Entscheidungsstichwort (Thema)

Akteneinsicht durch Dritte

 

Leitsatz (NV)

Akteneinsicht steht nur den am Verfahren Beteiligten zu. Ob auch einem am Verfahren nicht beteiligten Dritten Akteneinsicht gewährt werden könnte, braucht nicht entschieden werden, wenn dieser Dritte seine Beiladung zum Verfahren erwirken könnte.

 

Normenkette

FGO §§ 57, 60, 78 Abs. 1 S. 1, § 155; ZPO § 299 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Beklagte, das Hauptzollamt, hat die Klägerin wegen Einfuhrabgaben und Kraftfahrzeugsteuer in Anspruch genommen. Die von der Klägerin verwendete Sattelzugmaschine wurde zollamtlich sichergestellt. Das Finanzgericht hat die von der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), die vorgetragen hat, sie sei Eigentümerin der Sattelzugmaschine, beantragte Akteneinsicht abgelehnt, weil zur Akteneinsicht nach §78 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur die am Verfahren Beteiligten berechtigt seien.

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, der in §299 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke gelte auch im Bereich der FGO; der Ausgang des Verfahrens betreffe auch sie, weil sie beim Unterliegen der Klägerin über die Verwertung der sichergestellten Zugmaschine die Steuerschulden bezahlen müsse.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Der Antragstellerin steht ein Recht auf Akteneinsicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu.§

78 Abs. 1 Satz 1 FGO gewährt das Recht auf Akteneinsicht nur den am Verfahren Beteiligten. Die Antragstellerin ist bisher nicht am Verfahren beteiligt. §57 FGO zählt die am Verfahren beteiligten abschließend auf. Danach sind nur der Kläger, der Beklagte, der Beigeladene und die Behörde, die dem Verfahren beigetreten ist, Beteiligte. Die Antragstellerin fällt unter keine dieser Gruppen.

Ob §299 Abs. 2 ZPO, nach dem dritten Personen die Einsicht der Akten gestattet werden kann, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird, gemäß §155 FGO auch für das finanzgerichtliche Verfahren gilt (s. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §78 Rz. 7; a. A. List in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., §78 FGO Rz. 3; Stöcker in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, §78 FGO Rz. 11), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Da die Antragstellerin angeblich Eigentümerin der zur Sicherung von Abgabenforderungen gegen die Klägerin sichergestellten Sattelzugmaschine ist und damit in ihren rechtlichen Interessen durch die Entscheidung in dem anhängigen Rechtsstreit über die Abgabenforderungen gegen die Klägerin berührt ist, könnte sie über §60 FGO ihre Beiladung zum Verfahren erwirken und damit auch das Recht zur Akteneinsicht nach §78 Abs. 1 Satz 1 FGO erlangen. Es besteht deshalb auch kein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin an einer Akteneinsicht außerhalb des nach diesen Vorschriften vorgegebenen Verfahrens. Ihr kann zugemutet werden, Akteneinsicht erst dann zu nehmen, wenn über ihren eventuellen Antrag auf Beiladung zum Verfahren rechtskräftig entschieden worden ist (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluß vom 28. August 1990 VIII B 24/90, BFH/NV 1991, 689).

 

Fundstellen

BFH/NV 1998, 614

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