leasingvertrags hat der Leasingnehmer nach den Vertragsbedingungen einen Anspruch auf eine ,,Mietrückvergütung" in Höhe von 90 v. H. des zu diesem Zeitpunkt ermittelten Verkehrswertes des Leasinggegenstandes. Der Verkehrswert entspricht zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung in der Regel in etwa dem Buchwert, so daß für die Klägerin ein einmaliger Aufwand in Höhe von 90 v. H. des Restwertes entsteht.

Zur Finanzierung des Erwerbs der vermieteten Leasinggegenstände nahm die Klägerin Bankkredite auf. Dabei wurde für jedes einzelne Leasingobjekt ein eigenes Konto eröffnet. Diesem Konto wurde bei Anschaffung der Kaufpreis des Leasinggegenstandes belastet. Die eingehenden Leasingraten wurden dem Darlehenskonto gutgeschrieben. Das einzelne Konto wies in der Regel bis kurz vor Vertragsbeendigung einen Schuldsaldo auf.

Im Anschluß an eine im Jahre 1976 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, die aufgenommenen Kredite und die dafür gezahlten Zinsen seien bei der Ermittlung des Gewerbekapitals als Dauerschulden und bei der Ermittlung des Gewerbeertrags als Dauerschuldzinsen hinzuzurechnen. Im einzelnen rechnete das FA unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. April 1981 IV R 24/78 (BFHE 133, 67, BStBl II 1981, 481) dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital folgende Beträge hinzu: . . .

Das FA folgte außerdem der Auffassung des Prüfers, daß für die Verpflichtung zur Mietrückgewähr weder die von der Klägerin bislang vorgenommenen Teilwertabschreibungen bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb in den Jahren 1973 und 1974 noch Rückstellungen anerkannt werden dürften. Es ließ daher bei der Ermittlung der Gewerbeerträge 1972 bis 1974 die geltend gemachten Gewinnminderungen von 43 000 DM in 1972, 200 000 DM in 1973 und 404 000 DM in 1974 nicht zu. Mit Bescheiden vom 18. Januar 1982 änderte das FA die bislang nach § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) vorläufigen Festsetzungen der Gewerbesteuermeßbeträge 1971 bis 1974 und setzte die Gewerbesteuermeßbeträge auf . . . DM für 1971, . . . DM für 1972, . . . DM für 1973 und . . . DM für 1974 fest.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Die Revision der Klägerin wurde als unbegründet zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I. Hinzurechnung von Dauerschulden und Dauerschuldzinsen

Gemäß § 8 Nr. 1 GewStG werden zur Berechnung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb u. a. die bei seiner Ermittlung abgezogenen Zinsen für Schulden hinzugerechnet, die zur nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals aufgenommen worden sind. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG werden zur Berechnung des Gewerbekapitals dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs die bei seiner Ermittlung abgezogenen Verbindlichkeiten wieder hinzugerechnet, die den Schuldzinsen i. S. des § 8 Nr. 1 GewStG entsprechen. Für die Unterscheidung zwischen Schulden, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen (Dauerschulden), und anderen Verbindlichkeiten, die im gewöhnlichen Geschäftsgang eines Betriebes entstehen und in einer der Art des Geschäftsvorfalls entsprechenden Frist getilgt werden (laufende Verbindlichkeiten), ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH in erster Linie der Charakter der Schuld maßgebend (vgl. im einzelnen zuletzt das Urteil des erkennenden Senats vom 11. Dezember 1986 IV R 185/83, BFHE 149, 248, BStBl II 1987, 443).

a) Der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 133, 67, BStBl II 1981, 481 entschieden, daß Kredite mit einer Laufzeit von erheblich mehr als 12 Monaten, die ein Leasingunternehmen zur Finanzierung des Erwerbs von seinem rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum verbleibenden - hiervon ist im Streitfall auszugehen -, jedoch längerfristig vermieteten Wirtschaftsgütern aufnimmt, Dauerschulden i. S. von § 8 Nr. 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG sind. Der Senat hat in dieser Entscheidung zu der Frage, ob bei Leasingunternehmen die vermieteten Gegenstände zum Anlagevermögen des Leasinggebers gehören, nicht abschließend Stellung genommen. In Bestätigung und Fortentwicklung der Grundsätze des Urteils in BFHE 133, 67, BStBl II 1981, 481 hat der Senat jedoch im Urteil vom 5. Februar 1987 IV R 105/84 (BFHE 149, 255, BStBl II 1987, 448) entschieden, daß die vom Hersteller vermieteten Gegenstände zu dessen Anlagevermögen gehören, weil die vermieteten Gegenstände aufgrund ihrer Zweckbestimmung nicht zur Veräußerung, sondern zur Nutzung durch Vermietung und damit notwendigerweise zu einem Verbleib im Betrieb bestimmt seien. Danach gehören auch die von einem Leasingunternehmen vermieteten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen.

b) Schulden, die der Beschaffung des für das Unternehmen erforderlichen Anlagevermögens dienen, gehören nach ständiger Rechtsprechung nicht zum laufenden Geschäftsverkehr (vgl. BFH-Urteile vom 2. Mai 1961 I 63/60 S, BFHE 73, 744, BStBl III 1961, 537; vom 20. Juli 1965 I 7/65 U, BFHE 83, 333, BStBl III 1965, 620, und zuletzt in BFHE 149, 255, BStBl II 1987, 448), wenn ihre Laufzeit mehr als 12 Monate beträgt. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nach den Feststellungen des FG erfüllt, da die Laufzeit der Mietverträge regelmäßig zwischen 2,5 und 5 Jahren lag und der jeweils aufgenommene Kredit über die Laufzeit des Darlehens getilgt wurde. Es kann dabei dahinstehen, ob bei Kreditverhältnissen auf die durchschnittliche Laufzeit aller Raten oder auf die End- oder Gesamtlaufzeit des Kredits abzustellen ist. Auch bei Zugrundelegung der durchschnittlichen Laufzeit ergibt sich selbst bei der kürzesten üblichen Laufzeit von 2,5 Jahren noch eine durchschnittliche Laufzeit der Kreditraten von 15,5 Monaten und damit von deutlich mehr als einem Jahr.

c) Die Einwendungen der Revision vermögen dieser nicht zum Erfolg zu verhelfen.

aa) Da es sich, wie dargelegt, bei den vermieteten Wirtschaftsgütern um solche des Anlagevermögens handelte, ergibt sich die Zurechnung der zur Finanzierung ihres Erwerbs aufgenommenen Kredite zu den Dauerschulden schon daraus, daß, wie unter b) ausgeführt, die durchschnittliche Laufzeit der Kredite bei 15,5 Monaten und damit deutlich über einem Jahr lag. Der Vortrag der Klägerin, die Kredite würden nicht selten durch Umschuldung oder mit Mietraten aus anderen Mietverträgen vorzeitig binnen zwei Jahren getilgt, ist bei dieser Sach- und Rechtslage nicht relevant. Die Frage, ob es sich bei einem Bankkredit um eine Dauerschuld handelt, richtet sich danach, welchem Zweck der Kredit im Zeitpunkt seiner Aufnahme dient (Urteil in BFHE 141, 163, BStBl II 1984, 598, 601; Urteil des FG Hamburg vom 5. Oktober 1984 II 161/82, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1985, 404). Eine vorzeitige Tilgung bereits nach Ablauf von zwei Jahren, bei der es sich auch nach dem Vortrag der Klägerin um eine Abweichung vom Normalfall, nämlich der zeitgleichen Abwicklung von Mietvertag und Darlehensvertrag handelte, konnte somit dem Kredit den Charakter der Dauerschuld nicht mehr nehmen. Schon aus diesem Grunde ist die Rüge, das FG habe seine Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts (§ 76 FGO) verletzt, nicht begründet.

bb) Auch der Hinweis der Revision, im Falle des Urteils in BFHE 133, 67, BStBl II 1981, 481 habe es sich um Kredite mit wesentlich längerer Laufzeit (42 bis 47 Monate) gehandelt, kann eine andere Entscheidung nicht rechtfertigen. Wie bereits dargelegt (vgl. unter b), ergibt sich der Dauerschuldcharakter der Bankkredite im Streitfall, wenn man nicht auf die wesentlich längere Endlaufzeit abstellt, daraus, daß die durchschnittliche Laufzeit der Raten bei 15,5 Monaten liegt.

cc) Auch der Versuch der Klägerin, der Revision durch einen Vergleich des Streitfalls mit dem Sachverhalt zum Erfolg zu verhelfen, den der BFH durch Urteil in BFHE 69, 453, BStBl III 1959, 430 entschieden hat, kann nicht überzeugen. In der Entscheidung in BFHE 69, 453, BStBl III 1959, 430 hat der BFH den Dauerschuldcharakter von Krediten mit einer Laufzeit von 18 Monaten verneint, die ein Filmhersteller zur Finanzierung eines bestimmten Filmvorhabens aufnimmt, weil sich der hergestellte Film wirtschaftlich rasch, nämlich regelmäßig innerhalb von 18 Monaten verbrauche und deshalb einen ,,Grenzfall zwischen Anlage- und Umlaufvermögen" darstelle. Mit diesem Sachverhalt ist der Erwerb von Maschinen mit mehrjähriger technischer und wirtschaftlicher Nutzungsdauer zwecks Vermietung nicht vergleichbar.

d) Mit Recht hat das FG auch keine Folgerungen daraus gezogen, daß die Klägerin in den Streitjahren die sich aus der Hinzurechnung ergebende zusätzliche Gewerbesteuer in die Leasingraten nicht einkalkuliert hat. Die Höhe der Gewerbesteuer bestimmt sich nach den gesetzlichen Vorschriften, nicht danach, ob sie dem Steuerpflichtigen bekannt war und welche Folgerungen daraus für die Preisgestaltung gezogen worden sind. Für die Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags ist ebenso unerheblich, welcher Gemeinde die daraus sich ergebende Steuer zufließt.

II. Rückstellung für Mietrückgewähr

Eine Passiverung der Verpflichtung zur Mietrückgewähr kommt weder unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Rückstellung für drohende Verluste aus späteren Geschäften oder für ungewisse Verbindlichkeiten noch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht. Der Senat hat dies in dem heute ergangenen Urteil IV R 18/86 BStBl II 1988, 57 zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung 1972 bis 1974 näher ausgeführt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe des Urteils IV R 18/86 verwiesen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 387

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