Leitsatz (amtlich)

Die Einbeziehung des Erwerbs eines Grundstücks, auf dem eine Garage errichtet worden war, in die Steuerbefreiung für den Erwerb eines Kaufeigenheims nach § 1 Nrn. 1 und 3 des Niedersächsischen Gesetzes über die Befreiung des sozialen Wohnungsbaues von der Grunderwerbsteuer in der Fassung des Gesetzes vom 14. Mai 1963 (GVBl. 279) war nicht davon abhängig, daß Veräußerer des Garagengrundstücks und Veräußerer des Kaufeigenheims dieselbe Person waren.

 

Tatbestand

Der Kläger und seine Ehefrau kauften am 18. Februar 1965 von A ein in Niedersachsen gelegenes, mit einer Garage bebautes Grundstück für 4 300 DM in der Absicht, es "im rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem zu erwerbenden Kaufeigenheim" zu nutzen. Am gleichen Tage kauften sie von B das von diesem geschaffene Kaufeigenheim in N welches sie seit 10. September 1962 auf Grund eines Bewerbermietvertrages bewohnten. Die Garage war vom Landkreis als Zubehörraum des Kaufeigenheims anerkannt und vom Kläger und seiner Ehefrau seit 1963 benutzt worden.

Der Beklagte, das FA, behandelte nur den Erwerb des Kaufeigenheims als steuerfrei nach § 1 Nr. 3 des Niedersächsischen Gesetzes über die Befreiung des sozialen Wohnungsbaues von der Grunderwerbsteuer (GrESWG) in der Fassung vom 6. Oktober 1958 (GVBl. 179); für den Erwerb des Garagengrundstücks hingegen setzte es die Grunderwerbsteuer durch Bescheid vom 13. April 1965 auf 150,50 DM fest, den Einspruch wies es zurück.

Das FG wies die Klage ab. Es war - ebenso wie das FA - der Ansicht, daß der Erwerb des Garagengrundstücks nicht unter die erwähnte Befreiungsvorschrift falle, weil diese nach Wortlaut und Sinn nur für den Erwerb von Wohngrundstücken gelte. Selbst bei einer erweiternden Auslegung der Vorschrift, wie sie z. B. im Erlaß des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 23. März 1964 (BStBl II 1964, 45) zum Ausdruck komme, falle der Erwerb des Garagengrundstücks nicht unter die Befreiungsvorschrift. Die einheitliche Zweckbestimmung beider Erwerbsvorgänge sei zwar gegeben; da aber der Verkäufer des Garagengrundstücks und der des Wohngrundstücks verschiedene Personen seien, sei "die Einheitlichkeit des Erwerbs ... zu verneinen".

 

Entscheidungsgründe

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision ist begründet.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben, weil es auf fehlerhafter Nichtanwendung des § 1 Nr. 3 GrESWG in der Fassung des Gesetzes vom 14. Mai 1963 (GVBl. 279, BStBl II 1958, 158, II 1963, 93) beruht. Nach dieser (inzwischen geänderten) Vorschrift war von der Besteuerung nach dem GrEStG ausgenommen der erste Erwerb eines Grundstücks, auf dem ein Gebäude errichtet worden war, das zu mehr als 80 v. H. grundsteuerbegünstigte Wohnungen enthielt, wenn zur Zeit des Erwerbs Wohnungen in dem Gebäude höchstens seit drei Jahren bezogen waren. Unter die Befreiung nach dieser Vorschrift fiel nicht nur der Erwerb des bezeichneten Wohngrundstücks; auch der Erwerb des Garagengrundstücks war in die Befreiung einzubeziehen. Denn es bestand - wie den Darlegungen des FG zu entnehmen ist - zwischen dem Erwerb des Wohngrundstücks und dem des Garagengrundstücks ein sachlicher, zeitlicher und räumlicher Zusammenhang, und es standen beide Verträge unter dem einheitlichen Zweck des sozialen Wohnungsbaues. Hierfür spricht auch das Vorbringen des Klägers im Einspruchsverfahren, dem das FA nicht widersprochen hat. Danach war "dem Finanzamt ... bekannt und nachgewiesen, daß die gesamte Wohnsiedlung, bestehend aus insgesamt 44 Kaufeigenheimen und 30 Garagen, im steuerbegünstigten Wohnungsbau von den Bauherren und Verkäufern errichtet worden" war; die Garage war "für die Unterbringung des Personenkraftwagens des Kaufeigenheimerwerbers (Wohnungsbenutzer) bestimmt" und ist "entsprechend dieser Bestimmung genutzt" worden. Zu Unrecht hat das FG angenommen, die Einbeziehung des Garagengrundstücks in die erwähnte Steuerbefreiung habe weiter vorausgesetzt, daß Garagengrundstück und Wohngrundstück von demselben Veräußerer erworben worden sein müßten. Für diese Annahme bot das Gesetz jedoch keinen Anhalt (vgl. in diesem Zusammenhang das Urteil des BFH vom 18. Oktober 1972 II R 38/67, BFHE 107, 540, BStBl II 1973, 191).

Der Senat entscheidet in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der FGO). Auf die Klage waren der Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung aufzuheben, weil der Steuerbescheid aus den dargelegten Gründen rechtswidrig war und den Kläger in seinen Rechten verletzte (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 71310

BStBl II 1975, 363

BFHE 1975, 509

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