Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätzliche Bedeutung: Kindergeld

 

Leitsatz (NV)

1. Es ist geklärt, dass ein bestandskräftiger Bescheid, mit welchem die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld für das abgelaufene Kalenderjahr wegen Überschreitens des Grenzbetrages nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgelehnt hat, nicht aufgrund einer späteren Entscheidung des BVerfG aufzuheben ist, nach der im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG die Einkünfte des Kindes um die von ihm gezahlten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung zu mindern sind. Gleiches gilt für Bescheide, mit welchen die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für ein abgelaufenes Kalenderjahr rückwirkend aufgehoben hat.

2. Ob ein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt, richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3

 

Verfahrensgang

FG München (Urteil vom 16.05.2006; Aktenzeichen 12 K 186/06)

 

Tatbestand

I. Mit Bescheid vom 14. Mai 2003 hob die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) die Kindergeldfestsetzung für den Sohn des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ab Januar 2002 auf, weil der Sohn Einkünfte und Bezüge von mehr als 7 188 € im Kalenderjahr 2002 habe (§ 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Jahr 2002 geltenden Fassung --EStG--). Der Bescheid wurde nicht angefochten.

Mit Schreiben vom 22. September 2005 beantragte der Kläger erneut Kindergeld u.a. für das Jahr 2002. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02 (BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260) seien die Sozialversicherungsbeiträge von den Einkünften des Sohnes abzuziehen, so dass der Jahresgrenzbetrag im Jahr 2002 unterschritten sei. Mit Bescheid vom 10. November 2005 lehnte die Familienkasse den Antrag ab, da der Bescheid vom 14. Mai 2003 bestandskräftig sei und die Voraussetzungen für eine Änderung nicht vorlägen. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) geltend. Der Kläger wirft sinngemäß die Rechtsfrage auf, ob die bestandskräftige Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung aufgrund der Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260 aufgehoben oder geändert werden kann. Ferner erblickt der Kläger in der --angeblich-- fehlerhaften Rechtsanwendung durch das Finanzgericht (FG) einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 132 FGO).

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt. Nach dem Senatsurteil vom 28. Juni 2006 III R 13/06 (BFH/NV 2006, 2204) kann ein bestandskräftiger Bescheid, mit welchem die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld für das abgelaufene Kalenderjahr wegen Überschreitens des Grenzbetrages nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgelehnt hat, nicht aufgrund der Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260 aufgehoben oder geändert werden. Gleiches gilt für Bescheide, mit welchen die Familienkasse --wie im Streitfall-- die Kindergeldfestsetzung für ein abgelaufenes Kalenderjahr rückwirkend aufgehoben hat (Senatsurteil vom 19. Oktober 2006 III R 41/06, juris; Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2006 III B 87/06, BFH/NV 2007, 230).

Unerheblich ist, dass das Senatsurteil in BFH/NV 2006, 2204 erst nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ergangen ist. Ob ein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt, richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde (BFH-Beschluss vom 18. März 1994 III B 543/90, BFHE 173, 506, 509, BStBl II 1994, 473, 474).

2. Soweit der Kläger mit seinen Ausführungen eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG rügt, macht er keinen Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend, sondern wendet sich gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils des FG und setzt seine Rechtsauffassung an die Stelle derjenigen des FG. Das vermag die Revision jedoch nicht zu rechtfertigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1722467

BFH/NV 2007, 1115

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