Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Schlüssigkeit im Rahmen des § 116 FGO
Leitsatz (NV)
1. Eine fehlende Begründung der Entscheidung i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO ist nicht in schlüssiger Weise dargetan, wenn sich schon aus dem Vorbringen des Revisionsklägers selbst ergibt, daß das FG zu dem Problem, hinsichtlich dessen ein Begründungsmangel vorliegen soll, einen (nach Meinung des Rechtsuchenden allerdings unzutreffenden) Rechtssatz gebildet hat.
2. Die Schlüssigkeit des Revisionsvorbringens kann auch an der im gleichen Schriftsatz enthaltenen, dieselbe Sache betreffenden Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde gemessen werden.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5, § 120 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Im Einspruchsverfahren hatte die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), schon damals vertreten durch ihren derzeitigen Prozeßbevollmächtigten, mit dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) um verschiedene Sachpunkte ihrer Veranlagung zur Einkommensteuer 1990 sowie um die Berechtigung des FA gestritten, den Einkommensteuerbescheid für diesen Veranlagungszeitraum im Hinblick auf mehrere Verfassungsbeschwerden gemäß § 165 der Abgabenordnung (AO 1977) mit einem Vorläufigkeitsvermerk zu versehen. Der Rechtsbehelf hatte zu einer Teilabhilfe im Bescheid vom 19. April 1993 geführt, in dem im übrigen ausdrücklich auf die "automatische" Fortsetzung des Einspruchsverfahrens hingewiesen worden war.
Am 18. Mai 1993 erging die Einspruchsentscheidung in dieser Sache, in der das FA die Zurückweisung des Rechtsbehelfs in den noch streitigen Punkten begründete. Als Adressat war in der Entscheidung die Klägerin mit "Frau Angelika Hauter" (Name geändert) statt (wie auch im Änderungsbescheid) mit "Frau Angelika Hutner" bezeichnet. Alle anderen Angaben (Adresse, Steuernummer, Name und Anschrift des Prozeßbevollmächtigten) waren richtig.
Am 12. Juli 1993 erließ das FA unter Berufung auf § 129 AO 1977 nochmals eine (inhaltsgleiche) Einspruchsentscheidung in dieser Sache, in der die Klägerin zutreffend bezeichnet war.
Mit der nunmehr erhobenen Klage erstrebte der Prozeßbevollmächtigte im Namen der Klägerin Aufhebung der Einspruchsentscheidung mit der Begründung, die Voraussetzung des § 129 AO 1977 hätte nicht vorgelegen. Außerdem habe es das FA versäumt, das auch in dieser "Änderungssache gebotene Vorverfahren durchzuführen".
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen.
Hiergegen hat die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde und im gleichen Schriftsatz Revision eingelegt.
Nachdem sie im Rahmen der Beschwerdebegründung u. a. vorgetragen hat, das FG habe im angefochtenen Urteil folgenden Rechtssatz aufgestellt: "Zutreffend ist das FA davon ausgegangen, daß die fehlerhafte Bezeichnung der Steuerschuldnerin gemäß § 129 AO berichtigt werden konnte" (und sei damit von einem Rechtssatz des Bundesfinanzhofs -- BFH -- abgewichen), begründet sie die auf "§ 119 Nr. 6 FGO" und "Art. 103 GG" gestützte Revision damit, die Begründung des FG-Urteils weise einen groben Fehler insofern auf, als sie keine Ausführungen zu der im Klageverfahren vertretenen Meinung der Klägerin enthalte, das FA habe es versäumt, das "in dieser Änderungssache gebotene Vorverfahren durchzuführen".
Außerdem rügt die Klägerin vorab die Besetzung des Senats und begehrt Kostenverschonung nach § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Der Senat ist -- wie nun schon mehrfach unter allen denkbaren Gesichtspunkten dargelegt (vgl. die Nachweise im Beschluß vom 7. März 1995 X B 194--197/93, BFH/NV 1995, 711, 713) -- ordnungsgemäß besetzt. Tatsächlich hat sich die Situation inzwischen lediglich insoweit verändert, als der Senat derzeit nur aus fünf Mitgliedern besteht. Eine Verfahrensunterbrechung kommt nicht in Betracht.
2. Die Klägerin hat substantiiert und in sich schlüssig (Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., 1993, § 116 Rdnr. 1, m. w. N.) keinen Revisionsgrund i. S. des § 116 FGO (nicht § 119 FGO), der hier allein den unmittelbaren Zugang zum BFH eröffnen könnte, dargetan. Insbesondere liegt ein Fall des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nicht vor: Schon aus dem Vorbringen der Klägerin selbst ergibt sich, daß das FG die Anwendung des § 129 AO 1977 und das Verfahren der Korrektur der Einspruchsentscheidung nach dieser Vorschrift gebilligt und in diesem Zusammenhang sogar einen Rechtssatz gebildet hat. Schon allein daraus folgt, daß die Urteilsbegründung weder grob fehlerhaft ist noch selbständige Angriffs- oder Verteidigungsmittel übergangen wurden (dazu näher: Gräber, a. a. O.,, § 116 Rdnr. 2, § 119 Rdnr. 24f., m. w. N.).
Der (im übrigen nicht näher konkretisierte) Einwand der Verletzung rechtlichen Gehörs fällt nicht unter § 116 FGO (Gräber, a. a. O., § 116 Rdnr. 1).
3. Die Voraussetzungen des § 8 GKG sind offensichtlich nicht gegeben.
Fundstellen
Haufe-Index 421278 |
BFH/NV 1996, 494 |