Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsbeziehungen bei Werbeleistungen

 

Leitsatz (NV)

Eine Werbeagentur oder ein Werbemittler führt grundsätzlich keine entgeltliche Leistung an einen Verleger aus. Vielmehr bewirkt der Verleger an die Werbeagentur oder einen Werbungsmittler eine Werbeleistung, wenn diese die Leistung im eigenen Namen beanspruchen. Der Werbemittler führt eine Leistung an seinen Auftraggeber aus und hat nur gegen diesen einen Vergütungsanspruch.

 

Normenkette

UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 2; BerlinFG 1982 § 1 Abs. 6 Nr. 5, § 4 Abs. 3 Nr. 8, § 7

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine in Berlin (West) ansässige und von hier aus tätige Werbeagentur, besorgte für eine westdeutsche Firma (B) den Abdruck von Werbeanzeigen in Zeitungen und die Ausstrahlung von Werbespots durch Rundfunk- und Fernsehanstalten. Die Werbeträger (Zeitungsverlage, Rundfunk- und Fernsehwerbegesellschaften) berechneten der Klägerin das dafür vereinbarte Entgelt (sog. Einschaltkosten) abzüglich einer branchenüblichen ,,Provision" von 15 v.H. Diese ,,Provision" gewährten Werbeträger nur Werbemittlern, nicht aber den werbenden Unternehmen selbst. Mit der B hatte die Klägerin vereinbart, daß sie die Provision von 15 v.H. nicht in voller Höhe behalten sollte, weil sie die Werbeanzeigen und Werbesendungen nicht gestaltet (d.h.keine sog. Kreativleistungen erbracht) hatte. Sie sollte der B vielmehr nur die um 15 v.H. gekürzten, von ihr tatsächlich gezahlten Einschaltkosten berechnen und darauf eine Mittlerprovision von 17,65 v.H. (= 15 v.H. der ungekürzten Einschaltkosten) aufschlagen. Außerdem sollte sie der B eine Gutschrift von 13 v.H. der Einschaltkosten erteilen, so daß ihr letztlich 2 v.H. als Provision verbleiben sollten.

Dementsprechend berechnete die Klägerin der B beispielsweise für die besorgte Anzeige in einer Zeitung den ihr von dem Verleger dafür berechneten Preis von 100 DM abzüglich 15 v.H. ,,Provision", somit 85 DM zuzüglich 17,65 v.H. (auf 85 DM) Provision = 15 DM, insgesamt somit 100 DM. Die von ihr der B erteilte ,,Gutschrift" von 13 v.H. (von 85 DM = 11,05 DM) wies sie nicht aus, behandelte sie aber als Erlösminderung.

Die Klägerin kürzte ihre Umsatzsteuerschuld nach § 1 Abs. 6 Nr.5 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) um 10 v.H. des für die Werbungsmittlung vereinbarten Entgelts, gemindert um die an Dritte für die Durchführung der Werbung gezahlten Beträge (§ 4 Abs. 3 Nr.8 BerlinFG 1982). Sie setzte von der Bemessungsgrundlage für den Kürzungsanspruch nicht die der B durch Gutschrift erstatteten Beträge ab. Sie beantragte und erhielt auf diese Weise z.B. die Kürzung der Umsatzsteuer (in Höhe von 10 v.H.) von 15 DM (= 17,65 v.H. auf die von ihr gezahlten Einschaltkosten von 85 DM). Ab 1985 wurde die Abrechnung geändert und die nunmehr als ,,Rabatt" bezeichnete ,,Gutschrift" (von 13 v.H.) offen in der Rechnung von den Einschaltkosten des Werbeträgers abgesetzt, aber nicht von der weiter mit 17,65 v.H. berechneten Provision abgezogen.

Dagegen berücksichtigte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) in den angefochtenen, gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ergangenen Umsatzsteueränderungsbescheiden 1981 bis 1986 als Bemessungsgrundlage für den Kürzungsanspruch nur die um die Gutschriften (in Höhe von 13 v.H. der Einschaltkosten) geminderte Bemessungsgrundlage (in dem Beispiel nur 3,95 DM). Die Minderung der Kürzungsansprüche der Klägerin betrug dadurch für die Streitjahre insgesamt rd. . . . DM.

Auch die B hatte die Umsatzsteuer entsprechend gemäß § 2 Abs. 6 BerlinFG um 4,2 v.H. der von der Klägerin für ihre Leistungen berechneten, nicht um die Gutschriften (Rabatte) verminderten Entgelte gekürzt.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide für 1981 bis 1986 ab. Es führte u.a. aus, der Klägerin stehe der Kürzungsanspruch nur für die um die Rückvergütung an die B geminderte Provision zu. Die Werbeträger führten eine Leistung an die Klägerin als Werbemittlerin aus, für die sie ein um eine sog. Provision gemindertes Entgelt berechneten. Die Klägerin habe keine Leistung an den jeweiligen Werbeträger ausgeführt, für die eine Provision Entgelt sein könnte. Die Klägerin habe nur an ihren Auftraggeber (B) geleistet. Nur für diese Werbemittlung gewähre § 1 Abs. 6 Nr.5 BerlinFG einen Kürzungsanspruch. Weil von Anfang an vereinbart worden sei, daß der Klägerin nicht die von ihr berechnete, sondern nur die um die Gutschrift oder den Rabatt geminderte Provision für ihre Leistung verbleiben sollte, sei nur dieser von dem Auftraggeber aufgewendete Betrag Entgelt für die Leistung und Bemessungsgrundlage für den Kürzungsanspruch (§ 7 Abs. 1 BerlinFG i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes - UStG -).

Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Zulassungsgründe sind nicht den Anforderungen von § 115 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend dargelegt und bezeichnet worden. Unabhängig davon sind sie nicht gegeben.

a) Die Klägerin, die die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache begehrt (§ 115 Abs. 2 Nr.1 FGO), hat keinen abstrakten Rechtssatz bezeichnet, an dessen Klärung aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit in einem Revisionsverfahren ein Interesse der Allgemeinheit besteht. Damit genügt ihre Beschwerde nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO (vgl. zu den Anforderungen Bundesfinanzhof - BFH - in ständiger Rechtsprechung z.B. Beschluß vom 14. Februar 1990 II B 108/89, BFH/NV 1991, 46, m.w.N.).

Falls die Klägerin die Rechtsfrage dargelegt hätte, ob ein Werbungsmittler, der eine Werbeanzeige im eigenen Namen für seinen Auftraggeber bei einem werbungtreibenden Unternehmer (z.B. einem Verleger) aufgibt, eine eigene entgeltliche Leistung an diesen ausführt, für die er eine vom Preis der Anzeigenpreisliste abgesetzte ,,Provision" als Gegenleistung erhält, ist ein Klärungsbedarf nicht vorhanden. Die Frage zielt auf die umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehungen gegen Entgelt ab, die Grundlage für Kürzungsansprüche nach dem BerlinFG sein können. Diese Grundsätze sind abstrakt geklärt und im Streitfall zutreffend von dem FG angewendet worden.

Eine Leistung gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Nr.1 Satz 1 UStG) führt der aus, der einem anderen eine Lieferung oder eine sonstige Leistung zuwendet und dafür ein Entgelt erwartet, weil er es aufgrund eines schuldrechtlichen Anspruchs verlangen oder auf andere Weise erwarten kann (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1990 V R 31/85, BFHE 164, 134, BStBl II 1991, 381 - zur Bestimmung des Leistenden; BFH-Urteil vom 7. Mai 1981 V R 46/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 - Grundsatzurteil zum Leistungsaustausch). Von diesen umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen ausgehend hat das FG in Übereinstimmung mit den vom Bundesgerichtshof (BGH) entwickelten Rechtsbeziehungen bei Werbeleistungen (BGH-Beschluß vom 9. April 1970 KRB 2/69, BGHSt 23, 246, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1970, 1317) entschieden, daß die Werbeagentur (bzw. der Werbungsmittler) keine entgeltliche Leistung an den Verleger, sondern daß dieser an die Werbeagentur (Werbungsmittler) eine (im eigenen Namen bestellte) Werbeleistung ausführt und sein Entgelt um einen als ,,Provision" bezeichneten Rabatt gemindert hat. Diese Grundsätze gelten auch im Streitfall. Rechtsgrundlage für die Entgeltsminderung war die Preisvereinbarung für die Werbeleistung des Verlegers und nicht eine Entgeltsvereinbarung über eine von der Klägerin an den Verleger ausgeführte Leistung. Damit ist keine Verrechnung von Entgelten für gegenseitig ausgetauschte Leistungen vorgenommen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 6. Oktober 1988 V R 124/83, Umsatzsteuer-Rundschau 1989, 156), sondern nur das Entgelt für die vom Verleger an die Klägerin erbrachte Leistung gemindert worden.

Dementsprechend hat der BGH die Leistungsbeziehungen des Werbemittlers gegenüber dem Verleger dadurch gekennzeichnet, daß dem Werbemittler ein Vergütungsanspruch nur gegen seinen Kunden zusteht.

Umsatzsteuerrechtlich zutreffend und in Übereinstimmung mit der Beurteilung der Vertragsbeziehungen durch den BGH hat das FG die Geschäftsbesorgungsleistung der Klägerin für ihren Auftraggeber B als die einzige Leistungsbeziehung beurteilt, für die ein Entgeltanspruch gegeben ist. Die Klägerin erwartete das Entgelt aufgrund eines entsprechenden schuldrechtlichen Zahlungsanspruchs von ihrem Auftraggeber B. Die Entgelterwartung bestand in dem Umfang der vereinbarten Provision von 17,65 v.H. auf ihre tatsächlich geschuldeten Einschaltkosten abzüglich der von vornherein vereinbarten Provisionsminderung durch ,,Gutschrift" oder Rabattgewährung. Die außerdem erwartete Vergütung der aufgewendeten Einschaltkosten scheidet als Bemessungsgrundlage für Kürzungsansprüche aus (vgl. § 4 Abs. 3 Nr.8 BerlinFG). Die ,,Gutschriften" waren nach den insoweit nicht in Frage gestellten Feststellungen des FG keine Abrechnungen der Klägerin i.S. von § 14 Abs. 5 UStG über eigene wirklich ausgeführte Leistungen an den Auftraggeber. Deshalb drückt die ab 1985 gewählte Bezeichnung des Vorgangs als ,,Rabattgewährung" den wirtschaftlichen Gehalt des Vorgangs zutreffend aus. Daß sich unter diesen Umständen die Bemessungsgrundlage für den Kürzungsanspruch - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht nur nach dem berechneten, sondern auch nach dem geminderten Entgelt beurteilt, erschließt sich ohne weiteres aus § 11 Abs. 2 BerlinFG und bedarf daher keiner Klärung durch eine Revisionsentscheidung.

Die behaupteten Verstöße gegen Denkgesetze verletzen, wenn sie vorliegen sollten, sachliches Recht und rechtfertigen keine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO.

b) Die angebliche Abweichung der Vorentscheidung von einer Entscheidung des BGH gebietet keine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr.2 FGO.

c) Eine Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr.3 FGO) scheidet aus, weil die Klägerin nicht bezeichnet hat (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO), welche Sachaufklärung das FG, die von der Klägerin beantragt worden war oder sich dem Gericht hätte aufdrängen müssen, unterlassen hat, welche Ergebnisse diese Aufklärung gehabt hätte und weshalb dies für die Entscheidung des Rechtsstreits nach der insoweit maßgeblichen materiell-rechtlichen Beurteilung des FG bedeutsam gewesen wäre (vgl. z.B. zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels durch unterlassene Zeugenvernehmung: BFH-Beschluß vom 19. März 1991 II B 146/90, BFH/NV 1991, 548, m.w.N.).

 

Fundstellen

BFH/NV 1993, 504

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