Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung; Erkrankung eines anwaltlich vertretenen Beteiligten

 

Leitsatz (NV)

1. Die Erkrankung eines vertretenen Klägers, dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden ist, stellt nur dann einen erheblichen Grund für eine Terminsänderung dar, wenn die Notwendigkeit für die Anwesenheit des Beteiligten in dem Terminsänderungsantrag substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht wird.

2. Wird als Verlegungsgrund eine Erkrankung geltend gemacht, genügt der Hinweis auf eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die sich zur Art und Schwere der Erkrankung nicht geäußert, nicht.

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 155; ZPO §§ 227, 295

 

Verfahrensgang

FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 06.11.2007; Aktenzeichen 12 K 2217/06 B)

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegen nicht vor.

1. Lehnt das Finanzgericht (FG) den Antrag eines Beteiligten auf Aufhebung des Termins zur Durchführung der mündlichen Verhandlung ab, obwohl dieser einen erheblichen Aufhebungsgrund i.S. von § 227 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO dargelegt und ggf. auch glaubhaft gemacht hat, verletzt das FG den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes und § 96 Abs. 2 FGO. Es liegt dann ein zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO führender Verfahrensmangel vor (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Februar 2007 III B 105/06, BFH/NV 2007, 1163; vom 27. April 2007 IX B 236/06, BFH/NV 2007, 1522, und vom 26. November 2007 VIII B 121/07, BFH/NV 2008, 397). In einem derartigen Fall bedarf es nicht der Darlegung, was bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre und dass dieser Vortrag die Entscheidung des FG hätte beeinflussen können (BFH-Beschlüsse vom 3. September 2001 GrS 3/98, BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802, und in BFH/NV 2008, 397).

Ob erhebliche Gründe für eine Terminsaufhebung vorliegen, hängt von den Verhältnissen des Einzelfalls ab (BFH-Beschlüsse vom 21. Dezember 2001 IX B 75/01, BFH/NV 2002, 662, m.w.N., und vom 1. Februar 2007 III B 165/05, BFH/NV 2007, 954).

Ob im Einzelfall eine Terminsaufhebung geboten ist, muss das FG anhand der ihm bekannten Umstände beurteilen. Dazu muss es in der Lage sein, sich über das Vorliegen eines Verlegungsgrundes ein eigenes Urteil zu bilden. Die Voraussetzungen hierfür zu schaffen, ist Aufgabe desjenigen, der die Aufhebung beantragt (BFH-Beschluss vom 28. August 2002 V B 71/01, BFH/NV 2003, 178, m.w.N.); das gilt jedenfalls dann, wenn der Antrag --wie hier-- erst kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellt wird. Fehlt es daran, so darf das FG den Aufhebungsantrag regelmäßig ablehnen (BFH-Beschluss vom 16. Januar 2008 VIII B 209/06, BFH/NV 2008, 1165).

a) Der von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) mit Fax vom 5. November 2007 geltend gemachte Grund musste das FG nicht zu einer Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung veranlassen.

Die Erkrankung eines vertretenen Klägers, dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden ist, stellt nur dann einen erheblichen Grund für eine Terminsänderung dar, wenn die Notwendigkeit für die Anwesenheit des Beteiligten in dem Terminsänderungsantrag substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht wird (BFH-Beschluss vom 13. November 2007 VII B 100/07, BFH/NV 2008, 392; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 91 Rz 4), woran es im Streitfall --wie das FG zutreffend erkannt hat-- fehlte.

b) Im Übrigen genügt, wenn als Verlegungsgrund eine Erkrankung geltend gemacht wird, der Hinweis auf eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die sich zur Art und Schwere der Erkrankung nicht äußert, nicht (BFH-Beschluss vom 27. April 2005 X B 130/04, BFH/NV 2005, 1596).

2. Die Rüge, das FG habe einen Beweisantrag übergangen, gehört ebenso wie die der Verletzung der Sachaufklärungspflicht zu den verzichtbaren Verfahrensrügen (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO). Deshalb setzt nach ständiger Rechtsprechung die ordnungsgemäße Rüge der entsprechenden Verfahrensmängel auch den Vortrag voraus, dass die Verletzung der Verfahrensvorschrift in der Vorinstanz ordnungsgemäß gerügt wurde, sofern sich die Rüge nicht schon aus dem angegriffenen Urteil ergibt (BFH-Beschlüsse vom 30. Juli 2003 I B 38/03, I S 3/03, BFH/NV 2004, 60; vom 9. September 2005 I B 40/05, BFH/NV 2006, 101). Dieser Rügepflicht sind die Kläger im Streitfall nicht nachgekommen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2090127

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