Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der laufenden Schulden von Dauerschulden bei Immobilienleasing

 

Leitsatz (NV)

Ein Kredit, den ein Leasinggeber zur Refinanzierung von Immobilien-Leasinggeschäften aufnimmt, ist keine laufende Schuld (= Verbindlichkeit des laufenden Geschäftsverkehrs), wenn es dem Leasinggeber nach dem Kreditvertrag freisteht, ob er im Fall einer vorzeitigen Kündigung des Leasingvertrags den Restkredit tilgt oder die freigewordenen Kreditmittel zur Refinanzierung anderer Leasinggeschäfte verwendet.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 1

 

Gründe

Die Beschwerde war als unbegründet zurückzuweisen. Die Revision ist weder wegen Divergenz noch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

1. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) weicht nicht von der Entscheidung des beschließenden Senats vom 27. Februar 1991 I R 29/89 (BFHE 164, 89, BStBl II 1991, 529) ab. Diese Entscheidung ist zu der Frage ergangen, ob eine Darlehensschuld, die weder eine Verbindlichkeit des laufenden Geschäftsverkehrs (= laufende Schuld) noch eine Kontokorrentschuld ist und deren vereinbarte Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als ein Jahr beträgt, eine Dauerschuld i. S. des §8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes ist, wenn die tatsächliche Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt. Der Senat hat dies bejaht. Das angefochtene FG-Urteil enthält keine davon abweichenden Rechtssätze. Die tatsächlichen Laufzeiten aller vom FG zu beurteilenden Darlehensschulden betrugen mehr als ein Jahr. Für das FG stellte sich somit nicht die Frage, ob hinsichtlich der Laufzeit der Darlehen auf die vereinbarte oder auf die tatsächliche Laufzeit abzustellen ist. Soweit das FG den Inhalt der Darlehensvereinbarungen als entscheidungserheblich angesehen hat, geschah dies hinsichtlich der Frage der rechtlichen Verknüpfung der Darlehen mit bestimmten Leasinggeschäften der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), also in einem anderen Zusammenhang.

2. Das FG ist auch nicht von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. August 1993 VIII R 40/92 (BFHE 174, 174, BStBl II 1994, 664) abgewichen.

In diesem Urteil hat der BFH unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung u. a. ausgeführt: Ein Kredit habe nur dann Dauerschuldcharakter, wenn die Valuta zur Beschaffung des eigentlichen Dauerkapitals diene. Demzufolge seien vorübergehende Verbindlichkeiten, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr des Unternehmens regelmäßig eingegangen und aus den laufenden Geschäftseinnahmen abgedeckt zu werden pflegen, keine Dauerschulden, sondern laufende Schulden, die nicht dem Gewerbekapital und deren Zinsen nicht dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen seien. Zu den laufenden Schulden gehöre auch ein Kredit, den ein Unternehmer zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines bestimmten Wirtschaftsguts des Umlaufvermögens aufnehme und der aus dem bei der Veräußerung dieses Wirtschaftsguts erzielten Erlös zu tilgen sei. Denn ein solcher Kredit könne infolge seiner Objektgebundenheit nicht als Dauerkapital dienen, das der Betrieb seiner Eigenart und seiner besonderen Anlage und Gestaltung nach ständig zur Verfügung haben müsse. Eindeutig mit dem laufenden Geschäftsverkehr zusammenhängende Verbindlichkeiten seien auch nicht bereits deshalb Dauerschulden, weil ihre Laufzeit mehr als 12 Monate betrage.

Das FG ist von dieser BFH-Rechtsprechung ausgegangen und hat geprüft, ob die der Klägerin längerfristig zur Verfügung gestellten Darlehen laufende Schulden waren, weil sie mit bestimmten laufenden Geschäftsvorfällen (Immobilienfinanzierungs-Leasinggeschäften) der Klägerin zusammenhingen. Es hat einen Zusammenhang mit bestimmten Leasinggeschäften bei der Aufnahme der Darlehen zwar bejaht, eine laufende Schuld aber verneint, da mit den Kreditgebern nicht vereinbart worden war, daß die Kredite aus den Erlösen des finanzierten Geschäfts zu tilgen sind. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die die Klägerin in der Beschwerdebegründung bestätigt hat, stand es der Klägerin frei, wie sie die ihr von den Leasingnehmern bei einer vorzeitigen Kündigung des Leasingvertrags zu leistenden Zahlungen verwendete. Die Klägerin konnte die Mittel zur Tilgung des mit dem abgewickelten Leasinggeschäft zusammenhängenden Kredits, zur Tilgung einer anderen Schuld oder zur Finanzierung eines neuen Geschäfts einsetzen. Somit fehlte es an dem vertraglich begründeten und bei der Abwicklung des laufenden Geschäftsvorfalls auch tatsächlich gewahrten Zusammenhang der einzelnen Kredite mit einem bestimmten laufenden Geschäftsvorfall, der nach ständiger BFH-Rechtsprechung und auch nach dem Urteil in BFHE 174, 174, BStBl II 1994, 664 eine weitere Voraussetzung für die Annahme einer laufenden Schuld ist (s. z. B. BFH-Urteile vom 21. Februar 1991 IV R 86/89, BFHE 164, 84, BStBl II 1991, 474; vom 18. April 1991 IV R 6/90, BFHE 164, 381, BStBl II 1991, 584).

3. Die von der Klägerin als klärungsbedürftig und als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung angesehene Frage, ob auch in Fällen des Immobilien-Finanzierungsleasings die vom Leasinggeber aufgenommenen Refinanzierungskredite nur dann Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs sein können, wenn sie innerhalb von sechs Jahren getilgt werden, würde sich in dem von der Klägerin angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Die von der Klägerin aufgenommenen Refinanzierungskredite sind unabhängig von ihrer tatsächlichen Laufzeit bereits deshalb keine Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs, weil keine vertraglichen Vereinbarungen mit den Kreditgebern über den Zusammenhang des Kredits mit einzelnen konkret bestimmbaren Leasinggeschäften bestanden.

4. Von der Wiedergabe des Sachverhalts und der Anträge hat der Senat in entsprechender Anwendung des Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 26. November 1996 (BGBl I 1996, 1810, BStBl I 1996, 1522) abgesehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67236

BFH/NV 1998, 881

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