Entscheidungsstichwort (Thema)

Einlage einer während der Zeit nichtselbständiger Tätigkeit entwickelten Erfindung?

 

Leitsatz (NV)

Es bedarf keiner höchstrichterlichen Klärung, daß eine Erfindung nicht bereits deshalb zum Privatvermögen des Erfinders gehört, weil er sie während einer Zeit entwikelt hat, in der er nichtselbständig tätig war.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 5; ArbnErfG § 4

 

Tatbestand

Der verstorbene Ehemann (Ehemann) der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), der bis zum Jahr 1970 als Planungsingenieur in der Firma X nichtselbständig tätig war, arbeitete seit dem Jahre 1969 an der Erfindung und Entwicklung eines Schlüsselschalters. Sein damaliger Arbeitgeber war an der Erfindung nicht interessiert. Im Dezember 1972 reichte der Ehemann die von ihm gemachte Erfindung beim Deutschen Patentamt zur Patentierung ein. Das Patent wurde im Juni 1974 mit Wirkung vom 22. Februar 1972 erteilt.

Bis zum Jahre 1977 stellte der Ehemann den Schlüsselschalter zur Vorbereitung der Serienproduktion und Entwicklung des Produktionswerkzeugs handwerklich her. Nachdem unter Mithilfe einer Fremdfirma die notwendigen Maschinen für die Serienherstellung gefunden waren, bezog der Ehemann ab dem Jahr 1977 Lizenzeinkünfte sowie Einkünfte aus der Produktion des Schlüsselschalters durch eine GmbH, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er war.

Der Ehemann behandelte die Lizenzeinnahmen in seinen Steuererklärungen als Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Er nahm die Steuerermäßigung für freie Erfinder gemäß der Verordnung über die einkommensteuerliche Behandlung freier Erfinder (ErfVO) in Anspruch, nachdem der Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes ... die Erfindung im Jahre 1978 als volkswirtschaftlich wertvoll anerkannt hatte.

Der Ehemann wurde zunächst antragsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt. Anläßlich einer Betriebsprüfung stellte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) fest, daß zwei Lizenzeinnahmen in der Gewinnermittlung 1981 nicht enthalten waren und erhöhte die Einkünfte entsprechend. Gegen die Änderungsbescheide wandte sich der Ehemann mit dem Einspruch, zu dessen Begründung er vortrug, im Rahmen seiner Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sei auf das Patent pro Jahr eine Abschreibung in Höhe von 10 v. H. vorzunehmen. Er habe das Patent aus seinem Privatbereich, in dem es über sieben Jahre lang geruht habe, mit dem Teilwert (durchschnittliche Jahreserträge x 5,65 -- Abschn. 64 der Vermögensteuer-Richtlinien --) in seinen Erfinder-Betrieb eingelegt. Der Einspruch hatte in dem hier interessierenden Punkt keinen Erfolg. Auch die zum Finanzgericht (FG) erhobene Klage blieb erfolglos.

Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu. Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht wird.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Den von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Sie bedürfen keiner (erneuten) höchstrichterlichen Entscheidung.

1. Soweit die Klägerin der Frage Bedeutung beimißt, ob selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter Gegenstand einer Einlage sein können, ist darauf hinzuweisen, daß diese Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) mehrfach bejaht worden ist. So hat der BFH bereits im Urteil vom 22. Januar 1980 VIII R 74/77 (BFHE 129, 485, BStBl II 1980, 244 unter 3. b, bb) entschieden, daß das Aktivierungsverbot für nichtentgeltlich erworbene immaterielle Anlagewerte (§ 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --) der Einlage eines Nutzungsrechts nicht entgegenstehe (ebenso BFH- Beschluß vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348 unter C. I. 1. b, aa). Unter Berufung auf dieses Urteil hat der BFH im Urteil vom 20. August 1986 I R 150/82 (BFHE 149, 25, BStBl II 1987, 455) entschieden, daß der Geschäftswert eines Tochterunternehmens, der anläßlich einer Teilbetriebsveräußerung an ein Schwesterunternehmen Gegenstand einer verdeckten Gewinnausschüttung an die gemeinsame Muttergesellschaft war, bei dieser zu aktivieren und alsdann als verdeckte Einlage auf das Beteiligungskonto umzubuchen war. Im Urteil vom 10. Oktober 1993 I R 116/91 (BFH/NV 1993, 595) hat der BFH diese Grundsätze für die Einlage einer ungeschützten Erfindung bestätigt. Zum Bewertungsrecht hat der BFH im Urteil vom 11. Februar 1983 III R 141/80 (BFHE 138, 253, BStBl II 1983, 442) entschieden, daß Diensterfindungen, die eine Kapitalgesellschaft einer OHG gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen überläßt, bei der letzteren als Betriebsvermögen anzusetzen sind.

2. Das FG hat die Richtigkeit dieser Rechtsprechung nicht in Zweifel gezogen. Es kam für seine Entscheidung allerdings hierauf nicht an, weil es davon ausging, der Ehemann habe die Erfindung im Rahmen einer -- neben der nichtselbständigen Arbeit ausgeübten -- freiberuflichen Tätigkeit entwickelt.

Demgegenüber weist die Klägerin darauf hin, daß die Erfindertätigkeit nicht von vornherein einer bestimmten Einkunftsart zugeordnet werden dürfe. Das ist zutreffend, aber zum einen ebenfalls bereits höchstrichterlich entschieden, zum anderen vom FG nicht in Abrede gestellt worden.

Nach dem Senatsurteil vom 11. September 1969 IV R 160/67 (BFHE 98, 144, BStBl II 1970, 317) ist die erfinderische Tätigkeit als solche farblos. Sie kann bereits in der Entwicklungsphase einer selbständigen, gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen sein. Sie kann aber auch im Rahmen einer Liebhaberei entwickelt werden oder sich als Zufallserfindung darstellen. Zufalls- und Liebhabereierfindungen gehören bis zu einer eventuellen Einlage in einen Betrieb zum Privatvermögen (Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., § 18 Anm. 42).

Unzutreffend ist jedoch die Auffassung der Klägerin, eine Erfindung gehöre auch dann stets zum Privatvermögen, wenn sie während eines Arbeitsverhältnisses entwickelt worden sei. Das Gesetz über Arbeitnehmer erfindungen (ArbnErfG) unterscheidet zwischen (gebundenen) Diensterfindungen (§ 4 Abs. 2 ArbnErfG) und (freien) sonstigen Erfindungen (§ 4 Abs. 3 ArbnErfG). Zu den Diensterfindungen gehören solche, die aus der dem Arbeitnehmer im Betrieb obliegenden Tätigkeiten entstanden sind (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 ArbnErfG), und solche, die maßgeblich auf den Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebs beruhen. Nur eine Diensterfindung kann der Arbeitgeber nach § 6 ff. ArbnErfG in Anspruch nehmen. Bei freien Erfindungen hat der Arbeitnehmer lediglich die Pflicht, die Erfindung dem Arbeitgeber anzubieten, bevor er sie während der Dauer des Arbeitsverhältnisses anderweitig verwertet (§ 19 Arbn ErfG). Erwirbt der Arbeitgeber das ihm angebotene Nutzungsrecht an der freien (oder nach § 8 ArbnErfG frei gewordenen) Erfindung, so erzielt der Arbeitnehmer insoweit (nebenberuflich) Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (Felix/Stahl, Erfinder in der Besteuerungspraxis, Rdnr. 307; Mohr, Die Besteuerung der Erfinder und Erfindungen, München 1985, S. 116).

Ob die während eines Arbeitsverhältnisses gemachte Erfindung während der Entwicklungsphase dem Bereich der nichtselbständigen oder der selbständigen Tätigkeit zuzurechnen ist, richtet sich demzufolge nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere danach, ob es sich um eine Diensterfindung handelt oder nicht.

Im Streitfall hatte die Klägerin im Klageverfahren eine Bescheinigung des früheren Arbeitgebers des Ehemanns vorgelegt, aus der hervorgeht, daß der Ehemann den Schlüsselschalter in seiner Freizeit entwikelt habe. Da weder die Möglichkeit für eine Patentierung gesehen worden sei, noch das zur Herstellung notwendige Werkzeug vorhanden gewesen sei, habe man auf jegliche Übernahme verzichtet. Wenn das FG aus dieser Erklärung geschlossen hat, der Ehemann habe den Schlüsselschalter im Rahmen einer bereits damals bestehenden freiberuflichen Nebentätigkeit entwikelt, hat es keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 102

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