Entscheidungsstichwort (Thema)

Schenkung eines betrieblich genutzten Grundstücksteils an Ehegatten

 

Leitsatz (NV)

Schenkt ein Betriebsinhaber seinem Ehegatten einen zu seinem Betriebsvermögen gehörenden Grundstücksteil, so liegt eine Entnahme dieses Grundstücksteils aus dem Betriebsvermögen erst dann vor, wenn ein formgültiger Schenkungsvertrag abgeschlossen und der Ehegatte als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist selbständig tätig; er ermittelt seinen Gewinn durch Bestandsvergleich. Im Juli 1976 erwarb er gemeinsam mit seiner Ehefrau ein großes, als Einfamilienhaus bewertetes Gebäude, das zuletzt von einem Industrieunternehmen benützt worden war. Der Kaufpreis betrug 350 000 DM; die Nebenkosten machten rund 50 000 DM aus. Der Kläger richtete im Erdgeschoß seine Praxis ein; die übrigen Räume wurden privat genutzt.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 1976 bis 1978 stellte der Prüfer fest, daß der Kläger seine ideelle Grundstückshälfte in einer vom 20. August 1976 datierenden privatschriftlichen Vereinbarung seiner Ehefrau geschenkt habe, daß die Schenkung aber erst im Juli 1978 notariell beurkundet und durch Umschreibung im Grundbuch vollzogen worden sei. Der Kläger hatte die Praxisräume mit einem ebenfalls vom 20. August 1976 datierenden Vertrag von seiner Ehefrau gemietet. Der Prüfer nahm danach an, daß der Hälfteanteil des Klägers am betrieblich genutzten Grundstücksteil, entsprechend 24,4 v.H. des Gesamtgrundstücks, notwendiges Betriebsvermögen gewesen und erst im Juli 1978 entnommen worden sei; hieraus ergebe sich ein Entnahmegewinn.

Im Jahre 1976 wandte der Kläger insgesamt 66 440 DM für Bauarbeiten im Hause auf. Hiervon entfielen 24 677 DM auf die Praxisräume. Weitere Ausgaben in Höhe von 41 763 DM betrafen sowohl die Betriebs- wie die Privaträume (Reparatur und Umstellung der Heizungsanlage von Koks auf Ölfeuerung, Installation neuer Leitungen, Umbau der Büroräume und Bürotoilette, des privaten Bades, der privaten Küche, Reinigung der Heizungsanlage, Baumaterial und Schuttabfahren). Im Jahre 1977 sind dem Kläger Ausgaben in etwa gleicher Höhe entstanden, die im wesentlichen die privaten Räume betrafen. Der Kläger machte die Aufwendungen des Jahres 1976 zum Teil als Betriebsausgaben, zum Teil bei den Einkünften der Ehefrau aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Prüfer nahm dagegen an, daß in Höhe von 40 000 DM anschaffungsnaher Aufwand vorliege, der zu den Herstellungskosten gehöre; er kürzte die Abzüge der Eheleute entsprechend.

Der Kläger hatte in den Streitjahren 1976 bis 1978 50 v.H. der aus dem Grundstückskauf und den Baumaßnahmen herrührenden Kreditzinsen als Betriebsausgabe abgesetzt. Der Prüfer kürzte den Abzug auf 24,4 v.H., der dem Anteil der Praxisräume an der gesamten Nutzfläche entspreche.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) schloß sich diesen Feststellungen an und erließ für 1976 bis 1978 entsprechende Einkommensteuerbescheide.

Die Klage hatte nur teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) bestätigte die Auffassung des FA zur Entnahme und zum anschaffungsnahen Aufwand. Nach dem Verhältnis der Praxisfläche zur Wohnfläche hielt es dagegen 40 v.H. des Zinsaufwands für als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. Für 1976 und 1978 ergaben sich daraus jedoch keine Auswirkungen, weil das FG den anschaffungsnahen Aufwand im Jahre 1976 mit 58 000 DM annahm und für 1978 entsprechend einem Praxisanteil von 40 v.H. einen höheren Entnahmegewinn errechnete.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Einkommensteuerbescheide 1976 bis 1978 in der Weise abzuändern, daß der Zinsaufwand in allen Jahren nach einem Praxisanteil von 24,4 v.H. berechnet wird, daß im Jahre 1976 die Aufwendungen für Bauarbeiten in voller Höhe zum Abzug kommen und daß im Jahre 1978 ein Entnahmegewinn außer Ansatz bleibt.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist teilweise unzulässig und im übrigen unbegründet.

1. Der Senat ist für die Rechtssache geschäftsplanmäßig zuständig. Strittig ist die Höhe des Gewinns des Klägers aus selbständiger Arbeit und die Höhe der Einkünfte seiner Ehefrau aus Vermietung und Verpachtung. Nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesfinanzhofs (BFH) für 1986 (BStBl II 1986, 115) ist der IV. Senat für Einkommensteuersachen zuständig, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit betreffen. Gemäß Ziff. 2 Nr. 2 der ergänzenden Regelungen besteht diese Zuständigkeit auch, wenn die Streitsache noch weitere Streitpunkte enthält.

2. Die Revision des Klägers ist für das Jahr 1977 unzulässig. Das FG hat seinem Klagebegehren in diesem Jahr insoweit stattgegeben, als es 40 v.H. der Zinsaufwendungen als betrieblich oder durch die Vermietung veranlaßt angesehen hat. Nach seinem Revisionsantrag verlangt der Kläger nunmehr, den Zinsanteil wieder auf 24,4 v.H. zu ermäßigen. Nach diesem Antrag muß davon ausgegangen werden, daß der Kläger in diesem Punkte durch das angefochtene Urteil nicht beschwert ist. Er hätte Gelegenheit gehabt, seine Klage insoweit zurückzunehmen, wenn er sein ursprüngliches Begehren nunmehr für ungerechtfertigt hält; in diesem Sinne kann sein Verhalten in der Revisionsinstanz jedoch nicht gedeutet werden.

3. Hinsichtlich der Streitjahre 1976 und 1978 ist die Revision unbegründet.

a) Das FG hat zu Recht entschieden, daß der Kläger erst im Juli 1978 eine Grundstücksentnahme bewirkt hat.

Der Kläger und seine Ehefrau waren zunächst Miteigentümer des fraglichen Grundstücks, in dem der Kläger auch seine Praxis unterhält. Dies führte dazu, daß die dem Kläger zustehende ideelle Grundstückshälfte in dem Umfang notwendiges Betriebsvermögen wurde, der dem Anteil der betrieblich genutzten Räume am gesamten Gebäude entsprach. In diesem Umfang hat der Kläger seinen Grundstücksanteil im Juli 1978 aus dem Betriebsvermögen entnommen, als er mit seiner Ehefrau einen formgültigen Schenkungsvertrag abschloß und ihr daraufhin seine Grundstückshälfte durch Einigung und Eintragung im Grundbuch übertrug.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, die Schenkung sei zwischen ihm und seiner Ehefrau schon im Jahre 1976 mündlich vereinbart worden und sie hätten sich auch so verhalten, als wäre die Schenkung tatsächlich vollzogen worden. Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen werden im Steuerrecht nur anerkannt, wenn sie rechtswirksam zustande kommen, ernsthaft gewollt sind und dementsprechend tatsächlich durchgeführt werden (vgl. Urteile des BFH vom 30. Januar 1980 I R 194/77, BFHE 130, 265, BStBl II 1980, 449; vom 14. April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555; vom 22. Mai 1984 VIII R 35/84, BFHE 142, 28, BStBl II 1985, 243; vom 28. Januar 1986 IX R 12/80, BFHE 146, 68, BStBl II 1986, 348). Wie der Kläger nicht verkennt, fehlte es im Streitfall im Hinblick auf § 518 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) an einem rechtswirksamen Schenkungsversprechen, das es gestatten würde, seine Grundstückshälfte auch ohne Umschreibung im Grundbuch seiner Ehefrau zuzurechnen. Das Schenkungsversprechen wurde auch nicht, wie der Kläger meint, mit dem Vollzug der Schenkung rückwirkend wirksam; die in § 518 Abs. 2 BGB vorgesehene Heilung des Formmangels tritt mit der Bewirkung der versprochenen Leistung, also ohne Rückwirkung ein. Ob eine vorgesehene Rückwirkung steuerlich beachtlich wäre, kann daher offenbleiben.

Ebenso braucht nicht erörtert zu werden, ob sich die Eheleute tatsächlich so verhalten haben, als sei das formnichtige Rechtsgeschäft wirksam. Denn die Bestimmung des § 41 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977), daß ein unwirksames Rechtsgeschäft für Besteuerungszwecke dann beachtlich ist, wenn die Beteiligten sein wirtschaftliches Ergebnis gleichwohl eintreten lassen, ist, wie in den erwähnten Entscheidungen zum Ausdruck kommt, für Rechtsgeschäfte zwischen Angehörigen nicht anwendbar. Gegen diese Differenzierung bestehen wegen der zwischen Angehörigen gegebenen besonderen Verhältnisse auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. z.B. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 20. November 1984 1 BvR 1406/84, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz 1975, § 15 Abs. 1 Nr. 2, FamPersGes, Rechtsspruch 8).

b) Der bei der Bewertung der Entnahme zu berücksichtigende Teilwert des Grundstücks ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Sie haben jedoch unterschiedliche Auffassungen darüber, in welchem Maße die betrieblich genutzten Räumlichkeiten daran beteiligt sind. Das FA hat diesen Anteil nach dem Verhältnis der Bürofläche zur Gesamtfläche einschließlich aller Nebenräume mit 24,4 v.H. berechnet. Das FG ist demgegenüber vom Verhältnis der Bürofläche zur reinen Wohnfläche ausgegangen, hat also die Nebenräume entsprechend diesem Nutzungsverhältnis aufgeteilt. Dem ist zuzustimmen. Von entsprechenden Vorstellungen ist die Rechtsprehung auch in anderen Fällen ausgegangen (vgl. BFH-Beschluß vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132, 136; Urteil vom 18. Oktober 1983 VI R 180/82, BFHE 139, 518, BStBl II 1984, 110). Diese veränderte Berechnung ist, wie der Kläger einräumt, vom FG in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des Abzugs der Kreditzinsen angesprochen worden; es lag auf der Hand, daß sie auch für die Berechnung des Entnahmegewinns Bedeutung hatte. Dem FG kann deshalb nicht die Verletzung des rechtlichen Gehörs vorgehalten werden, wenn es diesen Punkt, wie der Kläger vorträgt, nicht auch angesprochen hat. Aus dem höheren betrieblichen Grundstücksanteil ergibt sich auch ein höherer Entnahmegewinn. Das FG hat die Einkommensteuerschuld des Klägers jedoch nicht entsprechend erhöht, sondern den höheren Entnahmegewinn lediglich zur Saldierung mit dem von ihm anerkannten höheren Zinsabzug genutzt; hiergegen bestehen keine Bedenken.

c) Der Kläger bzw. seine Ehefrau haben im Jahre 1976 nach dem Erwerb des Grundstücks im Zusammenhang mit Bauarbeiten Aufwendungen von 66 440 DM gehabt, die sie als Betriebsausgaben bzw. als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgesetzt haben. Das FA hat demgegenüber 40 000 DM als anschaffungsnahen Aufwand bezeichnet, der den Gebäudewert erhöhe und nicht wie Instandhaltungskosten behandelt werden könne; im Ergebnis hat das FA damit 26 440 DM als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten anerkannt. Das FG hat anschaffungsnahen Aufwand sogar in Höhe von 59 000 DM angenommen und die dadurch entstehende Verringerung der Betriebsausgaben und Werbungskosten mit den zusätzlich zum Abzug zugelassenen Zinsen von 3 753 DM saldiert. Nach Meinung des Klägers hat das FG den Begriff des anschaffungsnahen Aufwandes verkannt und in diesem Zusammenhang einen gestellten Beweisantrag zu Unrecht übergangen.

Auf alles dies braucht nicht eingegangen zu werden. Denn der Begriff des anschaffungsnahen Aufwandes erlangt nur Bedeutung, wenn es sich bei den vom neuen Eigentümer ergriffenen Maßnahmen nicht schon nach allgemeinen Grundsätzen um Herstellungsaufwand handelt. Eine Herstellungsmaßnahme wird von der Rechtsprechung angenommen, wenn das Gebäude wesentlich in seiner Substanz vermehrt, in seinem Wesen verändert oder über seinen bisherigen Zustand hinaus verbessert wird (BFH-Urteile vom 13. März 1979 VIII R 83/77, BFHE 127, 383, BStBl II 1979, 435; vom 13. Dezember 1984 VIII R 273/81, BFHE 143, 238, BStBl II 1985, 394, jeweils m.w.N.).

Im Streitfall ist das Erdgeschoß des bisher anderweitig genutzten Gebäudes für die besonderen Bedürfnisse einer freiberuflichen Praxis umgestaltet worden. Diese, mit Umbauten verbundene Funktionsänderung bedeutet eine Wesensänderung des betroffenen Gebäudeteils, mag er, wie der Kläger vorträgt, für Wohnzwecke auch ohne größere Veränderungen tauglich gewesen sein. Durch die unterschiedliche Verwendung des Gebäudes für betriebliche und für Wohnzwecke bildeten sich auch unterschiedliche Wirtschaftsgüter (vgl. Beschluß in BFHE 111, 242, 252, BStBl II 1974, 132). Die zur Herrichtung des Betriebsteils aufgewendeten Beträge müssen danach als Herstellungskosten angesehen werden.

Nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen des FA entfielen von den nachträglichen Aufwendungen des Jahres 1976 24 677 DM ausschließlich auf die Herrichtung der Büroräume und stellten damit Herstellungskosten dar. Als sofort abziehbare Instandhaltungskosten käme danach allenfalls der Restbetrag von 41 763 DM unter der Voraussetzung in Betracht, daß der Betrag als Aufwand für das Gebäude im ganzen gleichermaßen dem betrieblichen wie dem privaten Bereich gedient hat. Tatsächlich sind in ihm aber auch der Höhe nach nicht bekannte Aufwendungen enthalten, die ausschließlich den Privatbereich oder ausschließlich den Betriebsbereich betreffen und hier als Herstellungskosten zu berücksichtigen wären. Dies braucht im einzelnen jedoch nicht ermittelt zu werden. Selbst wenn nämlich der gesamte Restbetrag zu den Instandhaltungskosten zu rechnen wäre, könnten davon doch allenfalls 40 v.H., d.h. 16 705 DM auf die Praxisräume entfallen; das FG hat aber nach Saldierung mit den höheren Zinsaufwendungen noch 22 687 DM als abziehbare Instandhaltungskosten berücksichtigt.

 

Fundstellen

BFH/NV 1987, 427

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