Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Höhe des Streitwertes in der Revisionsinstanz bei gerügten Verfahrensmängeln im Klageverfahren
Leitsatz (NV)
Auch wenn mit der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht wird, das Finanzgericht habe im zugrunde liegenden Klageverfahren keine ordnungsgemäßen Protokolle erstellt, wird der Streitwert für die Revisionsinstanz durch das finanzielle Interesse des Kostenschuldners an der Änderung der angefochtenen Steuerbescheide bestimmt.
Normenkette
GKG § 13 Abs. 1 S. 1, § 14 Abs. 2 S. 1
Tatbestand
Die Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) sind Eheleute. Sie sind zu je 1/2 Miteigentümer eines Einfamilienhauses. Die Ehefrau ist als Krankengymnastin selbständig tätig. Ihre Praxis betreibt sie im Kellergeschoß des Einfamilienhauses. Mit Vertrag vom 26. Mai 1978 räumten die Kostenschuldner ihren Söhnen an dem Grundstück den Nießbrauch ein. Der Ehemann bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
1. Für die Streitjahre 1978 bis 1979 erkannte das Finanzamt (FA) bei den Einkünften der Ehefrau aus ihrer Tätigkeit als Krankengymnastin geltend gemachte Betriebsausgaben nicht oder nicht vollständig an. Die Mietzahlungen an die Söhne ließ es im Streitjahr 1978 nur zeitanteilig zum Abzug zu. Zahlungen für die Buchführungsarbeiten des Ehemannes berücksichtigte es nicht, weil es ein Ehegattenarbeitsverhältnis steuerrechtlich für unbeachtlich hielt. Im Einspruchsverfahren wies das FA mit Schreiben vom 27. Dezember 1984 darauf hin, daß die Mietzahlungen an die Söhne nicht anerkannt werden könnten und setzte in der Einspruchsentscheidung vom 13. März 1985 die Einkünfte der Ehefrau für die Streitjahre 1978 und 1979 entsprechend höher an. Dagegen berücksichtigte es in der Einspruchsentscheidung die Zahlungen für die Buchführungsarbeiten an den Ehemann als Betriebsausgaben der Ehefrau, erfaßte sie aber zugleich als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit des Ehemannes. Außerdem erhöhte das FA den Privatanteil der Ehefrau hinsichtlich der Kfz-, Telefon- und Energiekosten. Insgesamt erhöhten sich dadurch die Einkünfte der Ehefrau aus selbständiger Tätigkeit für 1978 auf 16 882 DM und für 1979 auf 17 693 DM.2. Für die Streitjahre 1980 bis 1983 verfuhr das FA entsprechend. In der Einspruchsentscheidung vom 13. März 1985 betreffend die Streitjahre 1980 bis 1982 setzte es die Einkünfte der Ehefrau wie folgt an: 1980 18 930 DM, 1981 18 107 DM, 1982 16 809 DM. Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1983 blieb gleichfalls erfolglos.
3. In den sich anschließenden Klageverfahren vor dem Finanzgericht (FG) . . . erklärten die Beteiligten nach einem Erörterungstermin am 12. November 1985 übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, nachdem das FA zugesagt hatte, die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1978 bis 1983 hinsichtlich eines Teils der strittigen Punkte zugunsten der Eheleute zu ändern und die Einkommensteuer 1978 bis 1983 entsprechend herabzusetzen.
4. Dementsprechend erließ das FA am 7. Januar 1986 ändernde Einkommensteuerbescheide 1978 bis 1983. Am 17. Juli 1986 änderte es den Einkommensteuerbescheid 1980 gemäß § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) und setzte die Einkommensteuer 1980 auf 10 932 DM herab.
5. Nach erfolglos gebliebenem Einspruchsverfahren gegen die Änderungsbescheide erhoben die Kostenschuldner erneut Klage. Sie machten geltend, die vorgenommenen Änderungen seien nicht nachvollziehbar. Außerdem habe das FA zu Unrecht die Mietzahlungen an die Söhne und die Lohnzahlungen an den Ehemann nicht als Betriebsausgaben der Ehefrau anerkannt. Das FG wies die Klage als unzulässig ab.
6. Die Kostenschuldner legten mit Schriftsatz vom 13. Dezember 1986 Revision ein, die der erkennende Senat mit Beschluß vom 28. Januar 1987 IV R 1/87 als unzulässig verwarf. Außerdem erhob der Kostenschuldner mit Schriftsatz vom 5. Dezember 1986 Nichtzulassungsbeschwerde, die der Senat durch Beschluß vom 17. März 1987 IV B 36/87 gleichfalls als unzulässig verwarf.
7. In der Folge setzte die Kostenstelle beim Bundesfinanzhof (BFH) die Gerichtskosten in der Sache IV R 1/87 auf 826 DM und in der Sache IV B 36/87 auf 413 DM fest. Als Streitwert legte sie, fußend auf den Streitwertangaben des FA, dabei jeweils einen Streitwert von 42 510 DM zugrunde.
Mit ihren Erinnerungen machen die Kostenschuldner geltend, der Streitwert sei nicht zu ermitteln, weil es nur um die Korrektur eines unvollständigen Protokolls des FG gehe. Außerdem gebe es nur ein Verfahren vor dem BFH wegen Einkommensteuer 1978 bis 1983. Das Zahlenwerk des FA sei unrichtig.
Der Vertreter der Staatskasse beim BFH beantragt, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die beiden Erinnerungen werden zur gemeinsamen Entscheidung gemäß § 73 Abs. 1 FGO verbunden.
Beide Erinnerungen sind nur teilweise begründet. Der Kostenansatz in der Sache IV R 1/87 wird auf 434 DM und in der Sache IV B 36/87 auf 217 DM herabgesetzt. Der Streitwert beträgt für beide Verfahren lediglich 14 957 DM.
Im Revisionsverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelklägers (§ 14 Abs. 1 Satz 2 GKG). Das gilt auch für das Verfahren betreffend die Nichtzulassungsbeschwerde. Mit der Revisionsschrift vom 13. Dezember 1986 haben die Kostenschuldner ausdrücklich Verfahrensmängel i. S. von § 116 FGO geltend gemacht. Daß der gerügte Verfahrensmangel darin bestanden haben soll, daß das FG in den Verfahren . . . und . . . und . . . für die Gerichtsverhandlung am 23. Oktober 1986 und den Erörterungstermin am 12. November 1985 keine richtigen Protokolle erstellt haben soll, ist für die Streitwertbestimmung unerheblich. Denn mit der eingelegten Revision konnten die Kostenschuldner allenfalls erreichen, daß das FG-Urteil vom 23. Oktober 1986 aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen wird. Das war letztlich auch das Ziel der Nichtzulassungsbeschwerde vom 5. Dezember 1986.
Die beiden Rechtsmittel lassen allerdings den Streitwert nicht unmittelbar erkennen. Deshalb muß auf den in der Vorinstanz gestellten Klageantrag zurückgegriffen werden, zumal der Streitwert der Revisionsinstanz durch den Wert des Streitgegenstandes der ersten Instanz begrenzt ist (§ 14 Abs. 2 Satz 1 GKG). Die Kostenschuldner haben ihren Antrag im Klageverfahren insbesondere damit begründet, der an den Ehemann gezahlte Arbeitslohn und die Mietzahlungen an die Söhne seien abzugsfähige Betriebsausgaben der Ehefrau. Damit ist die Bedeutung der Sache i. S. von § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG wertmäßig durch das finanzielle Interesse der Kostenschuldner an einer entsprechenden Änderung der angefochtenen Steuerbescheide und Herabsetzung der Steuerschuld zu bestimmen.
Grundlage der Streitwertberechnung sind einerseits die geänderten Einkommensteuerbescheide 1978 bis 1983 vom 7. Januar 1986 und vom 17. Juli 1986 und andererseits die dagegen erneut im Klageverfahren geltend gemachten Betriebsausgaben. Entgegen der Auffassung der Kostenschuldner sind dabei für die Streitjahre 1978 und 1979 die Mietzahlungen in voller Höhe zu berücksichtigen, weil das FA sie in der Einspruchsentscheidung vom 13. März 1985 nicht als Betriebsausgaben abgezogen, sondern entgegen der Behandlung in den ursprünglichen Einkommensteuerbescheiden die Einkünfte der Ehefrau entsprechend erhöht hatte.
Danach errechnet sich der Streitwert wie folgt:
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Fundstellen
Haufe-Index 415460 |
BFH/NV 1988, 589 |