Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer, Erbrecht, Schenkung, Grunderwerbsteuer, Kfz-Steuer, sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

überträgt jemand, der kraft Gesetzes zur Hoferbfolge berufen war und weder die Erbschaft noch den Hof ausgeschlagen hatte, nachträglich einem Miterben den Hof, so sind die Befreiungsvorschriften des § 3 Ziff. 2 und 3 GrEStG nicht anzuwenden.

 

Normenkette

HöfeO §§ 4-6, 12-13, 19/3; GrEStG § 3 Ziff. 2; GrEStG § 3 Ziff. 3

 

Tatbestand

Am 11. August 1946 verstarb der Bauer Peter X. X., der einen Erbhof besaß, hatte unter anderem folgende Kinder:

den Bg. zu 1), den 1936 geborenen Kurt X.,

den Bg. zu 2), den 1938 geborenen Karl X.

Die Bg. waren 1946 noch Schulkinder. In dem Erbschein und Hoffolgezeugnis des zuständigen Amtsgerichts vom 21. Dezember 1946 wurde festgestellt, daß der Bg. zu 1) Hofnachfolger geworden sei. In der Folgezeit wurde der Bg. zu 1) jedoch kein Landwirt, sondern Bauingenieur. Dagegen erlernte der Bg. zu 2) die Landwirtschaft.

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 28. Januar 1958 ("überlassungsvertrag") übertrug der Bg. zu 1) den Hof mit dem sämtlichen vorhandenen lebenden und toten Beschlag und Inventar und mit den Erntevorräten auf den Bg. zu 2). Der Bg. zu 2) übernahm die sämtlichen im Grundbuch eingetragenen Verpflichtungen und Lasten mit den Zinsen als eigene Schulden.

Das Finanzamt erblickte in dem überlassungsvertrag eine gemischte Schenkung, verneinte die Anwendbarkeit von Steuerbefreiungen und zog die Bg. unter Zugrundelegung einer Gegenleistung von 8.946 DM zur Grunderwerbsteuer heran.

Der Einspruch war erfolglos. Auf die Berufung der Bg. wurden die Einspruchsentscheidung und der Grunderwerbsteuerbescheid ersatzlos aufgehoben. Die Bg. wurden von der Grunderwerbsteuer freigestellt. Das Finanzgericht war der Auffassung, daß die Steuerbefreiung des § 19 Abs. 3 Satz 1 der Höfeordnung (HO) vom 24. April 1947 anwendbar sei. Nach dieser Bestimmung war der übergang des Hofes auf den Hoferben im Wege der Erbfolge oder des übergabevertrages von der Grundsteuer befreit.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts hat Erfolg.

Der Auffassung des Finanzgerichts, daß § 19 Abs. 3 Satz 1 a. a. O. anwendbar sei, kann nicht zugestimmt werden. Diese Vorschrift ist vielmehr bereits durch die Verordnung Nr. 172 der Britischen Militärregierung rückwirkend ab 21. Juni 1948 aufgehoben worden (siehe auch Lange-Wulff, Kommentar zur Höfeordnung, 4. Aufl., 1954, S. 24/25 und S. 379/380). Die bezeichnete Befreiungsvorschrift kann somit auf den am 20. Januar 1958 zwischen den Bg. abgeschlossenen übergabevertrag nicht mehr angewendet werden. Die angefochtene Entscheidung war hiernach aufzuheben.

Die Sache ist spruchreif. Der Vorgang ist ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 1 GrEStG. Nach dieser Vorschrift unterliegt der Grunderwerbsteuer: "ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf übereignung begründet". Hierher gehört auch der zwischen den Bg. abgeschlossene überlassungsvertrag.

Die Befreiungsvorschrift des § 3 Ziff. 3 GrEStG greift nicht Platz. Nach dieser Vorschrift ist von der Besteuerung ausgenommen: "der Erwerb eines zum Nachlaß gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses". Erforderlich ist also, daß ein Grundstück zum Nachlaß gehört und zur Teilung des Nachlasses von einem Miterben erworben wird. Ein solcher Vorgang ist hier jedoch nicht gegeben. Der Hof ist nach § 4 HO als Teil der Erbschaft kraft Gesetzes nur einem der Erben, dem Bg. zu 1), als Hoferben zugefallen; an die Stelle des Hofes ist im Verhältnis der Miterben untereinander der Hofeswert getreten (vgl. Lange-Wulff, a. a. O., S. 170/171). Der Bg. zu 1) hat also mit dem Tode des Erblassers den Hof zu Eigentum erworben, da er kraft Gesetzes zur Hoferbfolge berufen war (§§ 5, 6 HO) und weder die Erbschaft noch den Hof ausgeschlagen hat (ß 11 HO sowie Lange-Wulff, a. a. O., S. 251 ff.). Demnach hat der Hof - anders als der übrige Nachlaß - niemals im Gesamthandeigentum der Miterben gestanden. Vielmehr erwarb der Bg. zu 1) als Hoferbe das Eigentum an dem Hof unmittelbar mit dem Erbfall. Demgemäß hat auch der Senat in dem Urteil II 242/52 S vom 4. März 1953 (BStBl 1953 III S. 108, Slg. Bd. 57 S. 275) ausgesprochen, daß die Befreiungsvorschrift des § 3 Ziff. 3 GrEStG nicht anwendbar ist, wenn der Hoferbe einem Miterben zur Abgeltung der Abfindungsansprüche aus § 12 und § 13 HO Parzellen des Hofs überträgt; denn diese Parzellen gehörten ihm, nicht aber der Gemeinschaft der Miterben. Um die Befreiungsvorschrift des § 3 Ziff. 3 GrEStG anwenden zu können, muß es sich um einen Grundstückserwerb zur Teilung des Nachlasses handeln. Ist dagegen ein Grundstück aus dem Nachlaß ausgeschieden und bereits einem Miterben zugefallen, so kommt eine Teilung und damit eine Anwendung des § 3 Ziff. 3 GrEStG nicht in Betracht.

Auch die Vorschrift des § 3 Ziff. 2 GrEStG, auf die sich die Bg. berufen, ist nicht anwendbar. Der am 28. Januar 1958 zwischen den Bg. abgeschlossene überlassungsvertrag ist kein Erwerb von Todes wegen im Sinne des § 3 Ziff. 2 Satz 1 GrEStG. Wird entgegen der Auffassung des Finanzamts keine gemischte Schenkung, sondern eine Schenkung unter einer Auflage im Sinne des § 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG angenommen, so wäre, soweit die Auflage - also die Gegenleistung - reicht, eine Steuerbefreiung gleichfalls nicht gegeben. Siehe dazu das Urteil des Senats II 49/60 U vom 13. Juli 1960 (BStBl 1960 III S. 413, Slg. Bd. 71 S. 440.

Ob es der Billigkeit entsprochen hätte, für Fälle der vorliegenden Art eine Steuerbefreiung zu gewähren, wie die Bg. meinen, unterliegt nicht der Beurteilung durch die Steuergerichte. Die Gerichte sind an Recht und Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland).

Nach alledem war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Berufung der Bg. gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410138

BStBl III 1961, 472

BFHE 73, 569

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