Entscheidungsstichwort (Thema)

Divergenz; Entstehung eines Herabsetzungsgewinns bei wesentlicher Beteiligung

 

Leitsatz (NV)

1. Die Bezeichnung einer Divergenz erfordert, daß der Beschwerdeführer konkret herausarbeitet, daß das Finanzgericht seiner Entscheidung einen bestimmten tragenden (abstrakten) Rechtssatz zugrundegelegt habe, der mit den ebenfalls tragenden rechtlichen Erwägungen einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht übereinstimme.

2. Der bei einer wesentlichen Beteiligung steuerbare Gewinn aus einer Kapitalherabsetzung ist nach ständiger Rechtsprechung nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und nicht nach dem Zuflußprinzip zu erfassen.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 S. 3; EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 11 Abs. 1, § 17 Abs. 2, 4 S. 1 2. HS, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; GmbHG § 58 Abs. 1 Nr. 3

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

Die Beschwerde hat zwar eine Divergenz des angefochtenen Urteils zu den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. Juni 1995 VIII R 69/93 (BFHE 178, 166, BStBl II 1995, 725) sowie vom 6. April 1976 VIII R 72/70 (BFHE 118, 230, BStBl II 1976, 341) behauptet, sie jedoch nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen schlüssig dargetan (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung).

Dazu gehört u. a., daß konkret herausgearbeitet wird, das Finanzgericht habe seiner Entscheidung einen bestimmten tragenden (abstrakten) Rechtssatz zugrunde gelegt, der mit den ebenfalls tragenden rechtlichen Erwägungen einer Entscheidung des BFH nicht übereinstimme (vgl. BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, 480, ständige Rechtsprechung).

Die Beschwerde legt lediglich dar, der BFH habe in den zitierten Divergenzentscheidungen auf den tatsächlichen Zufluß abgestellt. Hingegen fehlen Ausführungen, daß sich die Darlegungen des BFH in diesen Entscheidungen auf die im Streitfall entscheidungserhebliche Frage des Zeitpunkts des Entstehens eines Herabsetzungsgewinns nach § 17 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bezögen.

Tatsächlich hat der BFH in beiden Entscheidungen die Frage untersucht, ob eine bereits vor der handelsrechtlichen Wirksamkeit der beschlossenen Kapitalherabsetzung vor genommene Kapitalrückzahlung als Kapitalherabsetzung oder als eine zu Kapitalerträgen führende Gewinnausschüttung zu beurteilen sei (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, § 17 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz EStG), nicht hingegen mit der hier entscheidungserheblichen Frage, ob Herabsetzungsgewinne abweichend von den nach der ständigen Rechtsprechung für die Gewinnermittlung des § 17 Abs. 2 und 4 EStG maßgebenden Grundsätzen nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG etwa ausnahmsweise doch als Herabsetzungsgewinne nach dem Zuflußprinzip zu erfassen wären (vgl. verneinend BFH-Urteil vom 7. März 1995 VIII R 29/93, BFHE 178, 116, BStBl II 1995, 693, 696, mit umfangreichen Nachweisen; BFH-Beschluß vom 10. Dezember 1993 VIII B 135/91, BFH/NV 1994, 707; BFH-Urteile vom 7. Juli 1992 VIII R 56/88, BFH/NV 1993, 25, 27; vom 3. Juni 1993 VIII R 46/91, BFH/NV 1994, 364, und vom 3. Juni 1993 VIII R 23/92, BFH/NV 1994, 459, jeweils betreffend Auflösungsgewinne bzw. -verluste, ständige Rechtsprechung).

Diese Abgrenzung hat der BFH in den vermeintlichen Divergenzentscheidungen unter bestimmten engen Voraussetzungen ausnahmsweise zugunsten einer echten Kapitalrückzahlung vorgenommen, wenn die Beteiligten im Zeitpunkt der Zahlung alles unternommen haben, was zur Herbeiführung der handelsrechtlichen Wirksamkeit der Kapitalherabsetzung erforderlich sei. Außerdem hat er in besonders gelagerten Fällen auch den Ablauf der Sperrfrist (vgl. § 58 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) für entbehrlich erachtet. Im BFH-Urteil in BFHE 118, 230, BStBl II 1976, 341 war allein diese Abgrenzungsproblematik streitig. Im BFH-Urteil in BFHE 178, 166, BStBl II 1995, 725 sind zudem Beschlußfassung, Rückzahlung und Eintragung im Handelsregister im selben Jahr erfolgt.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

 

Fundstellen

BFH/NV 1996, 898

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