Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

1.ß 4 Ziff. 15 b UStG erstreckt sich nicht nur auf Umsätze von Krankenanstalten, die als solche zur Umsatzsteuer heranzuziehen sind, sondern auch auf Umsätze von Ärzten an den zu ihren Privatvermögen gehörenden Krankenanstalten aus Tätigkeiten der in § 42 Abs. 2 UStDB genannten Art.

2.Ein Arzt, der in seiner eigenen Krankenanstalt infolge der stationären Behandlung von Patienten Einnahmen erzielt, auf die § 4 Ziff. 15 b UStG anzuwenden ist, unterliegt der Umsatzsteuer hinsichtlich der Einnahmen aus den der stationären Behandlung vorangehenden oder nachfolgenden ambulanten Behandlungen.

UStG § 4 Ziff. 15 b; UStDB § 42.

 

Normenkette

UStG § 4/15/b; UStDB § 42; UStG § 4/16/b

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Chirurg, der in den Jahren 1952 und 1953 eine konzessionierte, in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung dienende Privatklinik betrieben hat. Dort hat er auch Patienten ambulant behandelt. Er begehrt für seine sämtlichen Umsätze, soweit sie nicht schon nach § 4 Ziff. 11 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei sind, Steuerfreiheit zufolge ß 4 Ziff. 15 b UStG. Die Vorinstanzen haben die Steuerfreiheit nur für die Umsätze des Bf., die ihm von den in der Krankenanstalt stationär behandelten Patienten zugeflossen sind, anerkannt, nicht aber für die Umsätze, die der Bf. wie jeder freie Arzt aus der Tätigkeit anläßlich der Behandlung von ambulanten Patienten erzielt hat.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) schildert der Bf. eingehend die Entstehungsgeschichte des § 4 Ziff. 15 a und b UStG 1951 in der Fassung vom 30. Juli 1952 (Bundesgesetzblatt I S. 393) und führt weiterhin aus, auch öffentlich-rechtliche und freie gemeinnützige Krankenanstalten behandelten ambulante Patienten, die also nicht über Nacht im Krankenhause blieben. Eine ambulante Behandlung gehe oftmals einer stationären Behandlung voraus oder folge ihr nach. Die Entgelte, die der Krankenanstalt dafür zuflössen, fielen unter ß 4 Ziff. 15 a UStG. Es wäre ein Verstoß wider den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, wenn die ambulante Tätigkeit in einer Privatkrankenanstalt umsatzsteuerlich anders beurteilt würde. In welchem Verhältnis die Einnahmen aus stationärer und die aus ambulanter Behandlung zueinander ständen, spiele dabei keine Rolle. Die gemeinnützigen Privatkrankenanstalten arbeiteten vielfach unter den Selbstkosten, hätten also erhebliche finanzielle Einbußen. § 4 Ziff. 15 b UStG bezwecke darum ihre Gleichstellung mit den öffentlich-rechtlichen Krankenanstalten. Der Gesetzgeber habe dabei nicht zwischen Einnahmen aus stationärer und ambulanter Behandlung unterschieden, obgleich es ihm bekannt gewesen sei, daß beide Behandlungsarten bei den Krankenanstalten vorkämen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Der Bf. übersieht, daß § 4 Ziff. 15 UStG die Umsätze aus der "Tätigkeit von Krankenanstalten", nicht jedoch die Umsätze von Ärzten befreit. Der Bf. hat aber zwei Betriebe, nämlich den einer Krankenanstalt, für die die Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Ziff. 15 b UStG gegeben sind, und den eines in den Räumen der Krankenanstalt tätigen freien Arztes. Er selbst hat nach den Feststellungen anläßlich einer Betriebsprüfung in seiner Buchführung die Entgelte getrennt festgehalten, je nachdem, ob es sich um solche, die in der Krankenanstalt erzielt worden sind, gehandelt hat, ober um solche, die ihm aus der Tätigkeit als Arzt, zu dem ambulante Patienten kommen, zugeflossen sind. Der Bf. ist sonach der Krankenanstalt, die er leitet, nicht in jeder Hinsicht gleichzusetzen. Deshalb führt eine umsatzsteuerlich andere Handhabung bei ihm gegenüber der Handhabung bei öffentlich-rechtlichen Krankenanstalten nicht zu einer Ungleichmäßigkeit bei der Besteuerung; denn die öffentlich-rechtlichen Krankenanstalten haben nicht wie der Bf. gleichzeitig die Stellung eines freien Arztes. Der Senat trägt aber keine Bedenken, bei Vorliegen der Voraussetzungen (ß 42 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz - UStDB -) die den Krankenanstalten eingeräumte Vergünstigung des § 4 Ziff. 15 b UStG nicht nur Krankenanstalten anzuerkennen, die als selbständige Rechtssubjekte zur Umsatzsteuer heranzuziehen sind, sondern auch Ärzten hinsichtlich der Einnahmen, die sie aus Tätigkeiten der in ß 42 Abs. 2 UStDB genannten Art in ihren zum Privatvermögen gehörenden Krankenanstalten erzielen.

Die Umsätze aus der ambulanten Behandlung von Patienten gehören auch dann zu den Einnahmen aus freier Arzttätigkeit, wenn die Patienten anschließend an diese Behandlung in die Privatklinik des Bf. aufgenommen werden; denn insoweit steht der Bf. einem freien Arzte gleich, der zunächst den Patienten behandelt und sodann, wenn er es für zweckmäßig hält, ihn einer Krankenanstalt zur weiteren Behandlung zuweist. Entgelte für eine sich an den Klinikaufenthalt anschließende ambulante Behandlung von Patienten sind ebenso zu beurteilen, weil die Patienten nunmehr wieder in die Privatbehandlung des Bf. zurückkehren.

Der Bf. hat im Berufungsverfahren vorgebracht, er habe bisher als Einnahmen aus der Behandlung ambulanter Patienten auch die Einnahmen aus einer nachfolgenden klinischen Behandlung betrachtet, wenn ein Patient auf Grund einer zunächst ambulanten Behandlung anschließend in die Klinik aufgenommen worden sei. Das Finanzgericht ist darauf nicht eingegangen. Da sich zufolge dieses Umstandes das Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Umsätzen ändern kann, ist die Vorentscheidung aufzuheben und der Fall an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Das Finanzgericht wird die insoweit erforderlichen Ermittlungen noch vorzunehmen haben.

 

Fundstellen

BStBl III 1957, 41

BFHE 1957, 109

BFHE 64, 109

StRK, UStG:4/15 R 2

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