Entscheidungsstichwort (Thema)

Klage gegen Aufhebung einer verbindlichen Zolltarifauskunft durch die OFD

 

Leitsatz (NV)

1. Der BFH entscheidet erstinstanzlich über die Klage gegen eine Verfügung, durch die die OFD eine verbindliche Zolltarifauskunft aufgehoben hat.

2. Die OFD kann eine vZTA im Rahmen ihres pflichtmäßigen Ermessens jederzeit ändern. Die Ermessensausübung der OFD ist schon dann ermessensfehlerfrei, wenn die OFD plausible Gründe hatte, an der Richtigkeit der vZTA zu zweifeln.

 

Normenkette

FGO § 37 Nr. 2; ZG § 23; AZO § 31

 

Tatbestand

Auf Antrag der Klägerin erteilte die OFD am 22. Oktober 1981 eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) über eine von der Klägerin als ,,Magermilchpulver, Exportqualität" bezeichnete Ware. Aufgrund von Hinweisen, die die OFD nach Erteilung der vZTA erhalten hatte, erschien es ihr möglich, daß das Milcheiweiß in der in der vZTA beschriebenen Ware nicht in Form von Kasein, sondern als Kaseinat vorlag. Nachdem die Klägerin diese Vermutung auf Anfrage der OFD vom 17. Oktober 1983 mit Schreiben vom 1. November 1983 bestätigt hatte, hob die OFD mit Verfügung vom 10. November 1983 die vZTA mit der Begründung auf, daß das Vorhandensein von Kaseinat anstelle von Kasein den Ausschluß der Ware aus Kap. 4 GZT zur Folge habe und daher die falsche Tarifierung nach Tarifnr. 04.02 GZT nicht beibehalten werden könne. Die OFD wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Aufhebung des Bescheids vom 10. November 1983 und der Einspruchsentscheidung vom 26. November 1984 sowie die Feststellung, daß die vZTA vom 22. Oktober 1981 weiter Bestand habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Der Bundesfinanzhof (BFH) entscheidet im ersten und letzten Rechtszug u. a. über Klagen gegen vZTA (§ 37 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist diese Bestimmung nicht eng auszulegen. Eine Klage wegen vZTA im Sinne dieser Vorschrift liegt also auch dann vor, wenn sich die Klage gegen eine Verfügung richtet, durch die eine vZTA aufgehoben worden ist.

Die Klage ist aber nicht begründet.

Wie der erkennende Senat mit Urteil in BFHE 125, 477 entschieden hat, kann die OFD eine vZTA im Rahmen ihres pflichtmäßigen Ermessens jederzeit ändern (§ 23 ZG i. V. m. § 31 AZO). Diese Vorschriften gehen, wie der Senat weiter entschieden hat, als Sonderregelung den allgemeinen Vorschriften der AO 1977 über die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten vor. Der Senat hält an dieser Entscheidung fest und verweist im einzelnen auf ihre Begründung. Danach ist die Auffassung der Klägerin unzutreffend, eine vZTA könne nur aufgehoben oder geändert werden, wenn die Voraussetzungen, die zu der Auskunft geführt haben, nicht oder nicht mehr gegeben seien.

Da die Aufhebungsverfügung der OFD eine Ermessensentscheidung darstellt, kann der erkennende Senat nur prüfen, ob sie rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 102 FGO). Der angefochtene Bescheid ist danach nicht zu beanstanden.

Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 125, 477, 479 entschieden hat, ist die OFD nach § 23 ZG i. V. m. § 31 AZO zur Aufhebung einer vZTA befugt, wenn nach ihrer Ansicht diese nicht der Rechtslage entspricht oder die Bindung aller Zollstellen an die erteilte Auskunft aus sonstigen Gründen nicht aufrechterhalten werden soll. Die Ermessensausübung der OFD ist danach schon dann fehlerfrei, wenn die OFD plausible Gründe hatte, an der Richtigkeit der aufgehobenen vZTA zu zweifeln. Das war hier der Fall.

Die OFD konnte aufgrund des Tarifentscheids der EWG vom 22. Januar 1971 Dokument 20 776/III/70 D Rev. 1 (ErlZT, Tarifnr. 04.02 Teil III Rdnrn. 10 bis 12) zur Auffassung gelangen, daß es für die Tarifierung der in Frage stehenden Ware von Bedeutung ist, ob die Ware in nicht nur geringen Mengen Kaseinat enthielt. Es ist die von der OFD in der Aufhebungsverfügung geäußerte Ansicht vertretbar, daß Kaseinat als chemisch verändertes Kasein in dieser Form in eingedickter Milch nicht vorhanden sei und daher die in der vZTA tarifierte Ware kein Erzeugnis sei, das von Kap. 4 GZT erfaßt sei. Ferner konnte die OFD aufgrund der Antwort der Klägerin vom 1. November 1983 auf ihre Anfrage vom 17. Oktober 1983 nach dem Gehalt der Ware an Kaseinat davon ausgehen, daß die in Frage stehende Ware Kaseinat in nicht nur geringen Mengen enthielt. Unter diesen Umständen kann die Aufhebungsverfügung der OFD nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden.

Der Einwand der Klägerin, die Entscheidung der OFD lasse nicht erkennen, ob überhaupt eine Ermessensausübung stattgefunden habe, ist nicht begründet. Zumindest aus der Einspruchsentscheidung der OFD ergibt sich, daß diese eine Ermessensentscheidung getroffen hat. In der Begründung dieser Entscheidung weist die OFD nämlich ausdrücklich darauf hin, daß die Aufhebung einer vZTA in ihrem pflichtgemäßen Ermessen steht.

Der angefochtene Bescheid der OFD ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht deswegen rechtsfehlerhaft, weil er etwa eine ausreichende Begründung vermissen ließe. Da die OFD, wie oben ausgeführt, zur Aufhebung der vZTA schon dann befugt war, wenn sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit hegte, bedurfte es zur Begründung der Aufhebungsverfügung keiner eingehenden Ausführungen zu der Rechtsmäßigkeit der vZTA und auch keines detaillierten Eingehens auf die Argumente der Klägerin. Gemessen an diesen Anforderungen begegnet die Begründung der Aufhebungsverfügung durch die OFD keinen rechtlichen Bedenken.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413995

BFH/NV 1986, 235

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