Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung des § 9 Ziff. 1 Satz 3 GewStG 1957, § 9 Ziff. 1 Satz 2 GewStG 1961/62.

 

Normenkette

GewStG § 9 Ziff. 1; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Stpfl., eine KG, baut und verkauft Eigenheime. In den Streitjahren 1960 bis 1963 baute sie im I. Bauabschnitt 83 Bungalows, die sie bis auf einen, der als Verkaufsbüro eingerichtet ist, verkaufte. Der Boden gehörte einer Grundstücksgesellschaft, an der zwei der drei Gesellschafter der Stpfl. teils mittelbar und teils unmittelbar beteiligt sind. Der Boden wurde in der Regel vor dem Baubeginn an die Interessenten verkauft. Den Kaufpreis zog die Stpfl. ein und führte ihn an die Grundstücksgesellschaft ab.

Bei der Veranlagung der Jahre 1960 bis 1963 ermittelte das FA den Gewerbeertrag nach dem Gewinn unter Zurechnung von Dauerschuldzinsen. Die Stpfl. meint, der Gewinn sei gemäß § 9 Ziff. 1 Satz 2 GewStG 1961/62 (§ 9 Ziff. 1 Satz 3 GewStG 1957) um den Teil des Gewerbeertrages zu kürzen, der auf die Veräußerung der Eigenheime entfalle. Nach der Entwicklungsgeschichte und dem Zwecke der Vorschrift sei es nicht erforderlich, daß sie neben dem Bau und der Veräußerung von Eigenheimen eigenen Grundbesitz verwalte und nutze. Im übrigen habe sie auch eigenen Grundbesitz verwaltet, da die Grundstücke ihr als notwendiges Betriebsvermögen zuzurechnen seien, auch wenn sie formell der Grundstücksgemeinschaft gehörten.

Der Einspruch und die Klage hatten keinen Erfolg. Das FG führte aus, nach dem Wortlaut, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte des § 9 Ziff. 1 Satz 2 bzw. 3 GewStG in den seit 1957/58 geltenden Fassungen müsse die Haupttätigkeit des Unternehmers in der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bestehen; Eigenheime dürften nur nebenbei errichtet und veräußert werden. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Boden der Stpfl. wirtschaftlich und steuerrechtlich als eigenes Betriebsvermögen zuzurechnen sei, da die Verwaltung dieses Grundbesitzes jedenfalls gegenüber ihrer Tätigkeit als Bauunternehmerin nur von untergeordneter Bedeutung sei. Die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes müsse im übrigen auf die Dauer geschehen; das sei nicht der Fall, wenn ein Unternehmer Bauplätze kaufe, um sie zu bebauen und dann zu veräußern. Die Ansicht der Stpfl. sei auch mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren. Gehe man mit der Stpfl. davon aus, daß der Gesetzgeber durch diese Vorschrift den Erwerb von Eigenheimen allgemein begünstigen wollte, so sei nicht einzusehen, warum er dann nicht auch die Erstellung eines Rohbaues durch einen Bauunternehmer und die übrigen Bauleistungen, die zur Fertigstellung eines Eigenheims notwendig sind, begünstigt haben sollte. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit des § 9 Ziff. 1 Satz 2 bzw. 3 GewStG seien zwar nicht auszuschließen, wenn man die Errichtung und Veräußerung von Eigenheimen als Nebentätigkeit zur Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes ansehe. Sie seien hier aber nicht entscheidungserheblich, da die Vorschrift im Streitfall nicht anzuwenden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision, mit der die Stpfl. unrichtige Anwendung von Bundesrecht rügt, ist nicht begründet.

Das FG geht zu Recht davon aus, daß die Errichtung und Veräußerung von Eigenheimen nur eine Nebentätigkeit gegenüber der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes sein darf, wie der Senat im Urteil VI 294/65 vom 7. April 1967 (BFH 89, 130) entschieden hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gesetzgeber mit der Kürzung des Gewerbeertrages um den auf die Veräußerung der Eigenheime entfallenden Gewinn vor allem die gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen begünstigen wollte, wie das FG meint; denn hierauf kommt es nicht an. Auch wegen der vom FG erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Gültigkeit des § 9 Ziff. 1 Satz 2 bzw. Satz 3 GewStG hat der Senat die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf Fälle beschränkt, in denen die Errichtung und Veräußerung von Eigenheimen, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen eine Nebentätigkeit des Unternehmens von nur untergeordneter Bedeutung ist.

Im Streitfall hat das FG als Haupttätigkeit der Stpfl. zutreffend den Bau und die Veräußerung von Eigenheimen bezeichnet. Es konnte dabei zu Recht offen lassen, ob die Grundstücke überhaupt Betriebsvermögen der Stpfl. waren; denn der Besitz des zur Bebauung und zur Veräußerung bestimmten Bodens wäre nach den Grundsätzen des Urteils VI R 285/66 vom 7. April 1967 (BFH 89, 215, BStBl III 1967, 616) keine Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im Sinne des § 9 Ziff. 1 Satz 2 bzw. Satz 3 GewStG 1957/61/62 gewesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412545

BStBl III 1967, 677

BFHE 1967, 351

BFHE 89, 351

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge