Entscheidungsstichwort (Thema)

Schenkungsteuerbarkeit unbenannter (ehebedingter) Zuwendungen

 

Leitsatz (NV)

Unbenannte (ehebedingte) Zuwendungen unterliegen grundsätzlich der Schenkung steuer. Dem steht nicht entgegen, daß diese Zuwendungen unter Ehegatten zivilrechtlich nicht als Schenkungen i. S. der §§ 516 ff. BGB eingeordnet werden. Maßgebend für die Schenkungsteuerbarkeit unbenannter Zuwendungen ist allein, daß diese den objektiven und subjektiven Tat bestand der freigebigen Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974) erfüllen. Der objektive Tatbestand der freigebigen Zuwendung setzt voraus, daß die Leistung objektiv unentgeltlich erfolgt.

 

Normenkette

ErbStG 1974 § 7 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 516 ff.

 

Tatbestand

Im Streitfall gewährte der Ehemann, der Mehrheitsgesellschafter einer KG war, seiner Ehefrau ein unverzinsliches Darlehen zum Erwerb eines Grundstücks, das die bedachte Ehefrau an die KG vermietete. Das FA nahm eine steuerpflichtige "Zinsschenkung" an, wohingegen der Stpflichtige (Ehemann) die Auffassung vertrat, es liege eine nicht steuerbare unbenannte Zuwendung vor. Der BFH schloß sich der Auffassung des FA an.

 

Entscheidungsgründe

Wie der BFH schon früher entschieden hat (vgl. Urteil in BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631), kann Gegenstand einer freigebigen Zuwendung i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1959 (jetzt: § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974) nicht nur eine Vermögenssubstanz, sondern auch die Gewährung eines Vermögensgebrauchs (einer Nutzungsmöglichkeit) sein. Dabei ist ohne Belang, ob die Gebrauchs- bzw. Nutzungsüberlassung (z. B. durch einen Nießbrauch) "verdinglicht" wird oder lediglich auf einem obligatorischen Rechtsverhältnis (z. B. -- wie hier -- einem Darlehensvertrag) beruht. Der Verzicht auf die zum Vermögen des Darlehensgebers gehörende Nutzungsmöglichkeit führt bei diesem -- sofern sie objektiv unentgeltlich erfolgt -- zu einer Vermögensminderung (näher dazu Senatsurteil in BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631, unter 1. a) und beim Darlehensnehmer zu einer entsprechenden Vermögensmehrung (objektiven Bereicherung), wobei es unerheblich ist, ob der Darlehensnehmer ohnehin einen Kredit aufgenommen hätte oder nicht (Senatsurteil in BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631, unter 1. c). Die Zuwendung der durch das unverzinsliche Darlehen gewährten Nutzungsvorteile erfolgte objektiv unentgeltlich. Die objektive Unentgeltlichkeit der zugewendeten Nutzungsvorteile ist nicht dadurch entfallen, daß die bedachte Ehefrau ihrem Ehemann in dem Darlehensvertrag 1. das Recht einräumte, das mit Hilfe der Darlehensvaluta angeschaffte Grundstück "jederzeit gegen angemessenes Entgelt" zu pachten oder einen dritten Pächter zu benennen; 2. ein Ankaufsrecht an dem erworbenen Grundstück für den Fall einräumte, daß der Ehemann zur (vorzeitigen) Rückforderung des Darlehens berechtigt sein sollte, nämlich im Falle der Ehekrise (Scheidung, bevorstehende Scheidung, längeres Getrenntleben) oder in den Fällen der §§ 528, 530 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB); 3. ein Vorkaufsrecht "für jeden Fall einer Veräußerung des Kaufgrundstücks an Dritte" gewährte. Dem Pacht- und Pächterbenennungsrecht des Ehemannes kommt ein eigenständiger Gegenwert für die Unverzinslichkeit des Darlehens schon deswegen nicht zu, weil die Ehefrau das Grundstück ohnehin durch Vermietung und Verpachtung nutzen wollte und in dem Darlehensvertrag ausdrücklich festgehalten wurde, daß die Verpachtung gegen "angemessenes Entgelt" erfolgen sollte. Auch die übrigen dem Ehemann eingeräumten Rechte (Ankaufsrecht, Vorkaufsrecht) konnten die objektive Entgeltlichkeit der streitigen Zuwendungen nicht begründen. Sie stellten lediglich aufschiebend bedingte, in bezug auf ihren Eintritt also noch ungewisse "Sicherungsrechte" für bestimmte Krisenfälle dar, denen ein eigenständiger Wert nicht zukam. Denn die Eheleute haben in dem Darlehensvertrag ausdrücklich vereinbart, daß sich der Kaufpreis "nach dem gemeinderätlichen Schätzwert des Grundstücks" bemessen sollte. Im übrigen verliert ein Rechtsgeschäft seinen Charakter als objektiv unentgeltliches nicht dadurch, daß bestimmte, wenn auch für den Bedachten lästige Nebenabreden (wie z. B. Rücktrittsrechte oder Widerrufsvorbehalte) getroffen werden (vgl. auch §§ 528, 530 BGB). Diese erlangen vielmehr schenkungsteuerrechtliche Bedeutung erst unter den Voraussetzungen des § 29 ErbStG.

Die objektive Unentgeltlichkeit der Zuwendung entfällt auch nicht deswegen, weil für die Leistung ehebezogene Beweggründe ausschlaggebend waren, z. B. die Leistungen einen Ausgleich für die unentgelt liche Führung des gemeinsamen Haushalts einschließlich der Betreuung der gemein samen Kinder darstellen oder der "angemessenen Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens" dienen sollten (Anschluß an das BFH-Urteil in BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366).

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 341

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