Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Ermittlung des Werts des übertragenen Unternehmens; Rentenzahlungen als Betriebsausgaben?

 

Leitsatz (NV)

Ein Verfahrensmangel ist dann i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer schlüssig Tatsachen bezeichnet, aus denen sich ergibt, daß ein Verfahrensmangel vorliegt, und darlegt, daß das angefochtene Urteil auf ihm beruhen kann (Anschluß an BFH-Beschluß vom 29. Juli 1992 I B 49/92, BFH/NV 1993, 83).

Die Rechtsfrage, ob auch sonstige, in der Bilanz oder Vermögensaufstellung nicht enthaltene Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bei der Ermittlung des Werts des übertragenen Unternehmens anzusetzen sind, bedarf keiner Klärung i.S. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Es entspricht der eindeutigen Rechtslage, daß die in der Bilanz oder Vermögensaufstellung enthaltenen Posten nicht den Unternehmenswert wiedergeben.

 

Normenkette

EStG § 16; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hatte von ihrem 1975 verstorbenen Vater vermächtnisweise dessen Unternehmen gegen die Auflage übertragen erhalten, ihrer Mutter lebenslänglich eine monatliche Rente zu zahlen und für die Annuitäten und Instandhaltungskosten des privaten Hausgrundstücks aufzukommen. Der Rentenkapitalwert betrug ... DM. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) erkannte in den geänderten Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre die Rentenzahlungen nicht als Betriebsausgaben an.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Die Rentenzahlungen könnten nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, weil mangels Abwägung von Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten keine betriebliche Veräußerungsrente gegeben sei. Eine private Versorgungsrente bzw. dauernde Last liege ebenfalls nicht vor. Der Unternehmenswert betrage weniger als die Hälfte des Rentenbarwerts. Das FA habe den Unternehmenswert mit ./. ... DM zutreffend ermittelt. Es habe den gemeinen Wert auf der Grundlage der von der Klägerin abgegebenen Vermögensaufstellung zum Zeitpunkt der Betriebsübergabe festgestellt und diesem dann den Geschäftswert des Unternehmens hinzugerechnet. Dabei sei das FA der direkten und der indirekten Methode gefolgt, welche der Bundesfinanzhofs (BFH) als brauchbare Hilfsmittel der Tatsacheninstanz bezeichnet habe. Die Auffassung der Klägerin, wonach der Geschäftswert aus dem Umsatz zu ermitteln sei, finde weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur eine Stütze.

Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin Zulassung der Revision. Sie macht geltend, das FG habe den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt, weil es den Wert des Unternehmens nicht selbst ermittelt habe. Es sei den wiederholt gestellten Anträgen, ggf. ein Sachverständigengutachten einzuholen, nicht gefolgt. Es habe auch nicht ermittelt, welcher Wert der von ihrer Mutter übernommenen Sicherung betrieblicher Schulden durch Einräumung einer Grundschuld auf dem privaten Grundstück beizumessen sei. Dadurch, daß das FG den Wert des Unternehmens nicht selbst und auch nicht durch ein Sachverständigengutachten ermittelt habe, habe es seine Amtsermittlungspflicht verkannt und verletzt. Das angefochtene Urteil beruhe auf diesem Verfahrensfehler; denn bei Erfüllung seiner Ermittlungspflicht hätte das FG unter Berücksichtigung ihres Vorbringens, daß sie mit dem Unternehmen den Kundenstamm und Rezepturen und damit erhebliche Vermögenswerte übertragen erhalten habe, und unter Berücksichtigung der von ihrer Mutter erbrachten Sicherheit einen dem Rentenbarwert nahezu entsprechenden Unternehmenswert feststellen müssen. Der Rechtsfrage, ob für das Wertverhältnis der gegenseitigen Leistungen auf seiten des das Unternehmen Übergebenden lediglich auf die in einer Vermögensaufstellung bzw. in einer Steuerbilanz angeführten Wirtschaftsgüter abzustellen sei, oder ob sich der Wert der Leistung des Unternehmensübergebers auch aus den sonstigen in der Bilanz bzw. der Vermögensaufstellung nicht ausgewiesenen Vermögensgegenständen und -werten ableite und ob auch Leistungen der Übergeberseite, die dessen privates Vermögen beträfen, mit zu berücksichtigen seien, komme grundsätzliche Bedeutung zu. Die Frage habe Bedeutung für eine Vielzahl anderer Fälle der Übertragung von Unternehmen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Schließlich weiche das FG von den Entscheidungen des BFH vom 8. Dezember 1976 I R 215/73 (BFHE 121, 402, BStBl II1977, 409) und vom 23. Juli 1971 IIIR104/70 (BFHE 103, 223, BStBl II 1972, 5) ab. Im ersten Urteil werde ausgeführt, daß ein Unternehmenserwerber grundsätzlich bereit sein werde, ein Entgelt für diejenigen Werte zu leisten, die er selbst nutzbringend verwerten könne. Im zweiten Urteil werde festgehalten, daß bei der Ermittlung des Vermögenswertes das ganze Vermögen zu erfassen sei. Im vorliegenden Fall habe das FG entgegen ihrem ausdrücklichen Sachvortrag und ihren Beweisantritten die Kundenadressen, den Kundenstamm und die Rezepturen nicht für die Unternehmensbewertung mit herangezogen und nicht berücksichtigt.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

1. Die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Der Verfahrensmangel ist dann i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer schlüssig Tatsachen bezeichnet, aus denen sich ergibt, daß ein Verfahrensmangel vorliegt, und darlegt, daß das angefochtene Urteil auf ihm beruhen kann (vgl. BFH-Beschluß vom 29. Juli 1992 I B 49/92, BFH/NV 1993, 83).

Soweit die Klägerin geltend macht, das FG habe nicht ihrem Antrag entsprechend ein Sachverständigengutachten eingeholt, fehlt es bereits an der Darlegung, daß sie die Nichterhebung dieses Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt hat oder daß ihr eine derartige Rüge nicht möglich gewesen ist (vgl. BFH-Beschluß vom 5. Juni 1991 II B 180/90, BFH/NV 1992, 397, und BFH-Urteil vom 31. Juli 1990 I R 173/83, BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66). Daß sich dem FG weitere Feststellungen zum Wert des übertragenen Vermögens auf der Grundlage von dessen Rechtsauffassung von Amts wegen hätten aufdrängen müssen, ist nicht erkennbar. Nach der Rechtsauffassung des FG spielten die Werte des Kundenstamms, der Rezepturen und der Stellung der Sicherheiten durch die Mutter der Klägerin für die Ermittlung des Werts des übertragenen Unternehmens keine Rolle.

2. Ob die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ordnungsgemäß dargelegt ist, ist zweifelhaft (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Mai 1991 V B 86/89, BFH/NV 1992, 749, und vom 27. September 1993 III B 58/93, BFH/NV 1994, 388). Dieser Zulassungsgrund (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) liegt aber jedenfalls nicht vor. Die Rechtsfrage, ob auch sonstige, in der Bilanz oder Vermögensaufstellung nicht enthaltene Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bei der Ermittlung des Werts des übertragenen Unternehmens anzusetzen sind, bedarf keiner Klärung. Es entspricht der eindeutigen Rechtslage, daß die in der Bilanz oder Vermögensaufstellung enthaltenen Posten nicht den Unternehmenswert wiedergeben. Demgemäß hat das FG auch den - nicht bilanzierten - Geschäftswert angesetzt. Ob darüber hinaus - wie von der Klägerin begehrt - der Kundenstamm und Rezepturen bei der Ermittlung des Werts des übertragenen Unternehmens zu berücksichtigen sind, hängt in erster Linie davon ab, ob es sich dabei um geschäftswertbildende Faktoren oder selbständige immaterielle Einzelwirtschaftsgüter handelt. Die außerdem aufgeworfene Rechtsfrage, ob auch Leistungen der Übergeberseite aus deren Privatvermögen zu berücksichtigen sind, ist im vorliegenden Rechtsstreit schon deshalb nicht klärungsfähig, weil die bloße dingliche Absicherung ohne persönliche Inanspruchnahme für Schulden eines Dritten diesem gegenüber keine geldwerte Leistung darstellt.

3. Die Abweichung von den zitierten Urteilen des BFH ist nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Klägerin hat nicht dargetan, welchen von den Rechtssätzen des BFH abweichenden Rechtssatz das FG aufgestellt hat (vgl. BFH-Beschluß vom 10. Mai 1991 V B 19/89, BFH/NV 1992, 748 m.w.N.). Daraus, daß das FG den Kundenstamm und die Rezepturen bei der Ermittlung des Unternehmenswerts nicht berücksichtigt hat, ergibt sich noch kein von den zitierten Rechtssätzen abweichender Rechtssatz.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 870

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