Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Es verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG, daß gemäß § 52 Abs. 12 EStG 1955 Spätheimkehrer den pauschalen Freibetrag für Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung nur für insgesamt drei Jahre erhalten. Wesentlich ist dabei, daß die Finanzverwaltungsbehörden in Härtefällen Billigungsmaßnahmen nach § 131 AO treffen.

Die Regelung des § 33 a EStG 1950/1953 ist abschließend. Die Steuerpflichtigen haben deshalb kein Wahlrecht, ob sie den pauschalen Freibetrag für Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung nach § 33 a EStG 1950/1953 in Anspruch nehmen oder im Rahmen von § 33 EStG ihre Ausgaben als außergewöhnliche Belastungen geltend machen wollen.

 

Normenkette

EStG §§ 33, 33a, 52 Abs. 12; LStDV §§ 25, 25b

 

Tatbestand

Der Bf. kehrte erst am 15. Oktober 1955 aus russischer Kriegsgefangenschaft heim. Er beantragte unter anderem, auf seiner Lohnsteuerkarte 1956 den Wiederbeschaffungsausgaben- Pauschbetrag für Spätheimkehrer (§ 52 Abs. 12 EStG 1955 in Verbindung mit § 33 a Abs. 1 EStG 1953; § 25 b Abs. 1 LStDV 1955) einzutragen. Das Finanzamt gab dem Antrag statt. Später beantragte der Bf., ihm für 1956 statt des Pauschbetrages einen Betrag von 6.456 DM als Wiederbeschaffungsausgaben für verlorenen Hausrat und Kleidung gemäß § 33 EStG zu berücksichtigen. Das Finanzamt lehnte das ab, weil der Bf. wegen der Wiederbeschaffungskosten den Pauschbetrag von 840 DM erhalten habe; er könne nicht daneben oder statt dessen seine tatsächlichen Aufwendungen nach § 33 EStG geltend machen. Der Bf. trug vor, seine Ehefrau habe aus Unkenntnis und weil sie in früheren Jahren wirtschaftlich zu Wiederbeschaffungen nicht in der Lage gewesen sei, bisher keine Steuerermäßigung beantragt und erhalten; er hole also nur die Anschaffungen nach, für die andere Steuerpflichtige seit 8 Jahren Steuerermäßigung hätten beanspruchen können. Er habe bei Beantragung des Pauschbetrages für Spätheimkehrer nicht gewußt, welche Ausgaben ihm 1956 für Wiederbeschaffungen erwachsen würden.

Der zuständige Landesfinanzminister wies im Erlaß vom 25. Juni 1957 die Oberfinanzdirektion an, zu prüfen, ob dem Bf. aus Billigkeitsgründen ein Steuerbetrag erstattet werden könne, der etwa der Steuerermäßigung entspreche, die sich insgesamt bei rechtzeitiger Inanspruchnahme der Freibeträge durch die Ehefrau ergeben hätte; die Gewährung des pauschalen Freibetrages für die Jahre 1956 bis 1958 solle dabei unberührt bleiben.

Im Berufungsverfahren begehrte der Bf. erneut die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung für die genannten Wiederbeschaffungskosten im Rahmen des § 33 EStG. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück.

 

Entscheidungsgründe

Auch die Rb. hat keinen Erfolg.

Die vom Finanzgericht angewandten Rechtsgrundsätze sind frei von Rechtsirrtum. Nach § 25 b Abs. 1 LStDV 1955 werden bestimmten Personengruppen, darunter auch Spätheimkehrern, zur Abgeltung der Ausgaben zur Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung gestaffelte Pauschbeträge gewährt. Nach § 25 b Abs. 2 LStDV 1955 kann in den Fällen des § 25 b Abs. 1 die Vorschrift des § 25 LStDV für Ausgaben zur Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung nicht in Anspruch genommen werden. Diese Rechtsverordnung hat, wie das Finanzgericht zutreffend annimmt, ihre Rechtsgrundlage in der übergangsvorschrift des § 52 Abs. 12 EStG 1955 in Verbindung mit § 33 a EStG 1953.

Mit Recht hat das Finanzgericht ausgeführt, daß der Bf. kein Wahlrecht habe, ob er den Pauschbetrag in Anspruch nehmen oder seine tatsächlichen Ausgaben nach § 33 EStG (§ 25 LStDV) als außergewöhnliche Belastungen geltend machen wolle. Ein Wahlrecht, wie der Bf. es erstrebt, kennt das Gesetz nicht. Die Pauschbeträge wurden durch § 33 a EStG 1950 eingeführt, um Schwierigkeiten und Mißbräuche auszuschließen, die sich früher bei der Anwendung des § 33 EStG (§ 25 LStDV) und beim Einzelnachweis der Wiederbeschaffungsausgaben ergeben hatten. Die Pauschbeträge werden zwar nur auf Antrag gewährt. Das bedeutet aber nicht, daß ein Steuerpflichtiger, der den Antrag nicht stellt, wahlweise seine Aufwendungen nach § 33 EStG (§ 25 LStDV) geltend machen kann. Die Regelung des § 33 a EStG 1950/1953 ist abschließend. Wer den Antrag auf einen Pauschbetrag nach § 33 a Abs. 1 EStG 1953 (§ 25 b Abs. 1 LStDV 1955) nicht stellt, bekommt weder den Pauschbetrag noch eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG (§ 25 LStDV).

Die gesetzliche Regelung verstößt auch nicht, wie der Bf. meint, gegen Art. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, nach dem Auslaufen der steuerlichen Vergünstigung für Wiederbeschaffungsausgaben (vgl. § 33 a Abs. 3 EStG 1953) allen Steuerpflichtigen, die bisher noch keine Steuerermäßigung bekommen hatten, die Möglichkeit zu geben, in Zukunft dieselben Steuerermäßigungen zu erhalten, wie sie anderen Steuerpflichtigen schon früher zuteil geworden waren. Wenn der Gesetzgeber in § 52 Abs. 12 EStG 1955 bestimmten Personengruppen - der Bf. gehört dazu - auf drei zukünftige Jahre befristete Vergünstigungen einräumte, so war er verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, die Vergünstigung noch weiter zu erstrecken, wie es der Bf. will. Der Gesetzgeber konnte im Rahmen seines steuerpolitischen Ermessens die Grenzen wie geschehen ziehen.

Beim Bf. liegen allerdings besondere Verhältnisse vor. Die Finanzverwaltungsbehörden haben, wie das Finanzgericht festgestellt hat, auch sonst für Sonderfälle allgemeine Billigkeitsmaßnahmen nach § 131 AO getroffen (vgl. z. B. Erlasse des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15. Juni 1955, BStBl 1955 II S. 92, und vom 2. Mai 1956, Deutsche Steuer- Zeitung B 1956 S. 259), die allerdings auf den Fall des Bf. nicht zutreffen. Die Finanzverwaltungsbehörden wollen aber, wie sich aus dem Erlaß vom 25. Juni 1957 ergibt, auch dem Bf. nach § 131 AO aus Billigkeitsgründen helfen und ihm für frühere Jahre in bestimmtem Umfang Lohnsteuer erstatten, wenn das gegenwärtige Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. Den Umfang der geplanten Billigkeitsmaßnahmen kann der Senat in diesem Verfahren nicht nachprüfen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409674

BStBl III 1960, 250

BFHE 1961, 7

BFHE 71, 7

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