Entscheidungsstichwort (Thema)

Branntweinmonopol: Nichtberücksichtigung der Einlagerungskosten bei den Herstellungskosten einer Kartoffelbrennerei verfassungsgemäß, BFH-Rechtsprechung zu § 65 BranntwMonG, Stellung der Kartoffelbrenner und Getreidebrenner im BranntwMonG

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung in § 65 Satz 2 BranntwMonG, wonach die Kosten der Einlagerung der Kartoffeln in die Brennerei nicht zu den Herstellungskosten gehören, ist verfassungsgemäß.

 

Orientierungssatz

Der Begriff der Herstellungskosten in § 65 BranntwMonG ist ein Rechtsbegriff, dessen Anwendung durch die Verwaltung in vollem Umfang gerichtlich nachgeprüft werden kann. Die Gerichte können aber nicht ihre eigene Wertung und Auslegung an die Stelle einer definitiven Festlegung durch den Gesetzgeber setzen (Ausführungen zur BFH-Rechtsprechung bzw. zu den Motiven des Gesetzgebers bezüglich § 65 BranntwMonG sowie zur unterschiedlichen Behandlung der Kartoffelbrenner und der Getreidebrenner durch das BranntwMonG).

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; BranntwMonG § 65 S. 2 Fassung: 1981-06-26, § 72b Fassung: 1981-06-26

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt eine landwirtschaftliche Kartoffelbrennerei. Die Beklagte und Revisionsbeklagte, die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BMonV), übernahm vom Kläger mit Branntweinübernahmebescheinigung vom 2. April 1982 ... Liter Alkohol, wofür sie einen Übernahmepreis von 261,81 DM/hl Alkohol zuzüglich Mehrwertsteuer errechnete und bezahlte. Mit seiner Klage wandte sich der Kläger gegen die Rechtmäßigkeit der der Berechnung des Übernahmepreises zugrundeliegenden Bekanntmachung der BMonV über die Jahresbrennrechte und die Übernahmepreise für Alkohol im Betriebsjahr 1981/82 vom 10. November 1981 (Bundesanzeiger 1981 Nr.226 --Bekanntmachung--). Entgegen dieser Bekanntmachung seien dem Branntweingrundpreis die Einlagerungskosten für Kartoffeln als Teil der Selbstkostenberechnung hinzuzurechnen, da sie betriebswirtschaftlich der Brennerei und nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb zuzuschreiben seien.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung verwies das FG auf § 65 Satz 2 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (BranntwMonG). Danach gehörten die Einlagerungskosten der Kartoffeln in die Brennerei kraft Gesetzes nicht zu den Herstellungskosten. Die gegenteilige Handhabung bei anderen Stoffen als Kartoffeln (z.B. bei Mais) habe keinen Verstoß der Vorschrift gegen Art.3 des Grundgesetzes (GG) zur Folge, weil die Unterscheidung sachlich gerechtfertigt sei. Nach § 65 BranntwMonG verbleibe nämlich den Kartoffelbrennern die Schlempe kostenfrei, während z.B. den Maisbrennern hierfür ein selbstkostenmindernder Erlös abgezogen werde. Damit verbleibe den Kartoffelbrennern gegenüber den Maisbrennern sogar noch ein Preisvorteil von knapp 14 DM/hl Alkohol.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. § 65 Satz 2 BranntwMonG sei verfassungswidrig, da die Vorschrift gegen Art.3 GG verstoße. Zunächst liege eine Systemwidrigkeit darin, daß für eine Brennereisparte eine Kostengruppe, die zweifelsfrei den Herstellungskosten zuzurechnen sei, nicht in Ansatz gebracht werde, während bei den übrigen Brennereisparten die gleiche Kostengruppe bei der Ermittlung des Branntweingrundpreises berücksichtigt werde. Plausible Gründe für diese Differenzierung gebe es nicht. Das vom FG zur Rechtfertigung der Unterscheidung herangezogene Argument eines Kostenvorteils der Kartoffelbrenner hinsichtlich der Schlempe sei verfehlt, da dieser Kostenvorteil nach der agrarpolitischen Zielsetzung des BranntwMonG den Kartoffelbrennern bewußt verbleiben solle. Er dürfe daher nicht gegen zu den Herstellungskosten zählende Bestandteile "aufgerechnet" werden.

Die Regelung in § 65 Satz 2 BranntwMonG könne auch nicht mit der Verschlechterung der Absatzlage für Branntwein und der Kostensteigerung für die BMonV gerechtfertigt werden, weil für die Festsetzung des Branntweingrundpreises nur Umstände berücksichtigt werden dürften, die die Brennereien selbst beträfen. Der Gesetzgeber habe bei der Änderung des § 65 BranntwMonG nicht zu erkennen gegeben, daß er das Kostendeckungsprinzip (Satz 1) durch die Regelung in Satz 2 der Vorschrift aus monopolwirtschaftlichen Gesichtspunkten heraus habe einschränken wollen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht erkannt, daß die Kosten der Einlagerung der Kartoffeln in die Brennerei nicht zu den Herstellungskosten gehören und daher bei der Errechnung und Festsetzung des Branntweinübernahmegeldes unberücksichtigt bleiben. § 65 Satz 2 BranntwMonG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Zu Recht ist das FG von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Der Senat verweist zur Begründung insoweit auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Urteil vom 26. April 1988 VII R 52/86 (BFHE 153, 179).

2. Im Streitfall kommt § 65 BranntwMonG i.d.F. von Art.14 Nr.5 des Subventionsabbaugesetzes (SubvAbG) vom 26. Juni 1981 (BGBl I, 537, 543) zur Anwendung. Nach Satz 1 der Vorschrift, der inhaltlich mit der zuvor in § 65 BranntwMonG getroffenen Regelung übereinstimmt, ist der Branntweingrundpreis so festzusetzen, daß er die durchschnittlichen Herstellungskosten eines hl Alkohols in gut geleiteten Kartoffelbrennereien mit einer durchschnittlichen Jahreserzeugung von 500 hl Alkohol deckt, wobei davon auszugehen ist, daß bei angemessener Verwertung der Kartoffeln die Schlempe dem Brennereibesitzer in der Brennerei kostenfrei zur Verfügung bleibt. Satz 2 der Vorschrift, der gegenüber dem früheren Recht inhaltlich eine Neuerung trifft, bestimmt, daß die Kosten der Einlagerung der Kartoffeln in die Brennerei nicht zu den Herstellungskosten gehören.

a) Aus dem Normzusammenhang der beiden Sätze folgt, daß die Einlagerungskosten der Kartoffeln bei der Festsetzung des Branntweingrundpreises keine Berücksichtigung finden dürfen (so auch die Begründung des Gesetzesvorschlags der Bundesregierung, vgl. BTDrucks 9/92, S.24). Die Aufnahme dieser Regelung in das Gesetz war allerdings nicht unumstritten. Der BT-Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mehrheitlich die Streichung des neuen Satzes 2 der Vorschrift empfohlen (vgl. BTDrucks 9/378, S.25). Letztlich wurde aber die von der Bundesregierung vorgeschlagene Textfassung, mit Ausnahme der Berichtigung eines Schreibfehlers bei der durchschnittlichen Jahreserzeugung (500 statt 50 hl Alkohol), unverändert übernommen (vgl. BTDrucks 9/378, S.17 und S.32).

Nach der Entscheidung des Gesetzgebers sind die Kosten der Einlagerung der Kartoffeln in die Brennerei nicht als Kosten anzusehen, die im Rahmen der Brennerei anfallen. Sie gehen daher auch nicht in die Herstellungskosten des Branntweins ein. Da dem Begehren des Klägers somit bereits der klare und eindeutige Wortlaut der Gesetzesvorschrift entgegensteht, kommt eine Korrektur der Gesetzesanordnung unter Zuhilfenahme anderer Auslegungsmethoden, auch der verfassungskonformen Auslegung, von vornherein nicht in Betracht.

b) Etwas anderes kann auch nicht aus der bisherigen Gutachten- und Spruchpraxis des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 65 BranntwMonG abgeleitet werden.

In seinem auf Antrag des Bundesministers der Finanzen (BMF) erstatteten Gutachten vom 6. November 1956 V z D 2/56 S (BFHE 63, 409, BStBl III 1956, 356) war der BFH zu dem Ergebnis gekommen, daß für die Auslegung des im BranntwMonG nicht definierten Begriffs der "Herstellungskosten" die Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP) zwar nicht bindend, aber ihre Erkenntnisse doch entsprechend anzuwenden sind, soweit dies mit den in Betracht kommenden monopolrecht lichen Verhältnissen vereinbar ist. Hieraus hat der BFH gefolgert, daß sich der Begriff "Herstellungskosten" nach § 65 BranntwMonG mit dem Selbstkostenbegriff der LSP (Nr.10 Abs.3) mit Ausnahme zweier Einschränkungen deckt: zum einen ist die Schlempe als Reststoff (Nr.21) nicht den Stoffkosten gutzuschreiben, da sie dem Brennereibesitzer nach § 65 BranntwMonG kostenlos verbleiben soll; zum anderen ist der kalkulatorische Unternehmerlohn (Nr.22) nur zu dem Bruchteil anzusetzen, der dem Einsatz des Unternehmers an der Brennerei als eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebs entspricht.

Unter Zugrundelegung dieser Ergebnisse hat der erkennende Senat durch Beschluß vom 27. April 1965 VII B 54/63 u.a. (BFHE 82, 272, BStBl III 1965, 346) entschieden, daß die Kosten, die für die Lagerung der Brennkartoffeln bis zu ihrem jeweiligen Brenneinsatz entstehen, als besondere Kostenart zu den Herstellungskosten nach § 65 BranntwMonG gehören. Obschon diese Entscheidung nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt lediglich die eigentlichen Lagerungskosten, d.h. die nach der Einlagerung entstehenden weiteren Kosten der Lagerhaltung, betraf, könnte nach der vom Senat gegebenen Begründung Gleiches doch auch für die Kosten der Einlagerung der Kartoffeln in die Brennerei gelten, unabhängig davon, ob diese Kosten betriebswirtschaftlich oder bilanzrechtlich als Bestandteil der Lagerungskosten oder als eigenständiges Kostenelement anzusehen sind. Maßgeblich war nämlich die Überlegung, daß der Brenner bei einer Verwertung der Kartoffeln in seiner Brennerei nicht mit Kosten belastet bleiben darf, die ihm im Falle sonstiger angemessener Verwertung, z.B. bei dem Verkauf der Kartoffeln an eine Stärkefabrik, nicht entstünden. Da der den Ausgangspunkt der Branntweingrundpreisberechnung bildende Fabrikkartoffelpreis ein Erntepreis ist, d.h. ein Herbstanlieferungspreis, zu dem der Kartoffelanbauer vom Felde weg, also ohne Zwischenlagerung liefert, müßten hiernach alle mit der Lagerung der Brennkartoffeln zusammenhängenden Kosten in die Berechnung des Grundpreises eingehen.

Es kann indessen letztlich dahinstehen, ob die Einlagerungskosten der Kartoffeln in die Brennerei nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats, sei es als eigenständiger Kostenfaktor, sei es als Bestandteil der Lagerungskosten, zu den bei der Festsetzung des Branntweingrundpreises berücksichtigungsfähigen Herstellungskosten zu rechnen gewesen wären. Der Gesetzgeber hat diese Kosten nämlich in § 65 Satz 2 BranntwMonG ausdrücklich aus den Herstellungskosten im Sinne des Satzes 1 ausgeklammert und damit eine weitere Besonderheit des Begriffs der "Herstellungskosten" in § 65 BranntwMonG gegenüber dem Selbstkostenbegriff der LSP geschaffen. An diese Festlegung ist der Senat im Rahmen der einfachen Gesetzesanwendung gebunden. Zwar ist der Begriff der Herstellungskosten in § 65 BranntwMonG ein Rechtsbegriff, dessen Anwendung durch die Verwaltung in vollem Umfang gerichtlich nachgeprüft werden kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 1983 VII R 62/82, BFHE 139, 450). Die Gerichte können aber nicht ihre eigene Wertung und Auslegung an die Stelle einer definitiven Festlegung durch den Gesetzgeber setzen. Im Hinblick auf die Einlagerungskosten ist im Streitfall der Begriff der Herstellungskosten nicht mehr auslegungsfähig. Insofern liegt es hier anders als in dem Urteil in BFHE 139, 450.

3. Die Vorschrift des § 65 Satz 2 BranntwMonG ist nach Auffassung des Senats verfassungsgemäß. Die Frage der Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nach Art.100 Abs.1 GG stellt sich daher nicht.

a) § 65 Satz 2 BranntwMonG verstößt nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art.12 Abs.1 GG) in seiner Ausprägung als Berufsausübungsfreiheit. Zwar tangiert die Nichtberücksichtigung der Einlagerungskosten, sofern man diese Kosten betriebswirtschaftlich zu den Herstellungskosten der Brennerei zählt, das in § 65 BranntwMonG verankerte Kostendeckungsprinzip, wenn man mit dem FG davon ausgeht, daß die Nichtberücksichtigung dieser Kosten im Ergebnis zu einer Minderung des Kostenvorteils führt, der dem Brenner bei angemessener Verwertung der Kartoffeln in Form des Wertes der nicht in die Kostenrechnung eingehenden Schlempe nach § 65 Satz 1 BranntwMonG erhalten bleiben soll. Die volle Beibehaltung des Kostendeckungsprinzips ist aber, wie der Senat zu dem ebenfalls durch das SubvAbG in das BranntwMonG eingefügten § 72b in BFHE 153, 179 entschieden hat, verfassungsrechtlich nicht garantiert. Der Gesetzgeber konnte dieses Prinzip daher ändern, indem er den betreffenden Vorschriften (hier: dem § 65 BranntwMonG) eine inhaltlich andere Ausgestaltung gab, solange es jedenfalls nur im Kern erhalten blieb. Wegen der näheren Begründung wird auf die ausführliche Auseinandersetzung mit Art.12 Abs.1 GG in BFHE 153, 179 verwiesen.

Auch die kumulativ wirkende Änderung der Ertragslage zu Lasten der Kartoffelbrennereien durch § 72b BranntwMonG (Kürzung des Übernahmepreises um 5 % im Jahre 1982, das sind 13,89 DM/hl Alkohol, ausgehend von einer Basis von 277,70 DM/hl Alkohol) und durch § 65 Satz 2 BranntwMonG (Nichtberücksichtigung der Einlagerungskosten von 4,075 DM/hl Alkohol) ist nicht zu beanstanden. Dadurch wird das Übermaßverbot nicht verletzt. Beide Kürzungen führen im Ergebnis zu einer nur maßvollen Absenkung des Übernahmepreises um ca. 6,5 %. Beide Maßnahmen zusammen müssen als taugliches und ausgewogenes Mittel angesehen werden, die mit dem SubvAbG beim Branntweinmonopol verfolgten Ziele zu erreichen, nämlich einerseits den Eigenbrennereien trotz des Preisverfalls für Alkohol die Fortsetzung ihrer Betriebe zu ermöglichen und andererseits die Verluste im Rahmen des Branntweinmonopols möglichst gering zu halten (vgl. BFHE 153, 179, 185 unter Hinweis auf BTDrucks 9/92, S.24 f.; vgl. auch BTDrucks 9/378, S.32).

b) § 65 Satz 2 BranntwMonG verstößt auch nicht gegen Art.3 Abs.1 GG.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG kommt eine Verletzung des Gleichheitssatzes dann in Betracht, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. z.B. BVerfG-Beschluß vom 7. Oktober 1980 1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88). Das gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. In diese Richtung zielt das Vorbringen des Klägers, wonach die Nichtberücksichtigung der Einlagerungskosten nur die Kartoffelbrenner, nicht aber auch die Mais- und Kornbrenner (Getreidebrenner) trifft, weil letztere vom Anwendungsbereich des § 65 Satz 2 BranntwMonG nicht erfaßt werden.

bb) Unter Anlegung des vorgenannten Maßstabes stellt die unterschiedliche Behandlung von Kartoffelbrennern und Getreidebrennern keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar.

Wie der BFH bereits in seinem Gutachten in BFHE 63, 409, 414, zum Ausdruck gebracht hat, handelt es sich bei der Festsetzung des Grundpreises für Kartoffelbranntwein in landwirtschaftlichen Brennereien um einen "besonderen Rechtskreis", in dem alle Kartoffelbrenner gleich behandelt werden. Hieraus folgt, daß der BFH die Brennereiklasse "landwirtschaftliche Brennereien" (§ 24 Nr.1 BranntwMonG) nicht als einen in sich geschlossenen einheitlichen Rechtskreis angesehen hat, sondern von vornherein die Kartoffelbrenner gegenüber den Getreidebrennern (vgl. § 25 Abs.2 Nr.2 BranntwMonG) rechtlich abgesetzt hat. Damit sind unterschiedliche Regelungen für Kartoffel- und Getreidebrenner nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern aufgrund der verschiedenen Rechtskreise sogar systemimmanent.

Eine Analyse des Gesetzes bestätigt diese Auffassung. Nur bei den Kartoffelbrennereien ist von durchschnittlichen Herstellungskosten die Rede (§ 65 BranntwMonG), während für Getreidebrenner die durchschnittlichen Selbstkostenpreise maßgeblich sind (§ 72 Abs.1 BranntwMonG). Selbst wenn diese Begriffe inhaltlich identisch wären, was hier offenbleiben kann, weist die unterschiedliche Terminologie auf voneinander unabhängige und eigenständige Regelungsmaterien hin. Des weiteren genießen Kartoffelgemeinschaftsbrennereien gegenüber Getreidegemeinschaftsbrennereien einen Vorzug bei der Veranlagung zum Brennrecht. Ihnen kann nämlich ein Brennrecht bis zu 1 500 hl/ Alkohol verliehen werden (§ 33a BranntwMonG), während sich andere landwirtschaftliche Brennereien gemäß § 33 Abs.2 BranntwMonG mit einem Brennrecht von höchstens 400 hl/Alkohol begnügen müssen. Schließlich verbleibt den Kartoffelbrennern nach § 65 Satz 1 BranntwMonG der Wert der Schlempe (12 DM/hl Alkohol im maßgeblichen Betriebsjahr 1980/81) kostenfrei, d.h. er geht nicht als Stoffgutschrift in die Errechnung der Herstellungskosten ein, während sich z.B. die Maisbrenner den Wert der Schlempe mit 18 DM/hl Alkohol als selbstkostenmindernden Erlös anrechnen lassen mußten, was allerdings bei ihnen durch den Ansatz eines kalkulatorischen Gewinns (nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der BMonV je nach Betriebsgröße zwischen 3,50 DM/hl Alkohol und 4,70 DM/hl Alkohol) teilweise wieder ausgeglichen worden ist. Immerhin verblieb damit den Kartoffelbrennern gegenüber den Getreidebrennern ein erheblicher Kostenvorteil.

Die vorstehend aufgezeigten Unterschiede zwischen Kartoffel- und Getreidebrennern bestätigen das Vorhandensein verschiedener, grundsätzlich nicht miteinander vergleichbarer Rechtskreise. Die Frage der Vergleichbarkeit kann jedoch letztlich dahinstehen, weil die nach dem Gesetz unterschiedlich angelegte Ausgangslage bei der Kostenrechnung bereits für sich allein weitere punktuelle unterschiedliche Ausprägungen in der Kostenrechnung der Kartoffelbrenner gegenüber derjenigen der Getreidebrenner rechtfertigt. Denn was von Beginn an ungleich und ohne Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedlich geregelt ist, kann nicht allein deshalb, weil in der Folge eine weitere marginale Differenzierung hinzukommt (hier die Nichtberücksichtigung der Einlagerungskosten bei den Kartoffelbrennern), den allgemeinen Gleichheitssatz verletzen.

Vergleicht man also die sich aus den Kostenrechnungen von Kartoffelbrennern und Getreidebrennern ergebenden Gewinnsituationen, ist der Gewinn, der den Kartoffelbrennern aus dem Nichtansatz der Schlempe in der Kostenrechnung zukommt (12 DM/hl Alkohol), um den Betrag der nicht berücksichtigten und daher im Ergebnis gewinnschmälernden Einlagerungskosten der Kartoffeln zu kürzen (4,07 DM/hl Alkohol) und die Differenz sodann dem Gewinn bei den Getreidebrennern (3,50 - 4,70 DM/hl Alkohol) gegenüberzustellen. Im Ergebnis stehen damit die Kartoffelbrenner immer noch günstiger als die Getreidebrenner.

§ 65 Satz 2 BranntwMonG bewirkt somit lediglich eine Eingrenzung der bislang bestehenden monopolrechtlichen Vorteile der Kartoffelbrenner gegenüber den Getreidebrennern. Die damit verbundenen Auswirkungen auf die Kosten führen lediglich mittelbar zu einer Einschränkung des Kostendeckungsprinzips des § 65 BranntwMonG, was, wie bereits ausgeführt, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Insgesamt kann daher von einer unzulässigen Ungleichbehandlung i.S. des Art.3 Abs.1 GG nicht die Rede sein.

 

Fundstellen

Haufe-Index 65229

BFH/NV 1994, 62

BFHE 174, 275

BFHE 1995, 275

BB 1994, 1416

BB 1994, 2065

BB 1994, 2065-2067 (LT)

DStR 1994, 1194-1195 (KT)

HFR 1994, 582-583 (KT)

StE 1994, 418 (K)

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